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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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Böden - zweifellos Perser -, und ironischerweise war damit auch ein Großteil der Böden von Stanhope Hall ausgelegt gewesen, als William und Charlotte noch hier wohnten.
    Als ich das Haus zum letzten Mal gesehen hatte, stand es bis auf ein bisschen Krimskram hier und dort leer; Susan und ich hatten in ein paar Zimmern unsere Sportausrüstung, scheußliche Geschenke und Susans Kindermöbel verstaut. Außerdem entsann ich mich, dass ein paar Überseekoffer voller Kleidung herumgestanden hatten, die den längst verstorbenen Stanhopes beiderlei Geschlechts gehört hatte. Diese Klamotten stammten aus sämtlichen Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts, und Susan und ich zogen manchmal historische Kostüme an - wir bevorzugten beide die wilden Zwanziger - und benahmen uns albern.
    Mr Nasim sagte zu mir: »Ich nehme an, Sie kennen die Geschichte dieses Hauses.«
    Sein Englisch war gut, offensichtlich von jemandem gelernt, der mit britischem Akzent sp rach. »Jawohl«, erwiderte ich.
    »Gut. Sie müssen mir etwas über die Geschichte erzählen.« »Wenn Sie wollen.«
    Wir kamen zur Bibliothek, wo Mr Nasim beiseitetrat und mich durch die Doppeltür winkte.
    Die Wandtäfelung und die Bücherregale sahen noch genauso aus, wie ich sie in Erinnerung hatte, aber das neue Mobiliar war leider in einem richtig schlechten französischen Stil gehalten, weiß und golden, Inventar, wie man es auf den Reklameseiten der Sonntagszeitschriften für hundert Dollar und mit niedrigen Monatsraten angeboten bekommt.
    Mr Nasim deutete auf zwei Sessel beim Kamin, die mit babyblauem Satin bezogen waren und zwischen denen ein weißer Kaffeetisch mit gebogenen Beinen stand. Ich setzte mich in einen der unbequemen Sessel, und Mr Nasim nahm mir gegenüber Platz. Ich bemerkte, dass die Bücherregale nahezu leer waren und es sich bei den wenigen vorhandenen Werken größtenteils um überdimensionale Kunstbücher handelte, wie sie Innenausstatter meterweise verkaufen.
    Außerdem fiel mir auf, dass Mr Nasim keine Klimaanlage angeschafft hatte, sondern dass ein Standventilator die warme feuchte Luft in der großen Bibliothek umwälzte. Auf dem Tisch stand ein silbernes Tablett, auf dem klebrig aussehendes Gebäck aufgetürmt war. Mein Gastgeber sagte zu mir: »Ich mag englischen Tee, aber ich ziehe persische Süßwaren Gurkensandwiches vor.«
    Ich registrierte, dass er »persisch« sagte und nicht »iranisch«, was seit der islamischen Revolution, der Geiselnahme von 79 und den anschließenden Meinungsverschiedenheiten zwischen unseren Ländern einen negativen Beiklang hatte.
    Mr Nasim zückte sein Handy, drückte auf die Schnellwahltaste und sagte etwas auf Farsi. Nach zwei Sätzen legte er das Telefon beiseite und wandte sich mit einem Lächeln an mich: »Die Hightech-Version der Dienstbotenglocke. Der Tee kommt in Kürze« - nur für den Fall, dass ich dachte, er hätte die Revolutionsgarden gerufen, damit sie mich als Geisel nahmen.
    Er lehnte sich in dem Satinsessel zurück und fragte: »Welchem Umstand verdanke ich die Ehre dieses Besuches, Mr Sutter?«
    Ohne mich für mein unangekündigtes Auftauchen zu entschuldigen, erwiderte ich: »Zunächst einmal wollte ich Ihnen Bescheid sagen - persönlich und offiziell -, dass ich im Pförtnerhaus wohne.«
    »Danke«, sagte er und fügte höflich hinzu: »Vielleicht hätte ich Sie besuchen sollen.«
    Aufgrund meiner begrenzten Erfahrung mit Arabern, Pakistanis und Iranern in London wusste ich, dass sie unter zwei Kategorien fielen: diejenigen, die den Briten nacheiferten, und andere, die das unter keinen Umständen wollten. Mr Nasim schien bislang eher der ersteren Gruppe anzugehören, nach dem Motto: »Sehen Sie, wie westlich ich bin? Mache ich das richtig?«
    »Ich bin derjenige, der auf Ihrem Grund und Boden wohnt«, erklärte ich, »deshalb sollte ich Sie besuchen. Was mich zu einem weiteren Anlass meines Besuches führt. Ich habe Mrs Allard vor ein paar Tagen im Hospiz besucht, und ich glaube, ihr bleibt nicht mehr viel Zeit.«
    Er wirkte ehrlich überrascht und erwiderte: »Das wusste ich nicht. Ich dachte ... nun, ich bedaure diese Nachricht.«
    »Wenn sie stirbt, erlischt, wie Sie sicher wissen, auch ihr lebenslanges Wohnrecht.«
    »Ja, das weiß ich.«
    Er wirkte nach außen hin nicht allzu begeistert darüber, dass er schon bald seinen Besitz zurückbekam, aber er hatte natürlich gewusst, dass dieser Tag kommen würde, und mit Sicherheit bereits die entsprechenden Pläne geschmiedet. Ich schloss

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