Nelson DeMille
also noch nicht verdient?«
»Ich bin mir sicher, dass er das getan hat«, erwiderte Mr Mancuso, »sonst stünde er nicht da, wo er in der Organisation steht, aber es ist uns nie aufgefallen, und er macht es sich nicht zur Gewohnheit.«
»Ich glaube, ich habe etwas nicht mitbekommen«, sagte Susan. »Bezüglich der Sporen.«
Ich überließ Mr Mancuso die Erklärung. »Das heißt so viel wie > persönlich einen Mord begehen<. Im Gegensatz zu >einen Mord in Auftrag geben<.« »Entschuldigen Sie die Frage.«
Mancuso holte ein Notizbuch aus seiner Tasche und sagte zu uns: »Ich möchte, dass Sie mir beide, ganz gleich, in welcher Reihenfolge, alles berichten, was Sie in Ihrer Aussage bei der Polizei vorgebracht haben. Das können Meinungen, Eindrücke und Gefühle sein, zusätzlich zu Beobachtungen und Kleinigkeiten, die Ihnen nicht wichtig vorgekommen sein mögen, aber für mich in größerem Zusammenhang etwas bedeuten beziehungsweise später wichtig werden könnten.«
Das schien mir weitaus mehr Spielraum als bei der Polizei zu geben, und es eröffnete mir die Möglichkeit, mich bei meiner Beschreibung des Sonntags bei den Bellarosas ein bisschen zu amüsieren. Andererseits war es eine ernste Angelegenheit, und ich wollte nicht, dass Mr Mancuso auf die Idee kam, ich hielte seine Paesanos für unfreiwillig komisch. Susan bedeutete mir, dass ich anfangen sollte, und so begann ich mit dem Abend, an dem es an meiner Tür geklingelt hatte und Mr Anthony Bellarosa über meine Schwelle getreten war.
Nach einer Weile goss ich mir einen weiteren Kaffee ein und kam auf das Essen bei Wong Lee's zu sprechen, berichtete von meinem Telefongespräch mit Anna und wiederholte Anthonys Witze über Mama, was Mr Mancuso ein Lächeln entlockte, vielleicht, weil er sich an seine eigene Mutter erinnerte.
Ich kam zu Anthonys Pöbelei gegenüber der chinesischen Bedienung, um allen eine weniger amüsante Vorstellung von Anthony Bellarosa zu vermitteln. Dann fuhr ich mit dem weiteren Gespräch fort und schloss mit meinem jähen und wütenden Aufbruch. »Liefere ich Ihnen zu viele Informationen?«
»So etwas wie zu viele Informationen gibt es nicht, wenn man im Informationsgeschäft tätig ist«, versicherte mir Mancuso. »Wir erstellen Persönlichkeitsprofile von diesen Leuten, und jeder, der, wie Sie zum Beispiel, engen Kontakt mit so einem Menschen hat, kann uns wertvolle Einblicke darüber vermitteln, wie sie denken, sich verhalten, reden und reagieren.«
»Okay.« Also erzählte ich ihm von Anthonys Witzen über Chinesinnen, aber diesmal lächelte er nicht. Ebenso wenig Susan, die nur »Widerwärtig!« sagte.
Das mochte die Grenzen der zweckdienlichen Information überschritten haben, deshalb wandte ich mich den näheren Einzelheiten meiner zufälligen Begegnung mit Anthony an der Grace Lane und der Fahrt nach Oyster Bay zu. Ich erzählte offen und ehrlich, und wie Mancuso vorgeschlagen hatte, äußerte ich hin und wieder meine eigene Meinung.
Er nickte ein paarmal und zog an den passenden Stellen die Augenbrauen hoch, um mir kundzutun, dass er mein mögliches Interesse, Anthonys Consigliere zu werden, trotz meiner Erklärung, dass ich mir Sorgen um Susan machte, nicht guthieß. Ab und zu machte er sich eine Notiz.
Als ich mit der Episode in Oyster Bay fertig war, meinte Susan: »Tja, er hat sich mit Sicherheit den Richtigen ausgesucht, der ihm Bescheid sagt, wenn er größenwahnsinnig wird.«
Das sollte komisch sein, daher kicherte ich, und selbst Mr Mancuso lächelte. Allerdings wandte ich ein: »Überlassen wir doch die Meinungsäußerungen mir, mein Schatz, bis du an der Reihe bist.«
Mr Mancuso drängte mich fortzufahren, und ich machte beim Sonntagmorgen und meinem Besuch bei Susan weiter, um den Zeitpunkt unserer Versöhnung klarzustellen. Ich trug dabei ein bisschen dick auf, erwähnte Susans Reue wegen dem, was sie getan hatte, und versicherte Mr Mancuso, dass Susan, genau wie Maria Magdalena, ihre Sünden eingesehen habe, was zu ihrer Erlösung und möglichen Aufnahme in die Gemeinschaft der Heiligen führte.
Nun ja, ganz so weit ging ich nicht, aber ich wollte Mr Mancuso klarmachen, dass die Susan Sutter, die jetzt hier saß, nicht mehr die gefallene Frau war, die sie vor zehn Jahren gewesen war, und dass sie Schutz verdiente. Er durfte nicht einmal unterbewusst den Gedanken hegen, dass der Tod der Sünde Lohn sei oder Susan es sich selbst zuzuschreiben habe, wenn ihr etwas zustieß.
Mr Mancuso unterbrach meine
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