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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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seiner Situation gewesen wäre und die Dinge sich tatsächlich so abgespielt hatten, wie er behauptete, und wenn ich hilflos hätte miterleben müssen, wie in meiner unmittelbaren Nähe ein Mensch ermordet wurde. Gab es etwas Grausameres? Dennoch gelangte ich zu der Überzeugung, dass meine Blase dieser Erfahrung sehr wohl Stand gehalten hätte. Neben mir hätte ein ganzes Massaker stattfinden können, ohne dass ich mir diese, mich selbst zutiefst demütigende Blöße gegeben hätte! Carl, diese jämmerliche, dicke Wanze, war mir zutiefst zuwider. Wenn nicht er der Mörder war, aus welchem Grund hätte der Killer ihn verschonen sollen? Es wäre so leicht gewesen, ihn gleich mit zu töten, und wenn ich in der Haut eines perversen, blutgeilen Mörders gesteckt hätte, dann hätte ich mir die Wonne, ihm ein paar seiner widerlichen Speckschwarten vom Leib zu schälen, auf keinen Fall entgehen lassen. Der einzige Grund, der in meinen Vorstellungen Platz fand und dazu hätte führen können, dass der Mörder diesen hässlichen, stinkenden Kerl am Leben gelassen hatte, war der, dass er wollte, dass es einen Zeugen gab. Carl hatte uns sehr drastisch beschreiben können, was geschehen war, ohne jemanden direkt zu erkennen. Und seine Panik hatte etwas sehr Ansteckendes. Wer auch immer dieser Killer sein mochte, er oder sie konnte nicht vollkommen irrsinnig sein. Die Morde waren bis ins Detail geplant, und wir standen wahrscheinlich die ganze Zeit unter genauer Beobachtung.
    Ein harter, bitter schmeckender Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich legte den Kopf in den Nacken, drehte mich langsam um die eigene Achse und suchte die Decke über mir systematisch und genau nach etwas Verdächtigem ab. Kameras, schoss es mir durch den Kopf. Ob es hier irgendwo versteckte Kameras gab? Ob der Mörder sich irgendwo in den Irrgängen unter der Burg oder in einer abgelegenen Kammer verschanzt hatte und via Laptop jeden Schritt und jede Geste, die einer von uns machte, mitverfolgte, vielleicht jedem Wort, das gesprochen wurde, lauschte, vor einer ganzen Videowand breitbeinig in einem riesigen Fernsehsessel lungerte und sich von der immer stärker um sich greifenden Panik in diesen düsteren Gemäuern sabbernd erregen ließ, während er mit einem Rest von Verstand seinen nächsten Orgasmus in Form eines weiteren, grauenvollen Mordes plante?
    Ich wandte mich wieder dem am Boden kauernden Wirt zu. Mein Blick streifte die blutverschmierte Waffe in meiner Hand, mit der ich ihn wenige Sekunden zuvor noch regelrecht zu foltern gewillt gewesen war. Wer war hier eigentlich der Perverse? Der Mörder oder ich?
    »Im Grunde mag ich auch keine Comedys«, erklärte Carl in unterwürfigem Tonfall. Er, dachte ich. Carl war der Perverse. Sein devotes Gestammel kotzte mich an.
    Ich konnte ihn mir bildlich in Lacklederpants vorstellen, mit einem hinter einer schwarzen, hauteng anliegenden Maske, die nur Augen und Mund freiließ, verborgenen Gesicht und mit einem nietenbesetzten Halsband, von dem eine Leine zu seiner Domina reichte. Ich war nicht sicher, ob sein Anblick in der Realität wirklich angenehmer war. »Die bringen immer wieder dasselbe und machen sich über Leute lustig, die sich nicht wehren können.« Der Wirt lachte ein unechtes, nervöses Lachen.
    Seine Pupillen irrten hektisch hin und her, scheinbar war er unschlüssig, in welche Richtung er sich gleich wenden sollte, wenn er endlich die Courage aufbrachte, aufzuspringen und vor mir zu flüchten. »Das ist nicht wirklich mein Niveau, weißt du«, sprudelte er hervor. »Ich war früher sehr aktiv in der Friedensbewegung, war auf der großen Demo gegen den Natodoppelbeschluss in Bonn.
    Die im Dorf haben dazu immer ja und amen gesagt.
    Haben mich für verrückt gehalten. Deren Welt ist so groß wie ein Kuhfladen, was außerhalb des Dorfes passiert, interessiert die nicht. Aber ich habe mich immer engagiert ...«
    »Glaubst du ernsthaft, dass mich das alles interessiert?«
    Ich griff nach der Rolle mit dem Klebeband, das Stefan auf der Arbeitsplatte abgelegt hatte, nachdem er den Wirt an den Stuhl gefesselt hatte. »Wenn du mich weiter so zuschwallst, dann werde ich dir das Maul stopfen. Für Heuchler wie dich habe ich nichts übrig«, sagte ich trocken. Es waren die ehrlichsten Worte, die ich hervorgebracht hatte, seit Judith und Ellen mich mit Carl allein gelassen hatten. »Steh auf.«
    »Aber ... ich ... was ...«, stammelte Carl hilflos.
    »Steh auf«, wiederholte ich ruhig, aber mit deutlichem

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