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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Verletzung nicht zum Arzt geht, sondern wartet, bis ihm der Arm langsam abfault. Baron Firie bat mich, ihm bei der Überwindung dieses … Handicaps behilflich zu sein, und ich bin sicher, es hätte funktioniert.«
    »Hätte?«, fragte Abu Dun alarmiert.
    »Er hatte weniger Glück als du«, sagte Cosimo. »Seine Wunde ist nie ganz verheilt, und er starb, noch ehe ich ihm dieses wunderbare Geschenk machen konnte. Ich hoffe doch, dass du es nicht so weit kommen lässt.«
    Er schloss eine letzte Schnalle, ließ sich neben Abu Dun in die Hocke sinken und musterte das Durcheinander aus Kettengliedern unterschiedlicher Stärke und Ösen verschiedener Durchmesser, das von Abu Duns Schulter über den gesamten Arm herabhing. Schließlich griff er nach einer der dünneren Ketten, hakte sie in die Unterarm-Manschette ein und löste sie mit einem entschiedenen Kopfschütteln dann wieder.
    »Nur damit ich das richtig verstehe«, sagte Abu Dun. »Du hast das noch nie ausprobiert … was immer es auch sein mag.«
    »Alles ist irgendwann einmal zum ersten Mal gemacht worden«, antwortete Cosimo leichthin. »Deswegen ist es doch nicht immer gleich falsch gewesen, oder … wohin kommt jetzt dieses Teil … und wozu war es noch einmal gut?«
    Hatte ihm nie jemand gesagt, dass es Scherze gab, die ganz übel enden konnten?
    »Ihr seid heute angekommen?«, plapperte Cosimo fröhlich weiter. Seine Finger bewegten sich so schnell und geschickt, dass Andrej ihnen kaum zu folgen vermochte. »Dann habt ihr gehört, was am Tiber passiert ist?«
    »Der Überfall?«
    »Von einem Überfall weiß ich nichts.« Cosimo schüttelte heftig den Kopf. »Das Feuer.«
    »Was für ein Feuer?« Andrej versuchte, Corleanis’ Blick einzufangen, doch der Schmuggler starrte angestrengt an ihm vorbei.
    »Es heißt, ein Schiff hätte Feuer gefangen, und der Brand hätte so rasch um sich gegriffen, dass ein halber Straßenzug in Schutt und Asche lag, bevor sie das Feuer löschen konnten, und noch ein halbes Dutzend weiterer Boote dazu. Hätte der Wind nicht gut gestanden, dann wäre vielleicht die halbe Stadt abgebrannt. Gott meint es in letzter Zeit wirklich nicht gut mit uns … so, das sollte funktionieren.«
    Abu Dun kniff das linke Auge zu. »Sollte?«
    »Müsste«, verbesserte sich Cosimo. »Wird.«
    »Aha«, sagte Abu Dun. »Und was
tut
es?«
    Statt zu antworten, ging Cosimo wieder zu seiner Kiste und begann darin zu kramen. Corleanis warf einen sehnsüchtigen Blick zum Ausgang, blieb aber, wo er war, als Andrej ihm einen warnenden Blick zuwarf. Über das
Feuer
würden sie noch reden: Denn was Corleanis da auf seine blumenreiche Art angedeutet hatte, war ja wohl, dass er die
Pestmond
abgefackelt hatte.
    Cosimo trug ein in teure Seide eingeschlagenes Tuch zum Tisch, legte es behutsam ab und begann es mit spitzen Fingern und schon fast zeremoniell anmutenden Bewegungen auszuwickeln. Darunter kam eine eiserne Hand zum Vorschein, die der ähnelte, die Kasim angefertigt hatte, nur dass sie tatsächlich
fünf
Finger hatte und nicht vier.
    Cosimo hob die eiserne Hand mit einer Vorsicht auf, als wäre sie aus feinstem chinesischem Porzellan. Seine Augen leuchteten vor Stolz. »Das ist es.«
    »Aha«, sagte Abu Dun. »Was?«
    »Deine neue Hand. Mit fünf Fingern.«
    »Ich finde, sie sieht aus wie die gebrauchte Hand eines Pechvogels«, sagte Abu Dun, wovon sich Cosimo aber nicht im Geringsten beeindrucken ließ. Er ließ sich neben Abu Duns Stuhl auf ein Knie herab und bedeutete ihm mit Blicken, den Arm auszustrecken.
    Abu Dun gehorchte, und Cosimo schob den eisernen Handschuh behutsam auf seinen Armstumpf. Trotzdem zuckten Abu Duns Mundwinkel vor Schmerz, und auf seiner Stirn stand Schweiß.
    »Der Schaft ist etwas zu lang«, sagte Cosimo, während er mit mehr Kraft versuchte, die Prothese weiter auf Abu Duns Armstumpf zu schieben. »Der bedauernswerte Baron hat ein Stück Arm mehr verloren als du. Ich werde den Schaft kürzen müssen.« Abu Dun ächzte, und Cosimo fügte hinzu: »Obwohl es einfacher wäre und schneller ginge, ein Stück von deinem Arm abzuschneiden … also, nicht besonders viel. Eine halbe Handspanne, allerhöchstens.«
    Abu Dun starrte ihn an.
    »Ein Scherz«, sagte Cosimo nervös.
    »Ach so«, sagte Abu Dun mit versteinerter Miene. »Lustig.«
    »Probier sie aus.«
    Zögernd hob Abu Dun den anderen Arm, um die Finger der künstlichen Hand zu schließen, doch Cosimo gebot ihm rasch mit der Hand Einhalt und griff nach einer der Kettenösen, um

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