Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues
ktenschrank, ganz hinten in einer Schublade, auf ein Infoblatt mit dem Titel » Wie man eine A vocadobirne isst«. Der erste Satz lautete: » Sie dürfen eine A vocadobirne keinesfalls wie eine richtige Birne verzehren…«
Ich kann mich noch an die Buden an den Straßenecken erinnern, in denen man alles Mögliche reparieren lassen konnte: Puppen, Bleistifte und so weiter. Ich weiß, wie man alte Bettlaken wendet und weiter verwendet… eine schöne, irgendwie gemütliche Erinnerung. W ir haben das W eihnachtspapier jedes Jahr aufgehoben und im nächsten Jahr wieder verwendet. Nachdem meine Mutter es gebügelt hatte, war es wieder wie neu. A uch hatten wir natürlich eine Krimskrams-Schublade, in der alte Schnüre und Bänder von Geschenken und Paketen sorgfältig aufgerollt zur W iederverwendung aufgehoben wurden.
Wir wissen Dinge, die junge Leute
nicht mehr wissen
Wir Oldies haben mittlerweile die Geduld zu warten, bis ein A rtikel reduziert wird. W ir kennen auch die Supermärkte, die m ittwochs ab 17 Uhr Frischware zum halben Preis ver kaufen . W ir schrecken vor dem neuesten technischen Schnickschnack zurück und kaufen ihn deshalb auch nicht. Ich kenne Schriftsteller, die ihre Bücher immer noch von Hand schreiben – nicht selten auf den Rückseiten alter Briefumschläge. W ir Oldies schämen uns nicht, bei Lidl und A ldi einzukaufen.
Wir wissen noch, wie man aus Hühnerknochen eine würzige Brühe zubereitet– ja, wir wissen noch, wie man überhaupt kocht , was man von vielen jungen Leuten heutzutage nicht mehr behaupten kann. W ir wissen, was » Reste« sind und wie man aus den Resten von Resten köstliche Gerichte zaubert. Ich weiß, dass man samstags am besten erst nachmittags zum Markt geht, weil das Gemüse dann billiger ist, und ich glaube mich erinnern zu können, ein großes Huhn über eine ganze W oche gestreckt zu haben– erst gebraten, dann kalt als Salat, und was davon übrig blieb, habe ich zu Hackfleisch verarbeitet und daraus die köstlichste Suppe gekocht, die man sich vorstellen kann– eine Suppe, die für zwei weitere Tage reichte.
Wir Senioren wissen, dass es kein Grund ist, schreiend davonzulaufen, nur weil der Käse ein bisschen pelzig geworden ist. Den Schimmel kratzt man kurzerhand ab, und schon ist der Käse wie neu. W ir lassen uns nicht von aufgedruckten Haltbarkeitsdaten einschüchtern– für uns zählt noch die eigene Nase. W enn jüngere Leute in meinen V orratsschrank schauen, sind sie oft entsetzt, dass ich darin uralte Linsen oder pasteurisierten Joghurt aufbewahre– und noch entsetzter, wenn ich verkünde, dass sie genau das zum A bendessen serviert bekommen.
Ich hatte neulich ein Stück Schweinefleisch, das schon ein bisschen grün um die Kiemen aussah. Ich hab es gründlich unter fließendem W asser abgeschrubbt und stundenlang gekocht– und es schmeckte köstlich. Ich weiß, was Sie jetzt denken: Zu der komme ich nicht zum Essen. A ber wenn ein Laib Brot zehntausend Pfund kostet, werden Sie dankbar sein, ein Stück grünes Schweinefleisch bei mir aufgetischt zu bekommen.
Apropos sparen: Es ist mir im Laufe meines Lebens zur zweiten Natur geworden, beim V erlassen eines Raums das Licht auszuschalten, um Strom zu sparen und die Tür hinter mir zu schließen, damit die W ärme drinbleibt. Und ich habe V erstand genug, den Kessel nicht ganz vollzumachen, wenn ich mir nur eine Tasse Tee machen will.
Und was die jahreszeitlich bedingte Kleiderfrage betrifft, so weiß ich das Zwiebelprinzip zu würdigen– Lagenlook. Tatsächlich bräuchte ich nur tief genug in meinen Kommodenschubladen zu wühlen und ich würde eine schöne warme Strickjacke und eine lange wollene Unterhose zutage befördern. Da bin ich mir ganz sicher. Und ich finde es durchaus nicht entwürdigend, in Pudelmütze, Strickjacke, W ollhandschuhen und W interstiefeln in der Küche am Herd zu stehen.
Ich weiß, wie man Socken stopft. Ich weiß, was ein » Sockenei« ist. Es würde mir nicht im Traum einfallen, mir ein solches zum Frühstück zu kochen. Ich schneide die Knöpfe von alter Kleidung, die ich nicht mehr brauche, ab und hebe sie in einer Knopfschachtel auf. Ich weiß, wie man Manschetten wendet, und ich kann aus den Knöpfen eine nahrhafte Suppe kochen.
Sie verstehen schon, worauf ich hinauswill…
Schneidern
Meine Mutter hat früher Geld gespart, indem sie unsere Kleidung aus Stoffresten nähte, wenn es wieder einmal schwer war, an neue Stoffe zu kommen. Und als der New Look aufkam, hat
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