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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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bestimmt gut vor Gericht.«
    Ein wildes Licht loderte in seinen Augen.
    »Dieses Arschloch kriegt drei Jahre und davon zwei auf Bewährung. Er ist schneller wieder aus dem Knast als Bettermann aus der Reha.«
    »Wenn du so weitermachst, kommt er noch schneller raus, und du gehst dafür mit rein.«
    Ich deutete zur Straße hoch, wo ein Ü-Wagen des regionalen Fernsehsenders auftauchte. Die mussten Polizeifunk gehört haben. Die Türen des Ü-Wagens öffneten sich, und eine attraktive Moderatorin platzte heraus, dicht gefolgt von einem Kamerateam. Gleich dahinter kam der Streifenwagen der Malik-Brüder angeschlittert. Ich legte meine Hand auf Rokkos Schulter.
    »Komm schon, wir haben die Schweine.«
    Rokko senkte den Blick und sah Lude an.
    »Davon werden die Bettermanns nicht wieder gesund.«
    »Davon auch nicht.«
    Schröder stellte sich zwischen uns und das Kamerateam und warf Rokko nervöse Blicke zu.
    »Komm schon, Rokko, echt …«
    Rokko starrte Lude an.
    »Diese Arschlöcher kommen immer zu leicht davon …«
    »Anita ist schwanger.«
    Er brauchte einen Moment, bevor er seinen Kopf hob und zu mir hochsah.
    »Was?«
    »Du wirst Vater, du Depp.«
    Er blinzelte ein paarmal.
    »Scheiße, woher willst du das wissen?«
    »Sie hat es mir gesagt.«
    Er runzelte die Stirn und sah mich ein paar Sekunden lang regungslos an. Dann stand er auf.
    »Und, wieso zum Teufel erfahr ich das von dir?«
    Eine Frage, die Anita mir vermutlich auch stellen würde.
    »Sie hat Angst, es dir zu sagen«, improvisierte ich. »Sie glaubt, du willst das Kind vielleicht nicht. Hast ja oft genug gesagt, dass du noch nicht so weit bist.«
    Er starrte mich an.
    »Willst du mich verarschen?«
    »Nein. Gratuliere. Du wirst Vater. Und wenn du jetzt Lude am Leben lässt, kannst du sogar bei der Geburt deines Sohnes dabei sein.«
    »Tochter«, sagte er automatisch.
    Er warf einen Blick zu Lude runter, dann sah er zum Kamerateam rüber, das ungeschickt hinter der Moderatorin durch die Büsche auf uns zugestolpert kam. Als er mich wieder ansah, war das irre Flackern aus seinem Blick verschwunden. Er grinste. »Du wirst Patenonkel.«
    »Danke.«
    Wir umarmten uns. Neben uns atmete Schröder erleichtert auf und gratulierte. Wenig später gab Rokko der attraktiven Moderatorin einen von Dorfcharme sprudelnden Lagebericht. Er sprach davon, dass gesunde Dorfmenschen in die Stadt gingen und dort zu Mutanten mutierten. Immer mehr Kollegen tauchten auf. Gernot musste einen Rundruf gestartet haben, die gesamte Schaukelstuhl-Besatzung stand mittlerweile herum und schaute grimmig. Sogar Gunnar hatte sich herbewegt. Ein großer Abend für uns alle. Die Neue war auch eingetroffen, aber nicht mal sie versuchte, den Tatort abzusperren. Es latschten so viele Leute herum, als sei Kirmes.
    Immer mehr Reporter trafen ein und zwei weitere TV-Teams von Regionalsendern. Alle standen Schlange, um ein Interview von Rokko und mir zu bekommen. Wir fertigten einen nach dem anderen ab. Rokko war groß in Form. Er stellte die Priorität der Resozialisierung gegen die der Prävention infrage. Täter bekämen eine Therapie, was aber bekamen die Opfer? Krankenhausaufenthalte und lebenslange Angstphobien. Für Straftaten unter Drogeneinfluss gab es Strafnachlass, war das nicht eine Diskriminierung der Bürger, die nüchtern blieben? Rokko rief dazu auf, der Opfer zu gedenken, und zwar nicht nur der des Krieges, sondern auch der vielen alltäglichen Opfer krimineller Taten. Dass er bei seiner ausgedehnten Moralpredigt die Pistole noch in der Hand hielt, gab dem Ganzen den letzten Schwung Lokalkolorit.

    Eine Stunde später war alles vorbei. Der Mercedes war abgeschleppt, die TV-Teams folgten den Tätern auf dem Weg ins Krankenhaus, und die Lokalreporter waren bereits in ihre Redaktionen zurückgekehrt, um ihre Textbeiträge zu bearbeiten. Die meisten Kollegen waren in den Schaukelstuhl zurückgefahren, um den Sieg zu begießen, die Nachtschicht hatte mit der Spurensicherung alle Hände voll zutun. Die Stadtreinigung begann, die Straße zu säubern, und soeben lud ein Abschleppwagen den GT auf die Rampe. Rokko stand etwas abseits und telefonierte mit Anita. Er grinste von einem Ohr zum anderen.
    Vor dreißig Minuten hatte ich Schröder dabei erwischt, wie er sich das Kennzeichen des Fluchtwagens unter sein Hemd geschoben hatte, und seitdem hatte ich versucht, den Unfallort zumindest so weit abzusichern, dass keine Souvenirs geklaut wurden. Die Wirkung des Adrenalins ließ langsam

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