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Nemesis 06 - Morgengrauen

Nemesis 06 - Morgengrauen

Titel: Nemesis 06 - Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
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davon gemerkt.
    Dann aber zeigte sich deine abweichende Entwicklung ...
    Ich muss gestehen, ich war fasziniert von dir. Deshalb wurde das Nervengas nicht eingesetzt. Doch nun ist die Faszination dem Grauen gewichen. Es war die richtige Entscheidung, euch zusammenzurufen, um euch zu töten.
    Nicht auszudenken, wenn du deine Aggressionen unter Menschen ausleben würdest.«
    Der bittere Geschmack auf meiner Zunge wurde noch eine Spur unappetitlicher, als ich feststellte, dass Sänger, wenn es denn stimmte, dass ich Ed, Stefan und Maria auf dem Gewissen hatte, deren Menschsein verleugnete, aber ich versuchte, nicht an solcherlei irrelevanten Gedanken hängen zu bleiben und dem Alten weiter zuzuhören.
    »In gewisser Weise ergeht es mir mit dir, wie es Aristoteles mit Alexander ergangen ist«, behauptete Sänger.
    »Alexander sollte der vollkommene König werden. Nach dem staatsphilosophischen Ansatz von Aristoteles ist das Königtum durch einen gerechten und weisen Herrscher die beste aller denkbaren Regierungsformen. Doch Alexander wurde zu einem trunksüchtigen Tyrannen, der sogar seine Freunde ermordete. Du solltest der neue Mensch werden, gesegnet mit einer telepathischen Begabung, solltest zum Werkzeug des Friedens auf dieser Welt werden. Stattdessen bist auch du zum unberechenbaren Mörder geworden, zu einer Gefahr für die Allgemeinheit. Deshalb verurteile ich dich zum Tode. Doch bevor du stirbst, sollst du noch sehen, welche Verbrechen du begangen hast.« Der Alte blickte auf seine schwere Armbanduhr. »Es sollte jetzt der Zusammenschnitt der verschiedenen Videoaufzeichnungen aus der Burg fertig sein.«
    Ich konnte nicht glauben, was meine Ohren mir weiszumachen versuchten. War der Alte jetzt vollkommen irre geworden?
    »Sie sind doch nicht mein Richter!«, schnappte ich empört. »Wie können Sie nur –«
    »Sorgt bitte dafür, dass er sich das Videoband auf jeden Fall ansehen wird«, fiel Sänger mir, an die beiden Pfleger gewandt, ins Wort und stand auf. »Bereiten Sie auch die Injektion des Muskelrelaxans vor.«
    Ehe ich auch nur versuchen konnte, mir auszumalen, was um Himmels willen wohl ein Muskelrelaxans war, traten die beiden bulligen Pfleger an die Bahre heran, und ein metallisches Geräusch erklang. Ich konnte nicht sehen, was hinter meinem Kopf vor sich ging. Dann schnallten sie ohne Vorwarnung einen Lederriemen um meine Stirn und richteten meinen Kopf leicht auf. Etwas rastete klirrend ein, und als sei das nicht schon mehr, als ein Mensch mit einem letzten Rest von Würde ertragen konnte, spreizte einer der beiden schließlich mit seinen fleischigen Fingern weit meine Augenlider, und etwas unangenehm Kühles wurde darauf gesetzt.
    Ich konnte meine Augen nicht mehr schließen!
    »Was –«, entfuhr es mir fassungslos.
    »Es besteht kein Anlass zur Sorge. Es wurde lediglich dein Kopf fixiert und ein Lidspreizer eingesetzt«, erklärte der Professor gelassen. »Ich möchte, dass du dir den Film in Ruhe ansiehst und keine Möglichkeit zum Wegschauen hast. Weißt du, nachdem wir uns so lange kennen, möchte ich, dass du verstehst, warum ich keine andere Möglichkeit habe, als dich unter extremen Sicherheitsvorkehrungen hinrichten zu lassen. Dein Mord an Doktor Schmidt und Schwester Carla hat mich in diesem Entschluss endgültig bestärkt. Wenn du das Video gesehen hast, wirst du das verstehen, Frank. Zunächst hatte ich gedacht, man könnte dir die wenigen Tage, die du noch zu leben hast, so angenehm wie möglich gestalten, aber deine unberechenbaren Anfälle machen das leider unmöglich. Du bist eine Gefahr für jeden, der sich in deine Nähe begibt. Deshalb endet dein Weg nun hier. Du sollst wissen, dass ich dies ohne Hass gegen dich entscheide. Im Gegenteil: Es bricht mir das Herz, doch ich trage Verantwortung für alle anderen hier, und es darf keine weiteren Toten mehr geben.«
    Eine Welle nackter Panik griff nach mir. Ich wollte etwas antworten, doch meine Kehle war wie zugeschnürt.
    »Was wird mit mir ...«, brachte ich schließlich stockend hervor, während ein Teil tief in mir mich zynisch für diese herzerfrischend dämliche Frage beglückwünschte. Hatte Sänger mir nicht gerade ziemlich unmissverständlich erklärt, dass er mich notschlachten wollte?
    »Du wirst dir die Aufzeichnungen all deiner Morde aus dieser Nacht ansehen«, antwortete Sänger. »Es wird dir helfen, mich zu verstehen.«
    Irrsinn, schoss es mir durch den Kopf. Das war doch alles nichts als gottverdammter Schwachsinn! Ich

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