Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Titel: Neobooks - Das Leben in meinem Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
Vom Netzwerk:
einer Geste, die so altmodisch und steif wirkt, dass ich sie sofort bereue, bedeute ich Sarah den Vortritt.
    »Oh, ein Gentleman! Wie schön, dass es euch noch gibt«, sagt sie und nickt mir zu, bevor sie sich vor mir durch den Eingang schiebt. 
    Mit dem Überschreiten der Türschwelle löst sich die Ruhe des Morgens schlagartig auf. In der Halle herrscht hektische Betriebsamkeit. Kabel werden verlegt und mit Klebeband fixiert. Dekorateure, mit Nägeln und Sicherheitsnadeln zwischen den Zähnen und Hämmern und Bohrern in den Händen, arbeiten fieberhaft daran, den Kulissen ihren letzten Schliff zu verpassen. Der Ruf nach einem Akkubohrer schallt durch den Raum. Auch die Lichttechniker experimentieren offenbar noch. Sie beleuchten das kleine Café und die angrenzende Kulisse eines Krankenhauszimmers in immer wieder wechselnden Farbstimmungen. Eine winzige Frau schiebt die Stange mit den Kostümen an uns vorbei und beginnt damit, die Kleiderbügel an die Türklinken der entsprechenden Garderoben zu hängen. Komparsen erhalten ihre Anweisungen und tuscheln aufgeregt, als sie Sarah erspähen.
    Die Gerüche wechseln fast von Meter zu Meter, ähnlich wie in einer Messehalle. Hier riecht es nach Kaffee, dort nach Holzstaub, ein wenig weiter nach dem frisch geputzten Laminatboden.
    Doch all das bemerke ich nur am Rande. Sarah geht es wohl genauso. Mit unserer Ankunft haben sich Schalter in unserem Kopf umgelegt. Hier, in diesen vier Wänden des Filmstudios, ist das hektische Treiben normal, hier fühlt es sich vertraut an und bietet sogar eine gewisse Geborgenheit.
    Seite an Seite bahnen wir uns den Weg zu unseren Garderoben und werden dabei immer wieder von dem einen oder anderen Mitglied der herumwirbelnden Crew begrüßt.
    Plötzlich steht Randy vor uns und sieht Sarah verschmitzt an. »Hey, da seid ihr ja.
Beide
… und pünktlich …«
    Die Anspielung auf ihre gestrige Verspätung bleibt Sarah nicht verborgen. Mit gespielter Empörung stützt sie die Hände in die Hüften. »Randy! Ich habe dir gesagt, dass ich normalerweise
immer
pünktlich bin. Ich bin Engländerin, schon vergessen?«
    Randy schiebt seine runde Brille zurück an die Nasenwurzel und legt lachend einen Arm um sie. »Keineswegs. Punkt fünf Uhr Tea time, nicht wahr?«
    Sie knufft ihn in die Seite. »Überleg dir, ob du dich ernsthaft mit mir anlegen willst. Du weißt, ich habe drei Brüder. Und
die
legen sich mittlerweile nicht mehr mit mir an.«
    Randy lässt von Sarah ab, als habe er sich die Finger an ihrem Rücken verbrannt. Es wäre schön, so unbefangen sein zu können wie er.
    Ich kann es
nicht
, wie mein folgender Satz beweist: »Und, was steht heute an?«
    Sofort wird der Gesichtsausdruck meines Freundes ernsthafter. »Also, passt auf! Wir machen erst einmal die Fotos, die der Sender haben will. Für eure Autogrammkarten und die anstehende Publicity brauchen die diese Aufnahmen wohl recht dringend. Das wird zwar einige Stunden in Anspruch nehmen, aber ich hoffe, wir kommen heute trotzdem schon dazu, die ersten Szenen mit John zu drehen. Für den Nachmittag ist er fest eingeplant, und unser Zeitplan ist recht straff. Die erste Szene, die ich mit euch beiden drehen will, ist die, in der
Ron
seine
Lea
wiederfindet und sie als Schützling auserwählt.
Leas
Krankenhauszimmer erhält gerade den letzten Schliff.«
    »Hm«, mache ich. »Klingt zwar nicht gerade nach einem Spaziergang im Park, aber ich denke, das ist zu schaffen.«
    »Denke ich auch!«, erwidert Sarah und schenkt Randy ein Lächeln.
    Filmaufnahmen können so schrecklich zeitaufwändig sein. Jede Kleinigkeit muss bedacht werden, und oftmals verbringen wir Schauspieler Stunden neben diskutierenden Regisseuren, ohne auch nur
einen
Satz unseres Textes zum Besten geben zu dürfen.
    Außerdem ist Randy ein Perfektionist sondergleichen. Er duldet keine Lichtstimmung, keine Kameraperspektive, keine einzige Farbe in den Dekorationen, Bühnenbildern oder Kostümen, wenn sie damit nicht exakt den Bildern in seinem Kopf entsprechen.
    Seine exzentrische Art ist bei den Crew-Mitgliedern gleichermaßen geschätzt wie gefürchtet, aber ich mag seine Arbeit und habe kein Problem damit, das Set als Randys uneingeschränktes Territorium anzuerkennen – mit allem, was dazugehört.
    »Also los, ab in die Garderoben mit euch!«, befiehlt er nun. Der Wandel in seiner Stimme ist nicht zu überhören. Kumpel adieu, Chef hallo!
    Noch einmal rückt Randy seine Brille zurecht und greift dann zu dem Megaphon, das

Weitere Kostenlose Bücher