Nekropole (German Edition)
von alledem ging sie etwas an, und Hasan hatte ihn tatsächlich belogen.
Der Nubier sah schließlich ein, dass er keine Antwort bekommen würde, und wandte sich mit einem Ruck und einem Grunzen um. Die Kluft zwischen ihnen wurde breiter, und das Schlimme war, dass Andrej es nicht nur spürte, sondern es ihm im Grunde egal war. Er hatte Abu Duns Launen jetzt wahrhaftig lange genug ertragen. Es wurde Zeit, dass der nubische Barbar begriff, wer hier das Sagen hatte.
Die Vehemenz, mit der er diesen Gedanken dachte, erschreckte ihn beinahe noch mehr.
»Ich wüsste zu gern, was in dieser Stadt vorgeht«, murmelte Abu Dun, zweifellos aus keinem anderen Grund, als das unangenehme Schweigen zu brechen. »Etwas stimmt hier nicht.«
»Vielleicht haben sie von der Ankunft eines berühmten Kriegers aus dem Morgenland gehört und sich in ihren Häusern verkrochen, bis er wieder weg ist.« Corleanis kam zurück und bewies mit seinen Worten, dass er nicht nur über ein ausgezeichnetes Gehör verfügte, sondern auch ein bemerkenswertes Maß an Mut. Oder Dummheit.
Abu Dun überraschte Andrej jedoch, indem er lediglich mit einem Heben der Augenbraue auf diese spöttischen Worte reagierte und ganz sachlich fragte: »Wo sind all die Leute hin, und was ist dort los? Ein Volksfest?«
Corleanis ignorierte den ersten Teil seiner Frage und folgte Abu Duns ausgestreckter eiserner Hand mit seinem Blick. In nordwestlicher Richtung glühte der Abendhimmel blassrot im Widerschein zahlreicher Feuer, und nun, einmal darauf aufmerksam geworden, meinte Andrej auch, ein fernes, aber seltsam machtvolles Geräusch zu hören, ein Laut wie ferne Meeresbrandung oder das Raunen einer traurigen Menschenmenge.
»Ein Volksfest?« Corleanis zog eine schwer zu deutende Grimasse. »So würde ich es eher nicht nennen.«
»Sondern?«, fragte Andrej.
»Das Konklave«, antwortete der fette Schmuggler. »Es tritt in zwei Tagen zusammen, um den neuen Papst zu wählen. Die Menschen strömen aus der ganzen Welt hierher, um dabei zu sein.« Er maß den nubischen Riesen mit einem langen verächtlichen Blick, als wäre er sich der Gefahr, in die er sich damit brachte, nicht bewusst. »Aber das spielt keine Rolle. Jedenfalls nicht für euch. Kommt.«
Abu Dun brummte unzufrieden, aber er folgte Corleanis immerhin. Schon nach wenigen Schritten wurde der abschüssige Boden zu einer Treppe mit flachen, langen Stufen, die sie ein gesamtes Stockwerk tiefer und in einen quadratischen Innenhof von beeindruckenden Abmessungen führte. Corleanis war nur wenige Schritte vor ihm, aber er hätte ihn trotzdem wohl verloren, wäre er nicht plötzlich stehengeblieben und hätte eine Tür geöffnet. Vor dem blassroten Licht dahinter zeichnete sich seine Gestalt als schwarzer Schattenriss ab. Andrej roch brennende Holzkohle und heißes Metall. Er war nicht überrascht, als er etwas betrat, das er als Schmiede bezeichnet hätte, wäre es nur ein wenig größer gewesen. Es war alles vorhanden: eine Esse, Amboss und Ölbad und eine große Zahl von Werkzeugen, deren Sinn sich ihm nicht immer erschloss. Doch diese Schmiede schien für Zwerge gemacht zu sein, bis hin zu den Werkzeugen, die so filigran waren, dass er sie höchstens mit spitzen Fingern und Abu Dun sie vermutlich gar nicht benutzen konnte.
»Wartet hier«, sagte Corleanis. »Ich bin gleich zurück. Und fasst nichts an.«
»Und wir reden auch mit niemandem«, fügte Abu Dun hinzu, was auch kaum möglich gewesen wäre, war außer dem Schmuggler und ihnen doch auch niemand hier. Für sehr viele hätte der kleine Raum auch kaum Platz geboten; selbst nachdem Corleanis ohne ein weiteres Wort durch eine andere Tür gegangen war, fühlte sich Andrej hier drinnen beengt. Der Raum war so niedrig, dass Abu Dun nur gebückt stehen konnte und trotzdem mit dem Turban gegen die rußige Decke stieß. Esse, Amboss und ein mit Werkzeug und allerlei sonderbaren Gerätschaften übersäter Tisch nahmen einen Großteil des vorhandenen Platzes ein.
Klappernd fiel die Tür hinter Corleanis zu. Abu Dun sah ihm zwar noch einen Moment übellaunig nach, schürzte aber dann nur abfällig die Lippen und begann in dem kleinen Raum auf und ab zu gehen, um sich aufmerksam umzusehen. Als er die Hand nach einem der winzigen Werkzeuge ausstrecken wollte, sagte Andrej rasch: »Fass bitte nichts an.«
»Habt Ihr Angst, dass Euer Mohr etwas kaputtmachen könnte, Effendi?«, fragte Abu Dun.
»Ja«, antwortete Andrej wahrheitsgemäß.
Abu Dun machte ein
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