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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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unkontrolliert austretenden Körperflüssigkeiten zu quälen. »Ich tue alles, was ihr sagt«, heulte Carl. »Bitte!«
    »Dreh dich um«, befahl ich ungerührt.
    Carl setzte zu einem Widerspruch an, überlegte es sich nach einem weiteren, sehr intensiven Blick auf die stählerne Klinge in meiner Hand aber anders, rappelte sich langsam wieder auf und legte gehorsam die Hände auf den Rücken. Sein Verhalten erinnerte mich an das eines Tieres, das die Aussichtslosigkeit seiner Situation erkannt hatte, dem Gegner seine Kehle hinstreckte und auf die Gnade des Stärkeren hoffte. »Bitte ... du wirst mich doch nicht ... Mach es nicht wie mit Ed«, stammelte der Wirt.
    Ich neigte dazu, ihm zumindest was den Ablauf des Mordes an Ed anging zu glauben. »Schneid mir nicht von hinten die Kehle durch, ich ...«
    »Streck die Arme nach hinten«, seufzte ich. So plötzlich und streng genommen grundlos, wie der Hass in mir aufgekeimt war, verrauchte er in diesem Augenblick wieder. Auf einmal schämte ich mich für mich selbst, aber mein Stolz ließ nicht zu, Carl das spüren zu lassen oder mich gar zu entschuldigen, sodass ich grob nach seinen Handgelenken griff, das Klebeband ein wenig straffer als unbedingt nötig darum wickelte und ihn grob an der Schulter gepackt zu mir herumdrehte. »Vorwärts«, sagte ich und versetzte ihm einen groben Stoß, der ihn auf die Küchentür zutaumeln ließ. »Wir gehen zu den Frauen nach oben.«
    »Es war das Gold, Frank«, schluchzte Carl, während er mit unsicheren Schritten und sichtbar zitternden Knien aus dem Raum und auf die Treppe zuging, die ins Obergeschoss hinaufführte. Nahezu im Rhythmus seiner Schritte warf er ängstliche Blicke über die Schulter zu mir zurück, wohl um zu kontrollieren, ob ich von hinten mit der Klinge ausholte, um sie ihm feige zwischen die Schulterblätter zu jagen. Obwohl mir vollkommen klar war, das ich mir gerade in der Küche denkbar große Mühe gegeben hatte, wie ein Psychopath zu wirken (und mich für eine kleine Weile sogar so gefühlt hatte), war ich nun fast beleidigt, dass er mir offenbar einen so feigen, hinterhältigen Akt zweifellos zutraute. »Es macht die Leute verrückt«, versuchte der Wirt sich zu rechtfertigen. »Ich verstehe selbst nicht, wie ich so durchdrehen konnte. Ich habe seit Jahren von diesem Schatz geträumt. Seit ich mich um die Burg kümmern darf, habe ich in den Kellern danach gesucht. Es ist wie ... wie eine Art Besessenheit. Weißt du, das war nicht wirklich ich, der euch im Keller so mies behandelt hat... Ich bin einfach durchgedreht. Aber das wird nicht wieder vorkommen. Ich habe mich jetzt völlig unter Kontrolle ...«
    »Halt's Maul!« Mein Blick fiel ein weiteres Mal angeekelt auf die besudelte Hose des Wirtes. Er hat sich unter Kontrolle, dachte ich zynisch. Natürlich hatte er das. Er hatte sich in die Hose gepinkelt vor Angst, und aus seinen Nasenlöchern rann noch immer unkontrolliert der Rotz über seine Oberlippe, sodass ich fast fürchtete, sie würde in absehbarer Zeit von seinem Kinn auf die Treppenstufen hinabtropfen, wenn er sich nicht bald wahlweise zusammenriss oder das Kunststück fertig brachte, sich trotz seines Doppelkinns die Nase am Ärmel oder an der Schulter abzuwischen. Jeder Zwei-jährige hatte sich besser unter Kontrolle als dieser fette Kneipenpächter! Hätte ich mich nicht so sehr davor geekelt, ihn ein weiteres Mal zu berühren, hätte ich ihm einen groben Stoß in den Rücken versetzt, um ihn die Treppe ein wenig schneller zurücklegen zu lassen, so groß waren meine Abscheu, die in diesen Sekunden erneut zu voller Pracht in mir aufblühte, und die Hassgefühle, die ich vermeintlich gerade erst wieder in den Griff bekommen hatte. Wir sollten zusehen, dass wir schleunigst nach oben kamen, damit ich die Verantwortung für diesen widerwärtigen Kerl auf Ellen abschieben konnte, die sie mir auf ihre dominante Art und Weise schließlich auch ungefragt aufs Auge gedrückt hatte. Ich musste ihn loswerden, so schnell wie möglich, denn ich registrierte erneut und voller Entsetzen, wie sehr ich meine Rolle des grausamen Menschenschinders genoss.
    Der Wirt war ein Mistkerl, das stand völlig außer Frage.
    Aber was war ich, zum Teufel noch mal, dass ich mich nicht nur aufspielte wie ein herzloser Folterknecht, sondern mich dabei auch noch besser fühlte, als ich mich fühlen wollte? Hatte diese Neigung schon immer in mir geschlummert, oder war es etwas, das irgendwo tief in jedem von uns ruhte und nur

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