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Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Nelson, das Weihnachtskaetzchen

Titel: Nelson, das Weihnachtskaetzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Steinbach
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wie er beinahe platzte vor Stolz.
    »Unsere Laura«, sagte er. »Wer hätte das für möglich gehalten?«
    »Ja, unsere Laura.«
    Die ehrenamtliche Regisseurin ging mit dünkelhaftem Bühnenlächeln durch die Menge und begrüßte die Eltern ihrer Schützlinge. Als sie Anna und Klaus entdeckte, rauschte sie auf die beiden zu.
    »Ihre Tochter hat sehr viel Talent, das haben Sie sicher bemerkt.«
    »Danke«, sagte Klaus. »Ja, es hat uns sehr gut gefallen.«
    »Vielleicht sollte sie diesen Weg weitergehen. Ich habe noch nicht viele Schüler mit einer solchen Begabung unterrichtet. Sie hat ja noch ein paar Jahre Zeit, aber vielleicht wäre eine Schauspielschule dann das Richtige für sie.«
    »Wenn sie das möchte, werden wir sie unterstützen«, sagte Anna.
    »Das will sie bestimmt«, meinte die Regisseurin verschwörerisch, ging weiter und ließ zwei sehr stolze Eltern zurück.
    Nach der Aufführung wollten die Schüler noch ein wenig ihren Erfolg feiern. Anna und Klaus fuhren schon mal nach Hause, und Laura versprach, bald nachzukommen.
    Klaus stellte die Krippe auf. Noch war sie bevölkert mit einfachen Figuren aus dem Warenhaus, doch Anna hatte die leise Hoffnung, das könne sich bald ändern. Nachdem sie die Kerzen angebracht und den Christbaumschmuck aus dem Keller geholt hatten, ging Anna in die Küche, um Kaffee zu kochen. Klaus legte eine CD mit Weihnachtsmusik ein, und nun schien sich doch noch ein gelungenes Weihnachtsfest anzukündigen.
    Während der Kaffee durch die Maschine lief, sah Anna durchs Fenster zum tief eingeschneiten Haus der Grünbergs hinüber. Sie hatte für Marie ein Geschenk besorgt, das sie noch zu Dorothee bringen wollte. Am besten ginge sie gleich rüber, bevor sie es wieder vergaß.
    Da bemerkte sie eine ältere Frau auf der Straße, die vorsichtig über den frei geschaufelten Bürgersteig ging und mit den Händen den Kragen ihres eleganten Wollmantels zusammenhielt. An jeder Tür fixierte sie das Schild mit der Hausnummer und kam immer näher. Anna sah neugierig hinaus.
    Vor dem Haus der Grünbergs blieb sie stehen. Dann holte sie ein Plakat aus ihrer Manteltasche und rollte es auseinander. Verwundert stellte Anna fest: Es war eins der Suchplakate, die sie am Alexanderplatz aufgehängt hatten. Das Exemplar, das die Frau in der Hand hielt, war allerdings sehr in Mitleidenschaft gezogen worden. Eine Ecke war herausgerissen, und Nelson waren eine Augenklappe und ein Bart gemalt worden.
    Jetzt ging die Frau auf die Haustür der Grünbergs zu und klingelte. Dorothee erschien. Die beiden redeten miteinander. Was ging denn da nur vor? Nelson war doch längst wieder zu Hause. Zu Annas Überraschung streckte Dorothee nun den Arm aus und deutete quer über die Straße auf Annas Haus. Die Frau lächelte und bedankte sich, dann machte sie kehrt und kam direkt auf Anna zu.

32
    Die Straße vor Arthurs Küchenfenster war wie ausgestorben. Kaum ein Mensch war noch unterwegs. Schnee rieselte vom Himmel und bedeckte alles mit einer verletzlichen weißen Schicht.
    Arthur lauschte, doch er hörte nur seinen eigenen Atem und das Rauschen der Heizkörper. Sonst war alles still. Der Weihnachtsmarkt steckte ihm noch in den Knochen. Erst jetzt, wo alles vorbei war, merkte er, wie sehr die Strapazen an ihm gezerrt hatten. Die Weihnachtseinkäufe hatte er kurzerhand ausfallen lassen. Er wäre ja ohnehin allein an den Feiertagen. Weshalb sollte er groß einkaufen gehen und etwas Besonderes kochen?
    Nach einer Weile erhob er sich mühsam und ging nach nebenan. Im Wohnzimmer hatte er an einem Tisch in der Ecke seine Werkstatt eingerichtet. Arthur nahm einen kleinen Klotz und ein paar Messer und kehrte damit zurück in die warme Küche. Dort setzte er sich an den Tisch und begann zu arbeiten. Er fand, es war das Beste, was er an einem Tag wie dem Heutigen tun konnte.
    Beim Schnitzen seiner Krippenfiguren konnte er nämlich alles um sich herum vergessen. Dann verlor die Zeit ihre Bedeutung, und Arthur spürte etwas Ähnliches wie Frieden und Glück. Er liebte seine Arbeit, sie tröstete ihn über vieles hinweg.
    Eine gute Stunde arbeitete er konzentriert, dann legte er das Holzstück beiseite und massierte sich die Hände. Er stand auf und sah wieder aus dem Fenster. Es schneite und schneite, und die Welt versank immer tiefer im Weiß. Also beschloss er, ein wenig in der Winterwelt spazieren zu gehen, nahm Mantel und Hut und verließ die Wohnung.
    Draußen war vom üblichen Lärm der Großstadt nicht viel zu spüren.

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