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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte, und auch die, mit der Ed vor Carls Augen (vielleicht durch seine eigenen Hände?) ermordet worden war – ihn nun gegen den Wirt selbst zu richten, würde eine mehr als deutliche Sprache sprechen. Wenn es etwas Interessantes gab, was er uns bislang verschwiegen hatte (und mein Gefühl sagte mir, dass es jede Menge Dinge gab, die der dicke Althippie uns vorenthalten hatte), dann würde ich ihn nun zum Reden bringen. Wir waren unter uns.
    Ein eisiger Schauer durchfuhr mich, als ich mich nach der Waffe bückte und sie an mich nahm. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen, sodass ich ein weiteres Mal gegen den Brechreiz ankämpfen musste. Mir war, als würde ich etwas Verbotenes, Unmoralisches, mehr noch, etwas unglaublich Schreckliches tun. Dieses gottverdammte Ding hatte zwei Menschenleben ausgelöscht, und für einen winzigen Moment hatte ich das Gefühl, als würde die eisige Kälte des rasierklingenscharf geschliffenen Metalls, durch meine Fingerspitzen hindurch, auf meinen Kreislauf übergreifen und sich wie eine eisige Klaue um mein Herz legen, um es zu Eis erstarren zu lassen. Ich selbst würde dann vermutlich ungewollt zu einer blutrünstigen Bestie mutieren, aber diese Befürchtung, beruhigte ich mich selbst in Gedanken, war nur Teil des ganz normalen Wahnsinns, der infolge der Schrecken der vergangenen Stunden langsam Besitz von mir ergriffen hatte. Ihn nicht zu verspüren, wäre wahrscheinlich ein bedenklicheres Zeichen gewesen, als ihm vielleicht irgendwann zu erliegen. In meiner Situation wäre ich eher unnormal gewesen, wenn ich normal geblieben wäre. Es ist nur ein Stück Stahl, redete ich mir selbst gut zu, nichts als ein bisschen Metall, das nicht die Macht über dich hat, sondern über das du umgekehrt deine Macht spielen lassen kannst. Ich durfte nicht zulassen, dass ich mich mit meinen verrückten Gedanken in die Verlegenheit brachte, mich letztlich selbst mehr vor dieser Waffe zu fürchten als sie Carl beeindruckte, dem ich mit ihrer Hilfe das eine oder andere düstere Geheimnis entlocken wollte. Und wenn ich mich schon vor diesem bescheuerten Messer in meiner Hand ängstigte, dann durfte ich mir das wenigstens nicht anmerken lassen. Carl war ein grandioser Schauspieler, wie er da schlotternd vor mir saß und wortlos, mit verängstigtem Blick um Mitgefühl schnorrte. Ich musste besser sein.
    Prüfend strich ich mit dem Daumen über die wirklich erstaunlich scharfe Klinge. »Scharf genug für eine Rasur«, murmelte ich so leise, dass man glauben musste, ich spräche mit mir selbst, aber auch gerade laut genug, dass Carl meine Worte auf jeden Fall verstand.
    »Sehr witzig!« Carls Stimme war kaum lauter als die meine, hatte aber einen schrillen Klang. Er zog die Hand, die er noch immer in meine Richtung gehalten hatte, erschrocken zurück, presste sich mit dem Rücken gegen die alten Spanholzmöbel der schlichten Einbauküche und beäugte mich misstrauisch.
    »Dann bringen wir die Sache mal zu Ende«, sagte ich, zuckte resignierend mit den Schultern, trat seufzend auf ihn zu und baute mich vor ihm auf. Dann musterte ich ihn mit schräg gelegtem Kopf und einer hochgezogenen Augenbraue, als sei ich unschlüssig, an welcher Stelle ich den ersten Schnitt setzen sollte.
    Der dicke Wirt riss ungläubig die Augen auf und schnappte japsend nach Luft. »Du machst doch wohl Spaß ... nicht wahr?« Carl brach in ein kurzes, hysterisches Gelächter aus. »Klasse ...«, stammelte er. »Ich mag Leute mit Humor. Ich ... ich lass' keine Comedy-Sendung aus. Magst du auch Comedys, Frank?«
    Ich blickte kurz zur Küchentür. Judith und Ellen waren längst im Obergeschoss verschwunden. Ich achtete darauf, den Kopf schnell genug wieder in seine Richtung zu drehen, dass er mein zufriedenes, scheinbar nur an mich selbst gerichtetes Lächeln noch erhaschen musste, ehe es zu einer eisigen Maske erstarrte, als ich ihn wieder ansah.
    Der Wirt sollte mich ruhig für irrsinnig halten; das machte mich in seinen Augen ein bisschen unberechenbarer.
    Carl fuhr sich mit seiner fleischigen Zunge über die Lippen. Sie erinnerte mich an einen fetten Wurm, der sich zwischen zwei Sandwichscheiben hindurchzwängte.
    Außerdem stank er inzwischen wirklich bestialisch. Aus so unmittelbarer Nähe war seine Gegenwart kaum mehr zu ertragen. Er hatte sich also in die Hose gepisst, als Ed neben ihm ermordet worden war! Einen kleinen Augenblick lang dachte ich darüber nach, ob es mir selbst vielleicht ähnlich ergangen wäre, wenn ich in

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