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Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Titel: Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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einfach machen konnten, was sie wollten.
    Sie hatten es auf vielen Wegen versucht, aber bisher hatten sie ihr nicht direkt gedroht. Doch nach Paul Hjelms Auffassung war die Bedrohung jetzt äußerst akut, da alles andere nicht gefruchtet hatte. Alle indirekten Aktionen waren ins Leere gelaufen, jetzt waren die Attentäter gezwungen, andere Maßnahmen zu ergreifen. Auf mysteriösem Wege hatte Paul Hjelm die Erpressung vereitelt und würde bald schon im Besitz der Formel sein. Sie fragte sich, wie wohl seine Methoden aussahen. Aber dem Gedanken ging sie nicht weiter nach.
    Sie wünschte sich mehr als jeder andere eine friedvolle Welt, eine Welt, in der Macht keine Bedeutung hatte, in der Stärke nicht ausschlaggebend war. Aber sie war auch nicht naiv. Um das Böse zu besiegen, das mit großer Stärke ausgestattet war, brauchte es eine noch größere Stärke.
    Aber sie freute sich darüber, dass ihre Intuition sie bei diesem Mittelalterbankett auf dem Muiderslot nicht getäuscht hatte. Paul Hjelm war ein Polizist, dem man vertrauen konnte.
    Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und versuchte sich einzureden, dass alles ganz normal und wie immer war. Als aber eine große Gondel vom Dach in den zwölften Stock heruntergelassen wurde, besetzt mit drei Männern, die mit zwei weiteren Männern im Inneren des Gebäudes sämtliche Fenster durch schusssicheres Glas ersetzen sollten, fiel es ihr schwer, sich Normalität vorzutäuschen. Aber ihr blieben nur noch wenige Tage. All ihre Gedanken und Diskussionen der letzten Jahre, ihre politische Überzeugung und Vision von einer europäischen Gemeinschaft sollten in eine Rede Eingang finden, die nicht länger als eine halbe Stunde dauern durfte.
    Die Medien waren schon hinter ihr her. Es hatte sich herumgesprochen, dass etwas Außergewöhnliches bevorstand. Das war Laurent Gatiens genialem Talent zuzuschreiben, eine brodelnde Erwartungshaltung entstehen zu lassen. Er hatte den richtigen Leuten gegenüber Andeutungen gemacht, hatte in seinen Pressemitteilungen den richtigen Ton getroffen und ein undefiniertes Verlangen erzeugt. Er hatte die Neugierde der Journalisten kunstvoll angestachelt.
    Laurent hatte so verändert gewirkt bei ihrer morgendlichen Besprechung. Übrigens auch Amandine. Verständlicherweise waren auch die beiden von der Situation ziemlich mitgenommen. Laurent hatte sich verhalten, als hätte er eine Injektion Vitalität erhalten, wie ein zum Tode Verurteilter, der eine zweite Chance bekommt. Amandine hingegen war eher schnippisch und nicht wie sonst freundlich und zuvorkommend. Sie hatte Laurent immerzu bissige Blicke aus den Augenwinkeln zugeworfen, der sie natürlich überhaupt nicht beachtet hatte. Es gab Anzeichen dafür, dass Laurent Gatien tatsächlich nicht von der Existenz der Amandine Mercier wusste.
    Es knirschte und knackte, während die Männer den Anweisungen der Leibwächter folgend die Fenstergläser austauschten. Marianne Barrière versuchte den Einstieg in ihre Rede zu finden. Kein Redenschreiber würde auch nur in die Nähe dieser Zeilen kommen dürfen. Natürlich würde sie Laurent am Ende ihre Aufzeichnungen geben, damit er die eine oder andere rhetorische Verbesserung vornehmen konnte, aber die Rede sollte um jeden Preis aus ihrer Feder stammen. Jedes einzelne Wort.
    Wenn sie anders gestrickt gewesen wäre, hätte sie gedacht: Mit dieser Rede werde ich in ihrer Erinnerung bleiben.
    Sie aber dachte: Diese Rede wird den Ausschlag geben.
    Aber natürlich dachte sie nicht über den Unterschied nach.
    Als sie wieder vom Schreibtisch aufsah, waren alle schusssicheren Fenster eingebaut und die fünf Glasermeister spurlos verschwunden.
    Das war ein gutes Zeichen. Sie hatte alles ausgeblendet, also war sie auf dem richtigen Weg.
    Sie senkte den Kopf und nahm den zweiten Teil der Rede in Angriff.

Das Europaparlament
Amsterdam – Straßburg, 7. Juli
    Das Unternehmen New Media N. V. im Stadtteil Amsterdam Oud-Zuid hatte in großer Eile sein Büro geräumt. Arto Söderstedt nahm an, dass das nur mäßig erfolgreiche Medienunternehmen für die Vermietung ein Angebot erhalten hatte, das es einfach nicht ausschlagen konnte.
    Die Räume waren klein und eng, aber perfekt gelegen für ihren Zweck. Söderstedt und Beyer musste sich in eine Ecke quetschen, während die Techniker große Teile der Ausrüstung aus der Lauriergracht installierten. Navarros gigantischer Arbeitstisch hatte radikal verkleinert werden müssen, wie es Söderstedt nicht ganz

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