Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
sie an der Eisenhand anzuhaken. »Jetzt spann die Muskeln an, als würdest du eine Faust ballen.«
    Abu Dun sah ihn zwar an, als zweifele er ernstlich an seinem Verstand, gehorchte dann aber.
    Nichts geschah.
    Cosimo machte ein betroffenes Gesicht und hakte die Kette an einer anderen Stelle ein. »Jetzt versuch es noch einmal.«
    Abu Dun spannte die Muskeln an. Ein leises Quietschen erklang, und die Finger seiner künstlichen Hand begannen sich zur Faust zu schließen, wenn auch ruckelnd und auch nicht alle. Abu Dun riss ungläubig die Augen auf.
    »Natürlich muss alles noch gründlich geölt und eingestellt werden«, sagte Cosimo stolz, »und du wirst gewiss noch eine Menge Übung nötig haben, aber irgendwann wirst du sie so perfekt bewegen können, dass du den Unterschied zu deiner alten Hand aus Fleisch und Blut kaum noch bemerkst. Wer weiß, vielleicht gefällt sie dir am Ende sogar noch besser als deine alte Hand. Don Corleanis hat mir erzählt, dass du eine Wand damit eingeschlagen hast? Das hättest du mit deiner richtigen Hand nicht gekonnt.«
    »Doch«, sagte Abu Dun. »Hätte ich.«
    Cosimo bedachte ihn mit einem erstaunten Blick, dann hakte er weitere Ösen und Ketten ein. »Jetzt spann den Oberarm an.«
    Abu Dun gehorchte auch jetzt, und die Hand begann sich quietschend zu drehen.
    »Jetzt die Schultermuskeln.«
    Und so ging es weiter. Sicher eine halbe Stunde, wenn nicht mehr, stellte Cosimo Schnallen ein, befestigte Ketten und löste sie wieder und ließ Abu Dun Muskeln anspannen, von denen Andrej bisher noch gar nicht gewusst hatte, dass es sie gab. Tatsächlich vermochte die künstliche Hand dieselben Bewegungen auszuführen wie eine aus Fleisch und Blut, wenn auch nur langsam und unter erbärmlicher Geräuschentwicklung – aber sie konnte es.
    »Das ist … wirklich beeindruckend«, gestand Abu Dun widerwillig. Er spannte den Unterarm, und die Hand (die ein Stück zu weit von seinem Arm ragte) schloss sich quietschend zur Faust. »Wüsste ich nicht, dass es so etwas nicht gibt, dann würde ich sagen, das ist Zauberei.«
    »Den anderen Muskel«, sagte Cosimo. »Mit einem Ruck. Dann springt die Faust wieder auf. Und was die Zauberei angeht, mein großer abergläubischer Freund: Wenn die Technik und Wissenschaft nur weit genug fortschreitet, dann wird es zwangsläufig irgendwann so weit sein, dass es keinen Unterschied mehr macht.«
    »Ein interessanter Gedanke«, sagte Andrej. »Auch wenn ich ihn in einer Stadt wie dieser vielleicht nicht laut äußern würde.«
    Abu Dun tat, was Cosimo ihm gesagt hatte, und die Hand öffnete sich quietschend und widerstrebend. Ungefähr zur Hälfte, dann war ein Scharren zu hören und ein Laut, als würde etwas zerbrechen.
    »Wie gesagt«, sagte Cosimo, »ich muss alles überholen und anpassen, aber in ein paar Tagen habe ich das erledigt, und du wirst bestimmt zufrieden sein. Ich habe nur zufriedene Kunden.«
    »Fast«, verbesserte ihn Abu Dun.
    Cosimo wollte antworten, doch Don Corleanis kam ihm zuvor, indem er rasch um den Tisch herumtrat und mit dem Daumen auf eine bestimmte Stelle auf dem eisernen Handteller drückte. Die Finger sprangen mit einem hellen Klicken auseinander, sodass die Hand nun wie eine auf dem Rücken liegende Spinne wirkte.
    »So müsste es gehen«, sagte er.
    Cosimo machte ein beleidigtes Gesicht, und Abu Dun machte »Hm« und spannte den Unterarm an, woraufhin aus der Spinne eine Bärenfalle wurde, die mit einem Krachen um Corleanis’ Hand zusammenschlug. Corleanis begann laut zu kreischen.
    »Der andere Muskel!«, sagte Cosimo erschrocken. »Spann ihn an! Mit aller Kraft!« Gleichzeitig versuchte er, die eisernen Finger auseinanderzubiegen, erreichte damit aber nur, dass Corleanis’ Geheul noch schriller wurde.
    »Ich versuche es ja!«, beteuerte Abu Dun, und Andrej sah auch tatsächlich, dass er die Unterarmmuskeln anspannte. Sein zermalmender Griff lockerte sich jedoch nicht.
    »Abu Dun!«, sagte Andrej scharf.
    »Ich versuche es ja!«, beteuerte Abu Dun, drückte für einen Moment sogar noch fester zu, dann klickte es, und die Eisenhand sprang auf und gab Corleanis’ Finger frei, die jetzt nicht mehr alle im richtigen Winkel zueinander standen.
    »Dein Kunstwerk«, sagte Abu Dun. »Etwas stimmt damit nicht.«
    Andrej sah es jetzt auch.
    Was nicht hieß, dass er es auch glaubte.
    »Ich … weiß«, sagte Cosimo nervös. Er sah noch einmal ängstlich in Corleanis’ Gesicht und drehte sich dann ganz zu Andrej um. »Ich brauche ein

Weitere Kostenlose Bücher