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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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Besuch offensichtlich mehr, als in Erinnerungen zu schwelgen und mich in der Gegend willkommen zu heißen. Genau genommen roch ich ein Jobangebot. Als ich das letzte Mal für einen Bellarosa tätig gewesen war, hatte ich damit mein Leben ruiniert, deshalb war ich nicht erpicht darauf, es noch mal zu probieren.
    Ich stand auf, worauf Anthony sagte: »Ich brauche bloß noch ein paar Minuten.«
    Ich setzte mich wieder in den Lehnsessel. »Kommen Sie bitte zum Grund Ihres Besuchs.«
    Anthony wirkte gedankenverloren, und ich betrachtete ihn. Er besaß nicht die eindrucksvolle Ausstrahlung seines Vaters, war aber auch kein Weichei, das die Fußstapfen von Papas handgefertigten Schuhen auszufüllen versuchte. Anthony war ein Original, aber ebenso ein noch unfertiges Produkt seines Umfeldes. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass er mit der Rohheit, die in ihm steckte, mir gegenüber hinter dem Berg hielt. Und das hieß, dass er irgendetwas wollte.
    Schließlich sagte er: »Ich erkundige mich oft nach meinem Vater, bei seinen Freunden und Verwandten, und alle erzählen mir tolle Sachen über ihn, aber da er Sie wirklich geachtet hat, dachte ich ... Sie könnten mir vielleicht was ... irgendwas zu ihm sagen, was seine Paesanos nicht kapiert haben. Verstehen Sie?«
    Ich weiß, dass die Menschen immer nur Gutes über ihre lieben Verstorbenen hören wollen, und der Junge vergötterte seinen Vater. Sein Besuch diente also angeblich dem Zweck, von John Whitman Sutter - Absolvent einer Eliteuniversität, weiß, angelsächsisch, protestantisch - etwas Nettes und Druckreifes für die Nachwelt zu hören. Warum kam ich mir dann vor wie bei einem Einstellungsgespräch? »Ich kannte ihn nur etwa ... hm, sechs Monate«, erwiderte ich.
    »Ja, aber -«
    »Ich denke darüber nach.«
    »Okay. Und vielleicht denken Sie auch mal drüber nach, wie ich mich erkenntlich zeigen kann für all das, was Sie getan haben.« »Was habe ich denn getan?« »Sie haben ihm das Leben gerettet.« Ich ging nicht darauf ein.
    »An dem Abend im Giulio's. Als jemand auf ihn geschossen hat. Sie haben die Blutung gestillt.«
    Was, um alles auf der Welt, hatte ich mir dabei gedacht? Immerhin war ich mir seinerzeit sicher, dass er mit meiner Frau vögelte. Außerdem soll man sich bei einem Auftragsmord der Mafia grundsätzlich nicht einmischen. Ich meine, irgendjemand - in diesem Fall Salvatore D'Alessio - hatte viel Geld dafür bezahlt, damit Frank Bellarosa umgenietet wurde, und ich hatte es vermasselt. Und nach dem Motto »Keine gute Tat bleibt unbestraft« deutete Frank, als er genesen war, mir gegenüber an, dass sein Schwager, Mr D'Allesio, gar nicht gut auf mich zu sprechen sei. Ich fragte mich, ob Onkel Sal immer noch sauer war. Aber da meine Gattin Frank später umgebracht hatte, war vielleicht alles vergeben und vergessen. Vielleicht sollte ich Anthony bitten, seinen Onkel danach zu fragen. Vielleicht auch nicht.
    »Mr Sutter? Sie haben ihm das Leben gerettet.«
    »Ich habe getan, was jeder getan hätte, der einen Erste-Hilfe-Kursus mitgemacht hat«, erwiderte ich. »Sie schulden mir gar nichts.«
    »Mir wäre wohler zumute, wenn ich Ihnen auch einen Gefallen tun könnte.«
    Ich konnte mich noch deutlich an die Gefallen erinnern, die Frank mir erwiesen hatte und die nicht gerade hilfreich gewesen waren, und ich war davon überzeugt, dass auch Anthonys Gefallen mit ein paar Haken verbunden waren. Weil ich das im Keim ersticken und meinen Standpunkt klarmachen wollte, sagte ich: »Wie sich herausstellte, habe ich Ihrem Vater lediglich das Leben gerettet, damit meine Frau ihn später umbringen konnte.«
    Das kam für Anthony irgendwie überraschend; vermutlich hatte er gedacht, ich würde die eigentliche Ursache für den Tod seines Vaters nicht zur Sprache bringen. Immerhin war Frank Bellarosa keines natürlichen Todes gestorben, es sei denn, von einer stinksauren Geliebten erschossen zu werden zählte in seinem Universum zu den natürlichen Todesursachen.
    Um mich noch deutlicher auszudrücken, sagte ich: »Ihr Vater hat mit meiner Frau gefickt. Aber ich nehme an, das wissen Sie bereits.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis er antwortete. »Yeah ... ich meine, es stand in der Zeitung.«
    »Und wissen Sie auch, dass sie wieder hier ist?«
    »Yeah. Weiß ich.«
    »Wie ist Ihnen dabei zumute?«
    Er schaute mir in die Augen. »Ich glaube, sie hätte lieber wegbleiben sollen.«
    »Ich auch. Ist sie aber nicht.« Wir sahen uns an, dann sagte ich zu ihm: »Ich darf

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