Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
»Denn es gab noch einen Punkt in den zusammengelegten Briefen, richtig? Einen Auftrag, der mit den neuen Direktiven zusammenhängt.«
»Exakt«, sagte Sifakis. »Ich glaube, das haben wir jetzt geknackt. Dort steht zum Beispiel, dass – Zitat – ›die Fotzen zwischen C08 und F14 verteilt‹ werden sollen, an anderer Stelle ...«
»Bitte, was soll verteilt werden?«, rief Corine Bouhaddi.
»Ja, es tut mir leid«, sagte Sifakis verlegen, »aber so steht es dort.«
»Sind wir jetzt beim Sexsklavenhandel gelandet?«, fragte Beyer. »Bisher befand sich doch immer ein wasserdichtes Schott zwischen den beiden Branchen. Haben wir also nun plötzlich einfach so die Grenze zwischen Bettlern und Prostituierten überschritten?«
»Worauf würde das denn hindeuten?«, fragte Hjelm.
»Auf Panik«, sagte Kowalewski. »Verzweiflung.«
»Aber weshalb? Sie expandieren doch?«
»Vorläufig können wir C08 und F14 nicht zuordnen«, sagte Sifakis. »Vielleicht handelt es sich um Bezirke? Klubs in Amsterdam? Wie das Red Red Love? Der nächste Auftrag lautet, ›unseren gelben Freunden bei der anstehenden Lieferung‹ zu helfen und ›den Kontakt zu den Jungs im Lager außerhalb von Utrecht herstellen‹.«
Plötzlich ertönte eine Stimme, die noch nicht so oft in den neuen Räumen zu hören gewesen war: »Steht da wirklich ›Jungs‹?«
Die Mitglieder der Opcop-Gruppe drehten sich um und versuchten, den Besitzer der ungewohnten Stimme zuzuordnen. Es zeigte sich, dass die Person direkt hinter Paul Hjelm auf einem Stuhl saß. Es war Kerstin Holm, die Lebensgefährtin des Chefs sowie die Chefin des lokalen Büros der Opcop-Gruppe in Stockholm. Und zufällig zu Besuch in der Stadt.
»Ja, warum?«, antwortete Sifakis.
»Jungs wie Kinder? Jungs wie Jünglinge oder eher wie Kumpel und Kollegen?«
»Intuitiv habe ich das als Jungs wie Kinder übersetzt«, erwiderte Sifakis. »Aber natürlich kann es auch anders gemeint sein. Wie ›the boys‹.«
»Danke«, sagte Kerstin Holm und verfiel wieder in Schweigen.
Sifakis wandte sich erneut zu seinem Monitor um und fuhr fort: »Es gibt also eine Art ›Lager‹, das mit ›unseren gelben Freunden‹ zu tun hat. Chinesen?«
»Das nenne ich eine echte Expansion«, sagte Kowalewski. »Eine Erweiterung der Geschäftsbereiche – die wir bisher noch nicht näher identifiziert haben – bis nach China.«
»Und im Extremfall«, fügte Jutta Beyer hinzu, »handelt es sich um eine äußerst beunruhigende Verbindung zwischen der ’Ndrangheta und den chinesischen Triaden.«
»Via eine rumänische Bettlermafia«, sagte Hjelm. »Der Sache müssen wir natürlich nachgehen. Aber es stand noch mehr auf diesen Listen, oder?«
»Ja«, antwortete Sifakis. »Felipe hat sich damit beschäftigt.«
»Das habe ich«, übernahm Navarro, »allerdings ohne besonders viel herauszubekommen. Es gibt einige Bezeichnungen, die ich nicht genau zuordnen konnte. Vlad soll sich Stand-by halten für folgende ›Projekte‹: ›Roter Faden‹, ›Plan G‹ und ›Projekt URKA‹.«
Paul Hjelm saß schweigend auf dem improvisierten Podium, und alle sahen ihn an.
Kowalewski wählte den Weg der Barmherzigkeit: »URKA ist doch diese merkwürdige Gruppierung Krimineller in Transnistrien, zwischen Moldawien und der Ukraine?«
»Genau«, bestätigte Navarro. »Eine extrem geschlossene Verbrecherorganisation, deren Mitglieder Nachfahren von deportierten Sibirern sind, die zuvor äußerst wenig Kontakt zur Außenwelt hatten.«
Als er wieder zu Hjelm sah, hatte der sich offenbar erholt und war in die Wirklichkeit zurückgekehrt.
»Es ist nicht so einfach, die verschiedenen Aufgaben zu koordinieren, weil wir uns in Amsterdam aufteilen müssen ...«
»Ich finde, der Chef sollte ein bisschen vorsichtiger sein mit dem Wörtchen ›wir‹«, schlug Corine Bouhaddi vor.
»Verzeihung«, sagte Hjelm mit neutraler Stimme. »Ich meinte natürlich ›ihr‹. Nichtsdestotrotz müssen wir diesen Spuren folgen. Im Moment sind Miriam, Laima und Donatella mit Adrian in Amsterdam. Ich erstelle einen Arbeitsplan, wenn ich mir alle Abläufe genauer angesehen habe. Bis dahin will ich, dass ihr mit dem weiterarbeitet, was wir haben.«
Er stand auf, um zu signalisieren, dass das Meeting beendet war, aber so leicht wurde es ihm nicht gemacht, denn Arto Söderstedt sagte rasch: »Im Prinzip müssten wir eine der Kameras drehen, um auf den Monitor sehen zu können.«
Hjelm seufzte und setzte sich wieder hin.
»Was meinst du
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