Nele und der Neue in der Klasse
sich an ihn ranschmeißt. Kein Wunder, dass Nele sauer geworden ist. Er ist doch bei Winters zu Besuch.«
Nele nickte düster. »Eigentlich ist er Tante Adelheids Patenkind «, sagte sie. »Aber ich hab ihn jetzt an der Backe.«
Tanne nickte mitfühlend. »Ich wüsste zu gerne, über was die da drüben die ganze Zeit quatschen.« Sie zeigte mit dem Finger hinüber zu den Fahrrädern. Unter dem Vordach unterhielten Henry und Plemplem eine Traube Schüler. Ein wenig sah das aus, wie wenn der König Hof hielt.
Lukas zuckte mit den Achseln. »Wahrscheinlich über so stinklangweilige Sachen wie was ein Lord zum Frühstück isst und wie oft er am Tag pupst.« Er blähte seine Backen auf und machte das Pupsgeräusch täuschend echt nach.
»Ihh, du Ferkel«, kicherte Tanne und hielt sich sicherheitshalber die Nase zu.
»Gar nicht witzig«, murmelte Nele. Ihr war der Spaß ganz und gar vergangen.
Im selben Augenblick kamen Florian und Basti herbeigelaufen.
»Verzieht euch«, sagte Tanne. »Wir haben etwas Geheimes zu besprechen.«
Früher hatte Tanne Florian mal mehr als nur nett gefunden. Nele hatte sogar behauptet, Tanne sei in Florian verknallt. Aber seit dem Sommer war Tanne stinksauer auf Florian und meckerte nur noch mit ihm herum.
»Aber wir haben euch etwas Wichtiges zu erzählen«, rief Florian und guckte Tanne an. Dabei wurde er aus unerfindlichen Gründen ganz rot im Gesicht.
»Und was sollte das so Wichtiges sein?«, fragte Tanne betont gelangweilt.
»Dieser Lord behauptet gerade, dass er mal zu Nessie auf den Meeresgrund geschnorchelt ist«, platzte Florian heraus. »Er sagt, das Ungeheuer ist seine Oma.«
»So ein Unsinn«, rief Nele empört und sprang auf. »Nessie wohnt gar nicht im Meer, sondern bloß in einem popeligen See, und die Sache mit der Oma ist auch erstunken und erlogen. Dieses Gequatsche höre ich mir jetzt selber an.«
Sie lief los und kam gerade rechtzeitig, um zu hören, wie Josefine sagte: »Du bist ja unheimlich mutig, Henry. Hattest du denn gar keine Angst, dass Nessie dich auffrisst?«
Henry lächelte geschmeichelt und sagte: »Ich bin Ungeheuer gewohnt. Unser Schloss ist bis zum Dach vollgestopft mit grässlichen Gespenstern. Da war der Besuch bei Nessie fast wie ein Ausflug.«
Nele stieß einen spitzen Schrei aus. »Du bist zum Glück noch nicht dem Graf Kuckuck begegnet. Der ist total fies. Der Herr Direktor Zucker hat sogar ein ganzes Buch über ihn geschrieben.«
Josefine drehte sich unwirsch nach Nele um. »Oh nein. Jetzt fang nicht mit dieser Schnarchnase Kuckuck an. Hast du nicht selber gesagt, der ist aus Langeweile in Rente gegangen?«
Nele funkelte Josefine wütend an. »Das denkst du. Glaubst du etwa, ich rufe dich immer gleich an, wenn Graf Kuckuck bei uns herumspukt?«
Tanne kam Nele zu Hilfe. »Wir haben das ganze Wochenende kein Auge zugekriegt, so einen Krach hat Graf Kuckuck gemacht.«
Josefine verdrehte die Augen. »Wer’s glaubt …«, sagte sie.
Plemplem öffnete ein Auge und kreischte nervös: »Kuckuck. Kuckuck. Kuckuck.«
Nele grinste zufrieden. »Da hörst du es. Plemplem gibt mir auch recht.« Sie sah Henry herausfordernd an.
»Von einem Graf Kuckuck habe ich noch nie etwas gehört«, sagte Henry. »Und ich kenne so ziemlich alle schlimmen Gespenster. Unsere schottischen Gespenster sind schon einige hundert Jahre alt, schließlich wohnen mein Vater und ich auf einem sehr alten Schloss. Da kann die mickrige Burg von Tante Adelheid nicht mithalten.«
Nele glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. »Unsere Burg ist supergruselig«, rief sie mit vor Ärger zitternder Stimme. »Du bist ein richtig doofer Angeber.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und rannte beinahe Herrn Direktor Zucker um, der Hofaufsicht hatte.
»Hoppla, mein Fräulein«, sagte er munter. »Nicht so hastig. Ich habe gehört, dass bei euch ein Gespensterexperte zu Besuch ist? Ich muss unbedingt mal mit ihm plaudern. Vielleicht weiß er etwas, das ich in mein neues Buch schreiben könnte.«
Nele schüttelte heftig den Kopf. »Ach zum Kuckuck mit Henry!«, schimpfte sie an diesem Vormittag schon zum zweiten Mal.
Sie wusste einfach nicht mehr weiter. Dieser Junge brauchte dringend einen Denkzettel. Aber was für einen? Nele hatte keinen blassen Schimmer.
Das zehnte Kapitel
schickt Tante Adelheid in die Löwengrubeversalzt Nele die Erbsensuppelässt ihre Stimmung auf Null sinkenund stellt ihr einen unheimlichen Fremden vor
Der staubige Ritter
Manchmal hatte Großtante Adelheid
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