Nelson DeMille
Anthony erklärt, dass du und ich wieder zusammen sind und dass er und ich miteinander fertig wären. Stell es dir als ... nun ja, ein Dreiecksverhältnis vor.« Ich wollte sagen: »Darüber weißt du doch Bescheid«, sagte aber stattdessen: »Er ist es nicht gewohnt, dass man ihm etwas ausschlägt. Und richtig ausgerastet ist er erst, als ich ihm erzählt habe, dass sein Vater gegenüber dem FBI aus vollem H als gesungen hat.«
Sie nickte, aber ich sah, dass sie mit meiner Erklärung noch nicht zufrieden war. Susan hatte trotz aller Abgehobenheit und gelegentlicher Versponnenheit eine geradezu unheimliche Fähigkeit, Blödsinn zu erkennen. Vor allem, wenn er von mir kam.
Sie sah mich an. »Erzählst du mir auch alles?«
Ich fragte sie im Gegenzug: »Erzählst du mir alles? Über Frank und dich?«
Sie blickte mir in die Augen und erwiderte: »Das habe ich getan. Ich habe dir gesagt, dass ich ihn geliebt habe und dass ich ihn getötet habe, weil er mir sagte, es wäre vorbei und dass er mich nur benutzt hätte, aber niemals geliebt, und dass er mit Anna nach Italien gehen wollte. Und ich habe dir auch erzählt, dass ich ihn nicht unseretwegen getötet habe - das war eine Lüge. Was soll ich dir denn sonst noch sagen?«
Ich holte tief Luft und erwiderte: »Nichts.« »Erzählst du m ir alles?«, fragte sie erneut.
Wir standen eine Weile schweigend da, und mir wurde klar, dass der Zeitpunkt gekommen war. Eigentlich hatte ich nie vorgehabt, ihn kommen zu lassen, aber diese Sache machte mir mehr zu schaffen, als mir bewusst war, und sie war ehrlich zu mir gewesen, deshalb musste ich es genauso halten, und wenn sie schlecht darauf reagierte, dann würden wir beide etwas Neues übereinander erfahren.
Ich schlug vor, dass wir uns setzen sollten, aber sie blieb stehen, deshalb tat ich es ihr gleich. »Na schön ... «, sagte ich, »hier kommt der fehlende Teil - hier kommt der Grund dafür, weshalb Anthony die Beherrschung verloren hat: Ich habe ihm erzählt, dass du und sein Vater verliebt wart und dass ihr beide vorgehabt habt, eure Familien im Stich zu lassen und gemeinsam nach Italien zu gehen. Er hat mir nicht
geglaubt und darauf beharrt, dass sein Vater bloß - ich zitiere - aus Jux und Tollerei mit dir gefickt hat. Aber ich habe ihn davon überzeugt, dass sein Vater bereit war, zu seiner Frau und seinen Söhnen arrivederci z u sagen.«
Sie nickte, und ich hätte es dabei belassen können, weil es Anthonys jähen Sinneswandel gegenüber John Sutter erklärte, dem Überbringer unerwünschter Nachrichten. Aber da ich nun schon mal angefangen hatte, musste ich es auch zu Ende bringen. »Es kommt noch mehr. Und es ist etwas, das du nicht hören willst.«
»Daran bin ich inzwischen gewöhnt.«
»Na schön.« Und so erzählte ich ihr das, was ich am Sonntag bereits Anthony erzählt hatte - dass Frank Bellarosa angeboten hatte, mir jeden Gefallen zu tun, soweit das in seiner Macht stünde, weil ich ihm das Leben gerettet hatte. »Der Gefallen, um den ich ihn bat, war ... dir zu sagen, dass es aus wäre, Susan, und dass er dich nie geliebt, dass er dich nur benutzt hätte, um an mich ranzukommen, und dass er dich nicht nach Italien mitnehmen würde.« Nach einer kurzen Pause fügte ich hinzu: »Offensichtlich hat er das getan. Für mich.«
Ich schaute sie an, und sie erwiderte meinen Blick. Ich sah, dass es ihr schwerfiel, meine Worte zu begreifen, aber ihr schien klarzuwerden, dass alles, was Frank Bellarosa in dieser Nacht zu ihr gesagt hatte, aus meinem Mund gekommen war und nicht aus seinem Herzen. Und dass sie deshalb den Mann erschossen hatte, den sie liebte und der sie immer noch lieben würde.
Susan setzte sich auf die Couch und starrte mit ausdrucksloser Miene die Wand an.
Ich sagte zu ihr: »All das habe ich Anthony erzählt - dass sein Vater ihn, seine Mutter und seine Brüder verlassen wollte und dass er es nur deshalb nicht tat, weil er mir sein Leben verdankte. Ich hätte es Anthony nicht sagen müssen, aber ... ich war wütend auf ihn und wollte ihm bewusst machen, dass sein geheiligter Vater nicht nur ein Regierungsspitzel war, sondern außerdem gar kein so toller Papi und Ehemann.« Außerdem wollte ich Anthony von Susan auf mich ablenken, aber wenn ich das sagen würde, klänge es eigennützig, also schloss ich: »Deswegen ist Anthony ausgerastet und hat mir gedroht.«
Susan starrte weiter gegen die Wand, sodass ich ihre Miene nicht deuten konnte.
Ich musste ihr jetzt etwas sagen, das ich
Weitere Kostenlose Bücher