Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
Aber meine erste Hauptrolle. Die wohl klassischste von allen.«
»Romeo.« Sarah seufzt den Namen von Shakespears Held und rollt verträumt mit den Augen.
»Bingo!«, rufe ich und freue mich, dass sie laut loslacht.
Als ihr fröhliches Glucksen verebbt, fasse ich mir ein Herz. »Darf ich dich auch etwas fragen?«, sage ich und versuche dabei, meiner Stimme einen tiefen, bedeutungsvollen Klang zu verleihen. Auch mein Blick wird viel tiefer als zuvor. Es funktioniert.
Sarah sieht mir in die Augen und schluckt. »Klar!«, presst sie hervor. Es klingt erfreulich unsicher.
Langsam und geheimnisvoll beuge ich mich über den Tisch. Sie kommt mir zögerlich entgegen, bis unsere Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt sind. Ich kann nicht sagen, was mich geritten hat, aber eine lange entbehrte Freude erfasst mich, als ich ihren stockenden Atem spüre. »Was …?«, haucht sie.
»Gibt es in England immer noch diese widerlichen, mit Fisch gefüllten Pasteten?«
Ein, zwei stille Sekunden verstreichen, in denen Sarah zunächst verwirrt blinzelt, bis sie plötzlich losprustet und ihre Bananenschale nach mir wirft. »Ich dachte, du würdest sonst was fragen, bei deinem Blick!«, ruft sie. »Und außerdem liebe ich diese Pasteten.«
Angewidert verziehe ich mein Gesicht. »Ernsthaft? Wie kann man so etwas essen? Das ist einfach abartig.«
Sarah kichert noch eine Weile, bis ich sie erneut aus der Fassung bringe. Dieses Mal allerdings völlig unbeabsichtigt. »Du hast Heimweh, nicht wahr?«, höre ich mich fragen und könnte mir im selben Moment dafür in den Hintern beißen.
Ihr Lachen verstummt schlagartig, lange sieht sie mich reglos an. Schließlich senkt sie den Kopf und blinzelt wieder einige Male, bevor sie nickt. »Ab und zu schon«, gesteht sie mit einem Schulterzucken, das alles andere als lässig wirkt.
Ich bereue meine Feststellung, seitdem sie über meine Lippen geschlüpft ist, und suche noch immer fieberhaft nach einem Wechsel des Gesprächsthemas. »Was denkst du, wie die Serie anläuft?«, frage ich schließlich.
Sarah mustert mich eindringlich, dann schüttelt sie den Kopf. »Entweder wird es ein Mega-Hit oder aber ein totaler Flop. Dazwischen kann ich mir beim besten Willen nichts vorstellen.« Der Aussage zum Trotz klingen ihre Worte absolut unbeschwert.
»Ist das denn nicht ein sehr großes Risiko für dich?«, frage ich vorsichtig.
»Sicher. Meine Agenten haben mir geschlossen davon abgeraten, in einer Serie zu spielen.« Sie schmunzelt. »Aber weißt du, für gewöhnlich folge ich meinem Herzen.«
»Ja, das kann ich sehr gut nachvollziehen«, erwidere ich.
Ein Scheppern donnert durch die Halle und lässt uns zusammenschrecken. Schnell wenden wir uns der Lärmquelle zu. Einer der großen Strahler ist beim Versuch, ihn umzuhängen, von der Traverse gefallen.
Randy tobt, und der arme Lichttechniker kommt gar nicht erst dazu, sich zu entschuldigen.
In diesem Moment wird mir bewusst, dass ich mich in dem Gespräch mit Sarah verloren hatte. Für wenige Minuten waren das wirre Treiben und der Lärm um uns herum völlig verschwunden. Ich hatte tatsächlich vergessen, wo wir uns befanden.
Gerade frage ich mich, ob es ihr wohl genauso ergangen ist, als sich Sarah mir wieder zuwendet, mich anlächelt und mit den Schultern zuckt.
Die vage Bewegung wirbelt den Duft ihrer Haare auf.
So anders
, durchfährt es mich, bevor mich Schuldgefühle erfassen, weil ich den Vergleich überhaupt erst zugelassen habe. Dennoch trudeln meine Gedanken weiter um ihren Geruch. Sarah riecht nach dem Frühling in Italien. Frisch und blumig, nach Rosen und Vanille. Auf einmal sehe ich nur noch ihre grünen Augen und die vollen Lippen. Als mir endlich bewusst wird, wie intensiv ich sie anstarre, wende ich erschreckt den Blick ab.
Die Stille zwischen uns hat mit einem Mal eine unangenehme Schwere.
Wie ein rettender Engel kommt Randy auf uns zu.
Nun ja, vielleicht doch eher wie ein Racheengel, denn sein Blick ist düster, und unter seinen wütenden Schritten scheint der Boden zu beben. »Habt ihr das gesehen? Dieser Irre! Maggie stand nur einen halben Meter neben der Aufschlagstelle.«
Mein Gesichtsausdruck entgleist. »Mag? Ist ihr …« Schon bin ich aufgesprungen. Randy drückt mich zurück auf meinen Stuhl. »Alles in Ordnung, Ben. Sie hat sich erschrocken, aber es geht ihr gut.« Er grinst. »Hab sie noch nie so schnell rennen sehen.«
Ich werfe ihm einen tadelnden Blick zu. In diesem Moment erscheint
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