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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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Monet.
    Sie drehte ihren Kopf und sah mich an.
    »Das mit dem Hochschlafen ist übrigens gar nicht so verbreitet, wie alle sagen.«
    »Aber wenn du es nicht tust, kriegst du dann trotzdem Jobs?«
    »Nee.« Sie lächelte schief. »Vielleicht war ich ja deswegen so erfolglos.«
    Eine Aussage, mit der ich leben konnte.
    »Wenn es so schlecht lief, wieso bist du dann so lange drüben geblieben?«
    Sie zog die Schultern hoch.
    »Die ersten Jahre vergingen wie im Flug, und da dachte ich ja auch noch, dass es was wird. Weißt du, die Amis glauben wirklich, dass sie jeden Tag entdeckt werden können. Das ist echt ansteckend. Als ich merkte, dass ich mir was vormache, waren ein paar Jahre rum und dann … die restliche Zeit … Vielleicht falscher Stolz?«
    »Ich dachte, das wäre ’ne Männermacke.«
    »Die Gleichberechtigung greift eben.«
    »Und wieso hast du uns nicht mal besucht?«
    Sie zog die Schultern noch mal hoch und ließ sie wieder fallen.
    »Als ich am Anfang Geld hatte, hatte ich keine Zeit, und später war es andersrum.« Sie warf mir einen kleinen Blick zu. »Außerdem hatte ich ein bisschen Schiss, dass ich hier vielleicht nicht wieder wegkomme. Aber genug von mir«,sagte sie, »was ist mit dir? Mor hat mir erzählt, du schiebst seit Jahren Innendienst. Was ist denn aus dem feschen jungen Polizisten geworden, der die Welt retten wollte?«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Der trank eine Zeit lang zu viel, zersägte einen Streifenwagen, verlor den Führerschein und wurde in den Innendienst versetzt. Da geht’s ihm ganz okay.«
    Sie sah mich wissend an. Ihr Blick kroch mir unter die Haut und brachte dort alle Nervenenden durcheinander. Ich zuckte die Achseln.
    »Es hätte mich halt jemand drauf vorbereiten müssen, dass Trennung scheiße ist. Hätte ich mich wenigstens bei meiner besten Freundin ausheulen können! Aber die war auch weg.«
    »Ich weiß«, sagte sie leise. »Tut mir leid.«
    »Braucht es nicht. Ich hätt’s schneller auf die Reihe bekommen, wenn nicht alle total Verständnis gehabt hätten. Der Arme, seine Freundin hat ihn verlassen, jammer, heul, schnief. Man ließ mir alles durchgehen, also hab ich mich so richtig hängen lassen.«
    Sie musterte mich einen Augenblick.
    »Kam bei dem Unfall jemand zu Schaden?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nur ein Baum. Hab einen neuen gepflanzt.«
    Aus irgendeinem Grund brachte sie das zum Lächeln.
    »Wirklich?«
    Ich nickte. Ein Ast explodierte im Feuer mit einem trockenen, wütenden Knacken. Ein Funkensturm erhob sich kurz in die Luft und erlosch sofort wieder. Ich warf einen Blick auf unsere Klamotten. Ein einziger Funke, und wir würden nackt nach Hause laufen.
    »Und wie lange hast du dich hängen lassen?«
    »Nach circa einem Jahr fragte ich mich nicht mehr ständig, was du gerade treibst und mit wem. Ehrlich gesagt wurde alles einfacher, als du nicht mehr anriefst. Da hab ichwenigstens nicht immer auf diese Scheißanrufe gewartet, die sowieso nie kamen, wenn ich sie brauchte, und wenn sie dann kamen, war ich anschließend völlig fertig.«
    »O ja«, sagte sie und nickte. »Die Telefonate waren furchtbar. Jedes Mal, wenn ich zu Hause angerufen hatte, hab ich mich in mein Zimmer verkrochen. Allein in diesem Moloch von Stadt, und die Menschen, die ich liebe, tausende Kilometer weit weg.« Sie schob einen Ast weiter ins Feuer. »Aber die Frage ist: Wenn du nach einem Jahr drüber weg warst, was machst du dann noch im Innendienst?«
    Zu viele Unfallorte. Zu viele Hinterbliebene. Zu viel Gewalt. Zu viel Dummheit. Zu viel Leid.
    »Da hab ich meine Ruhe.«
    Wir schwiegen einen Augenblick.
    »Gut«, sagte sie. »Also ich frag dich nicht mehr nach dem Job, und du vergisst dafür das andere Thema.«
    »Liebe?«
    Sie stocherte im Feuer. Die Schatten sprangen auf ihrem Körper herum.
    »Ich habe einfach kein Glück mit Männern.« Sie warf mir einen schnellen Blick zu. »Anwesende ausgenommen.«
    »Vielleicht stehst du auf Landeier.«
    »Vielleicht.«
    »Nein, wirklich«, sagte ich. »Ich hab viel darüber nachgedacht. Vielleicht versaut es einen, wenn man mit seiner ersten großen Liebe auf dem Land aufgewachsen ist, ich meine, was soll danach noch kommen?«
    »Die zweite große Liebe?«
    »Klar«, nickte ich, »und kam sie?«
    Sie schüttelte den Kopf und sah mich an.
    »Und bei dir?«
    Ich schüttelte ebenfalls den Kopf. Wir musterten uns, und ich schwöre, für einen Moment flackerte das Feuer langsamer. Dann brach sie den Blickkontakt ab und stocherte wieder

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