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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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und erinnerte an die Villa, die zum Verkauf stand. Als sie allen eine wunderschöne Nacht wünschte, brandete Applaus auf, in den wir mit Pfefferminz reinknallten. Oder so. Irgendwie brauchten wir bis zum ersten Kehrreim, bevor wir begannen, dasselbe Lied zu spielen.Ab da klang es in Ordnung, und als wir in eine rockige Version von Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt überleiteten, kam Bewegung auf die Tanzfläche. Es lief erstaunlich gut. Früher hatten wir das letzte Set manchmal sturzbetrunken zu Ende gespielt. Vielleicht half uns die Erinnerung daran.
    Just in dem Moment, als Rokko mit Junimond den Rio-Reiser-Teil des Abends anzählte, drehte Nele sich zu mir um und sah mich an. Ihre dunklen Augen schimmerten. Prompt verspielte ich mich. Ich wich dem Stick aus, den Rokko nach mir warf, und fortan vermied ich es, Nele anzuschauen. Aber ich dachte mir meinen Teil. Die Nacht war noch jung, und ich würde die Sache, die ich hinten im Garten begonnen hatte, später zu einem krönenden Abschluss bringen. Beflügelt grinste ich die Kids an, die allesamt neben der Bühne hingen und versuchten, gelangweilt zu wirken.
    An diesem Abend hätten sogar die Sex Pistols Standing Ovations erhalten. Es war, als hätte Gott eine Käseglocke aus Leichtigkeit über das Anwesen gestülpt. Es wurde Zugabe gerufen. Wir holten Mor für Ich liebe das Leben auf die Bühne. Nele legte ihren Arm um sie, und sie sangen sich an. Der Garten sang mit. Mitten im letzten Kehrreim sprang November mit einer Ratte im Maul auf die Bühne. Eine Showeinlage, auf die Ozzy Osbourne neidisch gewesen wäre. Es wurde kurz gekreischt, dann kickte Anita das Ding in die erste Reihe. Weiter ging’s.

    Eine laue Nachtbrise wehte. Im Garten schaukelten die Lichterketten. Ich saß auf der Gartenmauer und klammerte mich an mein Glas. Die Insekten schwirrten um die Lämpchen, im Geiste sah ich Mor mit einem riesigen Staubsauger herumhüpfen und die Viecher wegsaugen. Schlagseite.
    Benni hatte die Musik wieder übernommen und spielte jetzt Swing und Pop. Die ersten Gäste brachen auf, aber aufder Tanzfläche war noch immer Betrieb. Vor allem die Neue war ununterbrochen im Einsatz. Wer weiß, welche furchtbaren Angebote sie heute Abend bekommen hatte, aber sie hielt sich gut. Nele tanzte mit Mohammed, Mor tanzte mit Telly und, Gott verdammt, sogar Gernot tanzte – mit seiner eigenen Frau. Es lag Hoffnung in der lauen Nacht, die von einem sternenfunkelnden Himmel geschützt wurde. Ich trank Punch, behielt mein Mädchen im Auge und versuchte, nicht zu vergleichen. Vergleiche waren dumm und verletzend. Ja. Aber ich kam nicht umhin festzustellen, dass die anderen Frauen in meinem Leben eine Urlaubsreise gewesen waren. Nele war meine Heimat. Sie war die Küste, an der ich später sitzen und übers Meer schauen wollte. Neleland. Ich trank noch einen Schluck und grinste die Sterne an. Der Einzige, an dem die Euphorie spurlos vorüberging, war November. Er lag zu meinen Füßen und behielt den Rollstuhl im Auge. Unter dem Jubel der Menge hatte Mor nach dem Konzert eine Probefahrt gemacht, und als sie das Ding startete, war November aus dem Stand zwei Meter rückwärts gesprungen. Der Motor war laut und hatte einen bösartigen Unterton. Als Mor beschleunigte, wäre sie fast hintenübergefallen. Sie schoss vom Grundstück. Ein Raunen ging durch die Menge. Als sie wiederkam, brandete Applaus auf. Es war wie im Fernsehen, wenn in Cape Canaveral eine Rakete heil gelandet war und sich alle in der Kommandozentrale in die Arme fielen. Alle freuten sich. Alle, außer November.
    Ich streichelte seine Seidenohren.
    »Tja, den Schlendrian kannst du haken. Ab jetzt heißt es Galopp.«
    Er gab ein Geräusch von sich, legte seinen Kopf auf seine Vorderpfoten und behielt das Ding weiter im Blick. Anita setzte sich neben mich auf die Mauer und drückte mir ein neues Glas in die Hand.
    »Danke. Steht dir.«
    Sie sah mich überrascht an, dann sah sie an sich hinunter, faltete ihre Hände über ihren Bauch und schaute zur Tanzfläche, wo Rokko mit dem Biest tanzte. Er war hinter ihr kaum zu sehen. Ich musterte Anitas Hände. Ich hatte eigentlich das Kleid gemeint, aber jetzt ging mir ein Licht auf.
    »Verdammt noch mal.« Ich legte einen Arm um ihre Schultern, zog sie an mich und drückte ihr einen Knutscher auf den Mundwinkel. »Rokko, der Arsch, hat mir gar nichts davon gesagt.«
    »Er weiß es nicht.«
    Ich sah sie überrascht an.
    »Äh … ist er nicht der Vater?«
    Sie

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