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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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Sein Atem dagegen stank nach Rattenburger, aber ich drückte ihn an mich. Wie immer schien er Bescheid zu wissen. Er blieb stehen und ließ mich an sein warmes Fell. Ein kleiner Halt in einer merkwürdigen Welt. Fünfunddreißig Kilo Freund. Zweifelsfrei. Immer.
    »Ist was ganz Besonderes mit uns beiden. Wenn die anderen das wüssten, ich kann dir sagen …«
    Er sah etwas im Gebüsch. Sein Kopf zuckte herum, und sein Blick fixierte einen Punkt, den ich nicht sehen konnte. Schon war ich vergessen. Von einer Ratte ausgestochen. So war das manchmal mit der Liebe.
    Ich öffnete die Arme und hoffte, dass es bei ihm nicht neun Jahre dauern würde. Er sauste in die Büsche. Ich ging zur Villa. Überall grüßten mich Kids. Der verlorene Sohn kehrte heim. Mor saß im Garten unter der Buche und raspelte Mohrrüben. Als sie mich ansah, wurde ihr Blick besorgt.
    »Geht’s dir gut, Schatz?«
    »Kann man denn heutzutage niemandem mehr sagen, dass man ihn liebt, ohne gleich Probleme zu haben?« Ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange und schaute mich um. »Wo ist Nele?«
    Und da hörte ich ihre Stimme. Sie drang aus dem Wohnzimmerfenster, und sie schrie jemanden an! Ich starrte Mor mit offenem Mund an. Sie lächelte.
    »Alles in Ordnung.«
    Ich lief los, sprang an der Mauer hoch, hielt mich am Fensterrahmen fest, warf einen Blick ins Wohnzimmer und sah … Nele und Anita. Die beiden trugen nichts außer einer Plastiktüte auf dem Kopf, blaue Müllsacke und Slips. Nele hielt eine Teleskopstange mit einer Farbrolle in der Hand und schimpfte mit Anita, die lachend an der Wand lehnte. Zwischen ihnen lag ein umgekippter Eimer, aus dem Farbe auf den Teppich gelaufen war.
    »Baumarktpornos«, sagte ich. »’ne echte Marktlücke.«
    Als sie sich umdrehten, sah ich, dass beide von oben bis unten weiß gesprenkelt waren.
    »Es gibt da so Löcher in den Wänden, man nennt sie Türen«, scherzte Anita.
    Nele strahlte mich an.
    »Hey, Hübscher. Machst du mit?«
    Als ich ihr Lächeln sah, fiel die Anspannung von mir ab wie ein nasser Sack. Ihre Augen funkelten, und ich war bereit zu glauben, dass ich mir den Tag bisher nur eingebildet hatte. Eine Welle der Zuversicht überrollte mich. Egal, was passierte, ich würde mein Leben mit ihr verbringen. Mein ganzes Leben. Vielleicht jeden Tag.
    Ich zog mich am Fensterbrett hoch, kletterte in den Raum und umarmte Nele. Dann umarmte ich Anita. Anschließend hatte ich genug Farbe an mir, um eine Wand allein durch Anlehnen zu streichen. Ich wurde auf Besichtigungstour geschleppt. Die Küchenwände strahlten weiß. Sie hatten das Linoleum entfernt, und darunter waren alte Dielen zum Vorschein gekommen, die natürlich noch bearbeitet werden mussten. Sagenhaft, was ein frischer Anstrich und ein Holzboden bewirkten. Hätten die Fensterscheiben nicht in allen Graffitifarben geglänzt, wäre es wie bei Schöner Wohnen mit schönen Frauen gewesen. Mit schönen, gut gelaunten Frauen. Sie alberten herum und schnitten mir einen Müllsack zurecht. Ich hätte schwören können, ich war der Einzige, der sich Gedanken machte.
    Ich stieg gerade aus meiner Hose, als mein Handy klingelte. Auf dem Display blinkte eine Nummer ohne Foto. Vielleicht gingen Rokko die Bilder aus.
    »Ja?«
    »Paul, wie geht’s?« Nissens Stimme drang gut gelaunt aus dem Hörer. »Ich dachte, ich rufe dich sofort an. Die Laborergebnisse sind da.«
    »Das ging aber schnell.«
    »Hab ein bisschen Druck gemacht, ich dachte, es würde dich interessieren, dass deine Zukünftige immer noch kerngesund ist.«
    Erleichterung durchlief mich.
    »Wirklich?«
    »Man könnte neidisch werden. Wenn du mir eure Faxnummer gibst, faxe ich euch die Ergebnisse rüber.«
    Ich warf einen Blick zu Nele rüber und senkte die Stimme. »Ich wollte eh gleich eine Runde laufen. Ich könnte auf dem Weg vorbeischauen.«
    »Gut«, sagte er. »Ich mix dir schon mal eine Limonade. Ich hab schon gemerkt, dass du nicht mehr ohne auskommst.« Er lachte. »Also, bis gleich.«
    Ich packte das Handy weg und erklärte den beiden, dass ich kurz wegmüsste, steckte circa ein Dutzend Drückebergersprüche ein, rief meinen Hund und machte mich auf.

    November lag vor der Veranda im Gras und kaute auf etwas herum, das Nissen ihm zugeworfen hatte. Vielleicht Teile eines alten Patienten. Wir saßen mit einem Glas Zitronensaft auf der Veranda. Als wir das Wetter ausdiskutiert hatten, hielt Nissen eine kurze Abhandlung über Neles perfektes Blutbild, dann hob er die Augenbrauen.
    »Also,

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