Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
Vom Netzwerk:
erschien in einem schlichten weißen Sommerkleid. Sie trug einen eleganten Strohhut und sah aus wie einer Gatsby-Party entsprungen. Die erste Schlägerei um ihre Nummer konnte nur eine Frage der Zeit sein, aber immerhin schaffte sie es in den Garten, ohne dass jemand zu Schaden kam.
    Telly kam alleine, dafür brachte Schröder seine Schwester Traute mit. Ich hatte sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Hübscher war sie nicht geworden. Glücklicher sah sie auch nicht aus. Genauso wenig wie Gernot, der mit seiner Frau kam. Seit Jahren hatte sie niemand mehr zusammen gesehen.
    Kaum waren sie im Garten verschwunden, kam der nächste Schock: Das Biest fuhr in ihrem klapprigen Golf vor. Als sie ausstieg, hielt die Welt den Atem an. Grundgütiger. Das Leben ging an keinem spurlos vorbei, doch sie hatte es hart getroffen: Früher eine Augenweide, wog sie seit ihrem ersten Kind einen Zentner zu viel. Leider weigerte sie sich, das einzusehen, und so kamen wir in den zweifelhaften Genuss, sie bauchfrei zu erleben.
    Ich begrüßte sie mit einem Schmatzer und sah zu, wie sie in den Garten watschelte. Es wurde gemurmelt und sich in die Rippen gestoßen, und als man sich gerade davon erholt hatte, kam ein alter Ford den Hügel hochgehustet. Er parkte mit einer Fehlzündung, die jeden zusammenzucken ließ, und heraus stieg … Gunnar. Er trug etwas, das aussah wie eine Mischung aus Kommunionsanzug und Erster-Weltkrieg-Uniform. Irgendwie sah er nackt aus ohne seinen Ecktisch. Er wünschte Mor knurrig alles Gute. Er nannte sie Kind. Ein Geschenk hatte er mitgebracht. Einen Bierkrug. Ging mit ein bisschen gutem Willen auch als Vase durch.
    So ging es weiter. Immer mehr Autos kamen den Hügel hoch, und Mor sammelte Gratulationen und Verlegenheitsgeschenke. Wir hätten einen dritten Container bestellen sollen. Außerdem musste sie jede Menge Dorfkomplimente einstecken. Kiel, der Vollidiot, wünschte ihr für ihr weiteres Leben Hals und Beinbruch. Ich spielte mit dem Gedanken, meine Dienstwaffe zu holen und ihn zu erschießen, aber Mor lächelte bloß und empfing ihre Gäste wie Grace Kelly in Fürst Rainiers Lieblingspalast.
    Nele hielt kurz an, um mir einen Kuss aufzudrücken, und sauste weiter. Sie hatte mit Anita den Service im Garten übernommen, so mussten sich die Schaukelstuhl-Stammkunden nicht groß umstellen. Zu viele Veränderungen hätten sie eh nicht verkraftet, sie diskutierten immer noch über die Wiedervereinigung.
    Als der Gästestrom langsam nachließ, holte ich mir zur Belohnung einen Punch und verzog mich damit in eine Ecke des Gartens. Die Mädchen hatten alle Hände voll zu tun und wurden tatkräftig von den Kids unterstützt, allen voran Benni. Sein Vater war einer der wenigen, die nicht eingeladen waren. Seitdem er die EU-Millionen eingestrichen hatte, war er zu einer Art Dorf-Howard-Hughes mutiert. Nicht nur, dass er sich selbst für einen intelligenten Gesprächspartner hielt, er musste es auch noch ständig beweisen. Für jeden anderen wäre es vielleicht ein Zeichen gewesen, wenn er als Einziger in einem Landkreis nicht auf ein Fest eingeladen würde. Er aber würde es als weiteren Beweis seiner Einzigartigkeit sehen.
    Rokko blieb neben mir stehen, saugte am Strohhalm seines Glases und beäugte Schröders Schwester.
    »Ist das nicht Schröders Schwester?«
    »Yep.«
    »Auf wessen Beerdigung waren wir dann letztes Jahr?«
    »Der seiner älteren Schwester.«
    »Der aus Herschbach?«
    Ich nickte. Er schüttelte den Kopf.
    »Die ist gerade in den Landtag gewählt worden. Dafür muss man am Leben sein.«
    »Ansichtssache.«
    Er grinste.
    »Stimmt auch wieder.« Er saugte sich auf Grund, spuckte den Strohhalm aus und starrte in den Becher. »Das nenn ich mal ’ne Bowle.«
    »Punch«, sagte ich und saugte an meinem Strohhalm. »Ich kann’s noch gar nicht glauben, dass Anita dich Maximilian vorgezogen hat.«
    »Haha.«
    Ich legte ihm meinen Arm um die Schultern.
    »Nein, echt, klasse, oder? Wer hätte gedacht, dass wir vier noch mal zeitgleich glücklich sein würden. Weißt du, wie lange das her ist?« Ich schüttelte den Kopf. »Wahnsinn. Echt. Ich meine, gibt’s was Schöneres, als mit einem Drink in der Hand im Garten zu stehen und seinem Mädchen dabei zuzuschauen, wie es ein Sommerkleid trägt? Das Leben, was? Nicht zu fassen, oder?«
    Er grinste.
    »Mann, wie viele von den Dingern hast du schon getrunken?«
    »Ein paar«, gab ich zu und hielt ihm mein leeres Glas entgegen.
    »Du kippst aber nicht aus den

Weitere Kostenlose Bücher