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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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trug außer einer Shorts, einer Perlenkette um den Hals und einem Joint in der rechten Hand. Er wirkte verschlafen und kratzte sich mit der freien Hand am Bauch. Als er uns sah, blieb er schlagartig stehen.
    Rokko grinste ihn an wie ein Hai einen Schwimmer.
    »Dann musst du Anja sein.«
    Ich schnupperte.
    »Ich rieche was …«
    Rokko schüttelte den Kopf.
    »Du musst dich irren. Niemand wär so blöd, vor Polizisten Drogen zu konsumieren.«
    »Stimmt. Das wäre ja so, als würde man mit einem geklauten Fahrzeug in eine Verkehrskontrolle fahren.«
    »Oder schlimmer.«
    Ich nickte und sah Momos Kollegen an.
    »Wir waren mitten im Gespräch. Vielleicht könnten Sie uns noch zehn Minuten alleine lassen?«
    Er lächelte verkrampft und ging rückwärts aus dem Raum. Der Rückweg ging wesentlich flotter. Ich wandte mich wieder Momo zu.
    »Was können Sie uns über den Abend sagen, an dem Tracy ausgerastet sein soll?«
    Momo zog eine neue Flunsch. Ich hielt mich bereit, um sie aufzufangen, falls das Gewicht ihrer Lippen sie vornüberkippen ließ.
    »Was heißt denn ›sein soll‹?«, nölte sie. »Wer behauptet denn so was? Die war doch völlig durchgeknallt. Hundert Pro ist die da ausgerastet.«
    Ich sah sie überrascht an.
    »Sie waren dabei?«
    »Brauch ich doch nicht. Ich kenn die doch, die hat sich doch immer aufgeregt, die hat den Job nicht kapiert.«
    »Was nicht kapiert?«
    »Na, wie’s funktioniert. Vielleicht wollen ein paar von den Typen am Anfang nur ’ne Begleitung, aber wenn du nett bist und gut aussiehst, denken die doch alle an das eine. Plötzlich wird aus dem Gentleman ein Mann mit’m Ständer, und du bist die Schlampe, die es für Geld tut. Wer das nicht kapiert, kapiert’s nie.«
    »Mann«, sagte Rokko.
    Sie sah ihn an.
    »Aufwachen, Chef, noch nie was von Gleichberechtigunggehört? Wenn ich ein Mann wäre, und Frauen würden mich fürs Ficken bezahlen, wär ich doch Ihr Vorbild.«
    Rokko runzelte die Stirn und lehnte sich zu mir rüber.
    »Wir nehmen sie mit aufs Revier«, flüsterte er hübsch laut. »Nach ein paar Tagen in der Zelle verpfeift sie ihren Dealer bestimmt.«
    Zwischen Momos Augen erschien eine Falte.
    »Ich hab Ihnen doch alles gesagt.«
    »Aber nichts, was uns hilft«, erinnerte ich sie.
    Sie leckte sich zweimal über die Lippen.
    »Ich weiß noch was anderes.«
    »Darauf wette ich«, murmelte Rokko.
    Momo funkelte ihn wütend an.
    »Einer meiner Stammkunden ist Politiker. Der ist in der CDU, verheiratet, hat Kinder.«
    Irgendwo in der Wohnung wurde eine Klospülung betätigt.
    »Und?«, fragte ich.
    »Vielleicht war das Koks ja für ihn? Wäre das was für Sie?« Escort-Service als Drogenkurier. Ich nahm mir vor, den Kollegen bei der Kripo Köln anzurufen. Währenddessen legte Momo unser Schweigen als Interesse aus und nickte eifrig.
    »Damit können Sie was anfangen, oder?«
    »Ein Tag in der Stadt, schon Drogenring mit Prominenten gesprengt«, murmelte Rokko.
    »Uns interessiert nur Tracy«, sagte ich.
    Beide sahen mich enttäuscht an. Währenddessen ging die Klospülung zum zweiten Mal.
    »Sie sagten eben, sie sei durchgeknallt. Wieso?«
    Momo sah mich trotzig an.
    »Wieso?«, äffte sie mich nach. »Vielleicht, weil ich sie eines Tages im Schrank gefunden habe?«
    »Im Schrank.«
    »Jaaa«, sagte sie, als hätte sie Angst, wir würden ihr das nichtglauben. »Ich komm nach Hause, denk, keiner da, dann hör ich diese Geräusche. Ich dachte, es wäre vielleicht ’ne Taube, die fliegen hier manchmal rein, aber, na ja, jedenfalls hörte ich dieses seltsame Geräusch, es kam aus dem Schrank. Als ich den Schrank öffne, liegt sie da drin. Sie hat mich bloß so angeschaut, also bin ich weg.«
    »Sie hat nichts gesagt?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sag ich doch, durchgeknallt. Ich meine, hallooo, ich komm nach Hause, und meine Mitwohntusse liegt im Schrank und chillt, ein ganz normaler Feierabend.«
    Sie rollte die Augen. Ich atmete durch.
    »Was passierte dann?«
    »Na, nichts.« Sie deutete auf ihre linke Brust. »Ich hatte ein Date, also bin ich los, und als ich sie am nächsten Tag wieder sah, war sie wie immer.«
    »Und was hat Tracy zu der Sache gesagt?«
    »Hab sie nicht gefragt.«
    Ich starrte sie an.
    »Sie finden Ihre Mitbewohnerin im Schrank und wollen nicht wissen, was mit ihr los ist?«
    Momo schmollte wieder.
    »Bin ich Psychiater? Was glauben Sie, wie viele von diesen Tussen ich schon gesehen habe? Die wollen schnelles Geld verdienen, aber sich dabei bloß nicht die

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