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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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fluchte. Dazu gab es keinen Grund, denn vor ihm lagen die meisten Münzen. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war er beim Pokern allen überlegen. Ein Polizist, der einen Psychopathen nicht mal erkennen würde, wenn der ihm die Beine mit einer Axt rasierte, las uns am Pokertisch wie offene Bücher und zockte uns gnadenlos ab. Es gab schon Überlegungen, ihn in richtige Pokerrunden einzuspannen und damit unser aller Rente aufzubessern.
    Ich zog den Pott mit beiden Händen an mich, als plötzlich eine Frau leidenschaftlich stöhnte. Jeder am Tisch erstarrte. Die Frau stöhnte wieder. Wir sahen uns an. Karl-Heinz legte seinen Kopf schief und öffnete den Mund, um besser hören zu hören. Die Frau stöhnte wieder. Und hatte einen Orgasmus. Ich bemerkte, dass mein Handydisplay aufleuchtete.
    Ich sah Rokko an.
    »Lass, verflucht noch mal, die Finger von meinen Klingeltönen!«
    Rokko brach zusammen. Er schmiss sich fast vom Stuhl. Alle anderen am Tisch stöhnten genervt. Letzte Woche hatte er einen Furz auf mein Handy geladen, war aufs Klo gegangen und hatte mich angerufen.
    Die Frau kam noch mal. Ich schnappte mir das Handy.
    »Hansen.«
    »Paul«, flüsterte Mor, »es ist jemand im Haus.«
    »Wie meinst du das, jemand im Haus?«
    »Hier schleicht jemand rum.«
    Meine Körpertemperatur sank schlagartig ab.
    »Schließ dich im Bad ein. Bin gleich da.« Ich ließ das Handy sinken und sah in die Runde. »Es ist jemand in unserem Haus.«
    Der Tisch erstarrte.
    »Verfluchte Scheiße …«, flüsterte Schröder.
    »Die Bande«, sagte Karl-Heinz.

    Von der Fahrt merkte ich nichts. Endlich machte Rokkos Fahrstil mal Sinn. Als er den Motor ausmachte und mit Restschub auf den Hof rollte, war der Hof leer. Wir waren die Ersten. Ich sprang aus dem Wagen und lief aufs Haus zu. In Küche und Wohnzimmer brannte Licht, der Fernseher flimmerte, sonst war alles dunkel. Von November war weit und breit nichts zu sehen. Ich griff nach der Türklinke. Rokko riss mich an der Schulter zurück.
    »Warte!«, fauchte er leise.
    Er glitt neben die Tür und lauschte. Seine Dienstwaffe schimmerte in seiner Hand.
    »Wieso bist du bewaffnet?«, flüsterte ich.
    »Allzeit bereit. Los, rein.«
    Er entsicherte die Waffe. Die Bilder alter Tatorte schossen mir durch den Kopf. Mein Herz klopfte bis zum Hals.
    »Lenk sie ab«, flüsterte er glücklich. »Los geht’s! Jetzt!«
    Ich atmete durch und öffnete die Tür. Ich spazierte in die Küche, als sei es das Normalste der Welt. Hinter mir glitt Rokko geduckt herein und suchte den Raum mit der Waffe ab. Nichts. Das Wohnzimmer war ebenso leer. Die kleine Tischleuchte brannte. Der Fernseher lief ohne Ton. Wir schlichen zu Mors Schlafzimmer und wiederholten dort unser Entree. Nichts. Rokko warf mir einen Blick zu: Wo? Ich spreizte die Hände und schaute mich um. Mors Krücken standen an die Wand gelehnt, direkt neben der Badezimmertür. Ich trat einen Schritt vor und lauschte. Nichts. Ich schaute Rokko an. Er nickte und hielt die Waffe im Anschlag. Ich atmete durch und drückte die Türklinke runter. Die Tür schwang auf. Das Badezimmer war dunkel. Mor saß im Bademantel auf der Toilettenschüssel. Neben ihr lag November. Er sprang auf und begrüßte mich mit Schwanzwedeln, doch Mor machte das Handzeichen, er fiel neben ihrem Fuß zu Boden und blieb regungslos liegen. Ich sank auf die Knie und umarmte sie.
    »Was ist los?«, flüsterte ich.
    »Oben ist jemand«, flüsterte sie.
    »Sicher?«
    Sie nickte an meiner Wange.
    »Ich war mit November draußen, und als ich zurückkam, hörte ich Schritte. Hast du die Neue getroffen?«
    Die Frage ließ mich fast kichern. Mein Nacken schmerzte vor Anspannung. Rokko hatte die Waffe auf die Tür gerichtet und sicherte den Weg ins Wohnzimmer.
    »Lass uns hochgehen und ihnen in den Arsch treten, bevor sie abhauen«, flüsterte Rokko.
    »Wir sollten auf Verstärkung warten«, flüsterte ich.
    »Die Wichser sind in deinem Haus!«, fauchte er.
    »Wir haben keine Chance, über die Treppe unbemerkt da hochzukommen. Falls überhaupt noch jemand da ist.«
    »Ach, scheiße«, flüsterte Rokko, blieb aber stehen.
    Draußen kamen mehrere Fahrzeuge auf den Hof geschossen. Wagen kamen schlitternd zum Stillstand. Mehrere Wagen. Türen klappten auf und zu, entschlossene Schritte liefen aufs Haus zu, Stimmen riefen Kommandos. Wer auch immer oben im ersten Stock sein mochte, der wusste jetzt, dass er in der Klemme saß, und würde vielleicht etwas Blödes machen. Ich stand auf.
    »Warte

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