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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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können, auf jeden Fall aber sauber.«
    Er brauchte nicht lange auf Pforten zu warten, der in einer blauen Badehose erschien und ein Paket Waschpulver mitbrachte. Ihm folgte das Küchenmädchen Wally mit zwei Eimern voll heißem Wasser. Pforten mischte es in einer Gießkanne und schüttete eine gehörige Portion des Waschmittels hinein.
    »Also los, Marcel, du hältst den Hund! Wally, Sie schütten ihm die Brühe aufs Fell! Und ich seife ihn ab. Auf los geht’s los... Los!«
    Marcel packte das Halsband und trachtete danach, die weißen und sehr spitzen Zähne Poldis in sicherem Abstand von seinen Waden zu halten. Aber Poldis Häßlichkeit wurde nur noch von seiner Gutmütigkeit übertroffen. Er winselte zwar, als ihm das lauwarme Wasser über den Rücken lief, aber er wehrte sich nicht, und Pforten bearbeitete seinen Pelz so tüchtig, daß er in wenigen Minuten in eine Wolke weißen Schaums gehüllt war, aus der nur der Kopf herausschaute. An den Beinen rann eine braune Brühe zum Gully ab.
    »Wenn man ihn so lassen könnte«, meinte Marcel, »würde er immerhin fast wie ein Spitz aussehen...«
    Als sie den Schaum abgespült hatten, stand eine nasse Jammergestalt vor ihnen, erbarmungswürdiger als je zuvor. Man konnte an dem mageren Körper wahrhaftig jede Rippe zählen.
    »Jessas naa!« sagte das Mädchen Wally in ihrem urwüchsigen Höringer Dialekt, denn sie stammte aus der unmittelbaren Nachbarschaft. »I moan, Herr Pforten, der Zamperl is z’Minka im Zirkus Krone als Hungakünstler aufgetreten...«
    Der Hund rannte, als Marcel ihm das Halsband abnahm, wie verrückt davon, kläffte in hohen Tönen, schlug Haken und Purzelbäume und wälzte sich schließlich im Rasen.
    »Sobald der Bursche trocken ist, geht’s den Flöhen an den Kragen!« sagte Pforten finster entschlossen. »Aber sag selber, Marcel, hat der Poldi sich nicht fabelhaft betragen?«
    »Wie ein Gentleman, der aus dem Urwald in die Stadt kommt und sich nach dem ersten Bad und nach der ersten Rasur sehnt!« antwortete Etienne, der diese Gefühle ja kennen mußte. Er ging unter die Brause, um sich die Schaumflocken abzuspülen, die an ihm hochgespritzt waren.
    »Wally!« rief Pforten dem Mädchen nach. »Sagen Sie Fräulein Babette, daß sie uns etwas zum Trinken herausschickt! Orangeade mit einem Schuß Kognak und viel Eis!«
    Er lief zum Sprungturm, kletterte hinauf, stand ein paar Sekunden lang federnd auf dem Dreimeterbrett und verschwand mit einem Kopfsprung in dem kristallklaren Wasser, das er tauchend durchschwamm. Etienne hatte sich inzwischen im Schatten des Sonnenschirmes niedergelegt.
    »Du bist gut in Form, Michael«, sagte er anerkennend, als Pforten die Leiter emporstieg und sich neben ihn hinstreckte.
    »Das gehört zum Handwerk«, meinte Pforten, ohne trotz des langen Tauchens rascher zu atmen, »aber ich muß mich halten. Fünfundsiebzig Kilo... Ich habe in meine Waage eine Alarmanlage einbauen lassen; ein Gramm darüber und in der Küche geht eine Sirene los.« — Etienne grinste; ob es nun stimmte oder nicht, Pforten war es bei seiner Neigung zu solchen technischen Spielereien durchaus zuzutrauen, daß die Alarmanlage tatsächlich existierte.
    »Es ist anstrengend, Marcel, das darfst du mir glauben. Manchmal möchte ich in einer wilden Freßorgie alles in mich hineinstopfen, was mir verboten ist. Ich träume von Schweinebraten und Gänsebrüsten...«
    »Deine Sorgen...!«murmelte Marcel.
    »Es sind echte Sorgen, mein Lieber! Natürlich nicht für einen Mann, der alte Ruinen ausbuddelt.«
    Ihr Gespräch wurde durch den Hund unterbrochen. Er schien eine unheimliche Entdeckung gemacht zu haben, denn sein Nackenfell sträubte sich, und er stieß ängstliche und drohende Töne aus, während er seinen Fund umkreiste.
    »Was hat er bloß?« fragte Etienne.
    »Er hat Anaximander entdeckt«, antwortete Pforten und stieß auf zwei Fingern einen gellenden Pfiff aus. Der Hund ließ augenblicklich von der Schildkröte ab.
    »Hierher, Poldi!« rief Pforten und klopfte sich auf den Oberschenkel. Der Hund kam zaghaft herangetrottet und sah sich zweimal um, ob das unheimliche Ding ihm folge. Als nichts dergleichen geschah, glätteten sich seine Nackenhaare, und er wedelte verlegen mit dem buschigen Schweif; auf die Begegnung mit einer Schildkröte war er nicht gefaßt gewesen.
    »Schon gut, Poldi, und laß mir Anaximander in Zukunft in Ruhe!«
    Der Hund legte sich neben Etienne in den Schatten. Sein Fell, von der glühenden Sonne getrocknet, lockte

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