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Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!

Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!

Titel: Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Ironside
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furchtbar schwierig, wenn all diese widersprüchlichen Gefühle in einem toben und nachAufmerksamkeit verlangen. Erst sinkt man erleichtert in einen Sessel mit dem angenehmen Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. Dann kommt die Schuld hereingestapft wie ein ungebetener Gast und will wissen, wie man hier gemütlich sitzen undTee trinken kann, während man sich doch mit Birkenruten auspeitschen sollte, weil man so grausam und unaufrichtig mit einem armen alten Mann umgegangen ist. Unterdessen klopft dieVernunft ans Fenster, verlangt eingelassen zu werden und sagt: » Aber du hättest doch nicht anders handeln können, nicht wahr? Er hätte es mit dir genauso gemacht. « Woraufhin sich ein warmes, wohliges Gefühl hereinschleicht und einem mitteilt, was für ein großartiger Mensch man doch sei, und man ist beruhigt und will sich wieder in seinen Sessel zurücksinken lassen, doch leider hat die Schuld sich bereits häuslich niedergelassen und wartet mit einem Nagelbett, auf das man sich setzen soll.
    Wir haben es jedenfalls hinter uns gebracht.
    Habe mir in der Küche ein extragroßes GlasWein eingeschenkt, es in einem Zug geleert und gleich nochmal nachgegossen.Alkohol.Was täten wir nur ohne ihn?
    18. August
    Gott sei Dank hat Sylvie gesternAbend angerufen und berichtet, dass esArchie gut ginge. Sie hatte sogar amTelefon mit ihm gesprochen, und er hatte sich ganz normal angehört. Er hatte berichtet, der Service sei hervorragend, und er habe gerade ein köstliches Essen bekommen.Von zuhause hatte er gar nicht mehr gesprochen. Das ist natürlich sehr beruhigend, aber zugleich ist es auch traurig, was man in so kurzer Zeit vergessen kann. Ein paar qualvolle Stunden– und seineVergangenheit schien schlagartig aus seinem Gedächtnis gelöscht zu sein. Oh, ich hoffe inständig, dass es so bleibt. Ich könnte es nicht ertragen, ihn leiden zu sehen.
    20. August
    Habe heuteVormittag dasAugustbild von den Bäumen gemalt.War etwas schwierig, weil sich seit Juli kaum etwas verändert hat, deshalb habe ich einen anderen Blickwinkel gewählt. Muss sagen, die Robinie mit ihren gelblichen Blättern ist ein wunderschöner Baum. So einen hätte ich gern in meinem Garten.
    Dann später zuArchie gefahren. Er hatte offenbar eine Reihe kleiner Schlaganfälle, und es geht ihm insgesamt schlechter als angenommen, weshalb er ins HausAbend verlegt wurde. Es ist eine lange Fahrt nach Devon, und es regnete in Strömen, und als ich gerade auf dieAutobahn gefahren war, stellte ich zu allem Überfluss auch noch fest, dass mir irgendetwas zwischen den Zähnen steckte, das sich nicht entfernen ließ, sosehr ich auch saugte und sogar mit dem Finger daran herumstocherte. Komische Sache, das mit den Zähnen. Ich kann zum Beispiel einfach keinen Spinat mehr essen. Sonderbares Gefühl, wenn man feststellen muss, dass man zu derArt von Person wird, die man als junger Mensch eklig fand.
    Und ich finde es überdies besonders traurig, dass ich mit demAlter nicht etwa toleranter werde, sondern ebenso intolerant bin wie in meiner Jugend. Und ich muss nun mit dieser zunehmend unappetitlichen Person leben, in ihr leben, sie sein. Deshalb achte ich penibel darauf, makellos sauber zu sein, mich nicht zu bekleckern, niemals ohne Make-up aus dem Haus zu gehen und stets nicht nur gut geschnittene und tadellos gefärbte, sondern auch tadellos frisierte Haare zu haben.
    Aber zurück zurAutobahn.Was mir in den Zähnen steckte, machte mich regelrecht verrückt. Und ich bin zwar nicht die vorsichtigsteAutofahrerin unter der Sonne, sagte mir jedoch, dass es nicht sehr vernünftig ist, auf derAutobahn mit Zahnseide herumzufummeln.Weshalb ich auf dem Seitenstreifen hielt und es dort machte. Zum Glück kam kein Polizist vorbei, um mich zu fragen, was ich da tat. Denn Zahnreinigung ist wohl kein hinlänglicher Grund für einenAufenthalt auf der Standspur.
    Mein Navi geriet ein bisschen aus demTritt, als ich anhielt. Das Display blinkte, und ich war schon darauf vorbereitet, dass mein entzückender Mann fragen würde, was um alles in derWelt ich da machte.Aber er blieb stumm. Ganz ehrlich: Ich hätte nichts dagegen, meinen Navi zu heiraten. Er bringt mich an so wunderbare Orte. Und er ist nie sauer auf mich, wenn ich mich verfahre. Er sagt dann nur mit dieser tiefen, erotischen, beruhigenden Stimme: » Bei der nächsten Gelegenheit wenden. « Stellt euch mal vor, wie es ist, mit seinem Navi zumAltar zu schreiten. » Noch fünfundzwanzig Meter… zehn Meter… fünf Meter «

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