Nelson DeMille
Gebäckstück in den Mund, tunkte dann die Finger in seine Fingerschale und wischte sie an einer Leinenserviette ab. Er kaute versonnen, schluckte und sagte schließlich: »Da Mrs Allard im Pförtnerhaus wohnt und Mrs Sutter im Gästehaus, habe ich das Gefühl, dass es mir an Privatsphäre fehlt. Verstehen Sie?«
»Sie haben rund achtzig Hektar von einer Mauer umgebenen Grund und Boden, Mr Nasim«, erinnerte ich ihn. »Wie viel Privatsphäre brauchen Sie denn?«
»Ich genieße meine Privatsphäre«, erklärte er. »Außerdem könnte ich das Pförtnerhaus für mein Personal nutzen, und ich würde auch das Gästehaus gern für meine eigenen Zwecke verwenden.«
Ich antwortete nicht.
»Ich wollte den Besitzern des Gästehauses ein Angebot für das Gebäude und die vier Hektar Land machen, als ich plötzlich erfuhr, dass Mrs Sutter das Grundstück erworben hatte. Folglich habe ich ihr ein sehr großzügiges Angebot gemacht, doch sie hat abgelehnt. Sehr höflich, sollte ich vielleicht hinzufügen, aber dennoch hat sie abgelehnt.«
»Machen Sie ihr ein besseres Angebot.«
»Das würde ich ja, ich nehme Sie beim Wort, und demnach steht das Grundstück nicht zum Verkauf, zu keinem Preis. Natürlich hat alles seinen Preis, aber ...«Er schaute mich an und sagte: »Sie hat mir erklärt, dass es ihr Zuhause sei, mit vielen Erinnerungen verbunden, ein Ort, an dem Ihre Kinder aufgewachsen sind, zu dem sie zu Besuch kommen können, und ... nun, ein Ort, den sie mit einer schönen Zeit in ihrem Leben verbindet... Und natürlich ist es ein Teil dieses Anwesens - Stanhope Hall, wo sie aufgewachsen ist. Und deshalb gedenkt sie hier zu bleiben, sagte sie, bis sie stirbt.«
Ich antwortete nicht, dachte aber, dass es damit zwei Menschen in der Gegend gab, die nichts dagegen hätten, wenn Susan tot wäre. Schließlich sagte ich: »Das klingt nach einem ziemlich eindeutigen Nein.«
Mr Nasim zuckte die Achseln. »Wenn die Menschen älter werden - nicht dass Mrs Sutter alt ist. Sie kommt mir ziemlich jung vor. Doch die Menschen werden im Laufe der Jahre nostalgischer und haben daher den Wunsch, die Stätten ihrer Jugend noch einmal aufzusuchen, oder sie hängen an einem bestimmten Gegenstand oder Ort. Sie verstehen schon. Und das kann zu einem gewissen Starrsinn führen und möglicherweise auch zu irrationalen Entscheidungen.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Mr Nasim?«
»Nun, ich habe mich gefragt, ob Sie ihr v ielleicht gut zureden könnten.«
»Ich konnte ihr schon nicht gut zureden, als wir noch verheiratet waren.« Er lächelte höflich.
»Wir reden nicht miteinander«, fuhr ich fort. »Und ich habe nicht vor, sie auf dieses Thema anzusprechen.«
Er wirkte enttäuscht, sagte aber: »Nun, ich hielt das für eine gute Idee meinerseits, sehe jedoch ein, dass es keine war.« »Fragen kann ja nichts schaden.«
»Nein.« Er wechselte zu einem anscheinend wichtigeren Thema. »Sie haben Ihr Rangeenak nicht gegessen.«
Aus lauter Höflichkeit stopfte ich mir eins der Datteldinger in den Mund, säuberte meine Finger in dem Rosenblütenwasser, trocknete sie ab und sagte: »Nun ja, ich will Sie nicht auf die Mietfreiheit festnageln, aber ich brauche für diesen Zeitraum eine Bleibe.«
Er winkte ab. »Ich stehe zu meinem Wort. Ohne irgendwelche Bedingungen.« Das hatte Frank auch immer gesagt.
Meine geschäftlichen Angelegenheiten waren damit erledigt, und ich wollte nicht aufgefordert werden, zu bleiben und zu beten, deshalb schickte ich mich zum Gehen an, doch er sagte: »Mein Angebot an Mrs Sutter belief sich auf vier Millionen Dollar. Weit mehr, als die Immobilie wert ist, und mehr als doppelt so viel, wie sie vor ein paar Monaten dafür bezahlt hat. Ich wäre bereit, jemandem eine zehnprozentige Provision zu bezahlen, wenn diese Person den Kauf ermöglichen würde.«
Ich stand auf. »Diese Person bin ich nicht. Vielen Dank -«
Er stand ebenfalls auf und erwiderte: »Nun, das können Sie nicht wissen. Denken Sie an diese Unterredung, falls Sie mit ihr sprechen.«
Ich wurde ein bisschen ungehalten und sagte schroff: »Mr Nasim, was in aller Welt bringt Sie auf den Gedanken, dass ich auch nur den geringsten Einfluss auf meine Exfrau habe?«
Er zögerte kurz, bevor er erwiderte: »Sie hat sehr wohlwollend von Ihnen gesprochen, und daher nahm ich an ... Ich begleite Sie zur Tür.«
»Ich finde selbst raus. Ich kenne mich hier aus.«
»Natürlich. Und Sie wollten mir etwas über Geschichte dieses Hauses erzählen.«
»Vielleicht
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