Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
Undefinierbares, halbitalienisches Gemurmel. Ich blicke ihr kopfschüttelnd nach und lasse meine Gedanken zu dem Tag unserer ersten Begegnung zurückschweifen.
Alberta war die siebzehnte Kinderfrau, die sich bei Daniel und mir vorstellte. Streng genommen nur bei mir, denn Daniel war zu dieser Zeit mit Drehaufnahmen in Vancouver beschäftigt.
So sehr mir die Vorstellung damals zuwider war, mein Baby in die Hände einer fremden Frau zu geben, so sehr wusste ich, dass es keine Alternative gab. Das Schauspiel an den Haken zu hängen oder auf Eis zu legen war keine Option, und meine Eltern und Brüder lebten nach wie vor in England. Ich hatte Daniel bei gemeinsamen Dreharbeiten in L.A. kennengelernt und war danach bei ihm geblieben.
Ben hatte recht: Bis zum heutigen Tag fühle ich mich nicht so recht daheim in diesem Land, bis heute plagt mich hin und wieder das Heimweh, aber in den letzten Wochen meiner Schwangerschaft hatte die Sehnsucht nach England und meiner Familie fast unerträgliche Ausmaße angenommen.
Schweren Herzens machte ich mich auf die Suche nach einer Nanny.
Als Alberta unsere Türklingel betätigte, hatte ich den sechzehn Bewerberinnen vor ihr bereits eine Absage erteilt. Nein, keiner dieser Frauen hätte ich meine kleine Tochter überlassen. Gefühlssache eben.
Als die Schelle ertönte, erhob ich mich schwerfällig aus meinem Sessel und watschelte der Haustür entgegen. Kaum hatte ich die Klinke herabgedrückt, schlüpfte Tilly – die fette Katze, die Daniel mit in die Beziehung gebracht hatte – direkt zwischen meinen Beinen hindurch und entwischte durch den schmalen Türspalt.
Nur einen Moment später galt die Suche nach der geeigneten Nanny in meinen Augen als erfolgreich beendet.
»Mamma mia!«, schrie Alberta erschrocken auf. »Iste dasse Ihre Katze, Signora? Wissene Sie, es kanne gefährliche seine, Katze mitte die kleine Baby. Mussene wir genau beobackte, wenne Kindsche da ist. Katze sinde manchemal eifersucktig aufe die neue Baby. Lege sich aufe Gesichte, isse gefährliche. Molto pericoloso!«
Alberta spazierte herein und verhielt sich von der ersten Sekunde an so, als wäre sie schon immer genau hier zu Hause gewesen. Und ich spürte erst durch die Anwesenheit dieser herzlichen kleinen Frau, was mir so lange gefehlt hatte. Alberta könnte die Oma-Figur sein, die meiner Kleinen hier sonst fehlen würde, das wurde mir schlagartig bewusst.
Die grauhaarige Frau mit den haselnussbrauen Augen war der fehlende Teil der Familie und offensichtlich der Grund dafür, dass dieses Haus über eine Einliegerwohnung verfügte, die bislang leer gestanden hatte.
Die gebürtige Italienerin war unverheiratet und hatte nie eigene Kinder gehabt. Sie hatte ihr Leben damit verbracht, die Kinder anderer Menschen großzuziehen, und zeigte voller Stolz die Fotos ihrer Schützlinge, als wären es ihre eigenen.
Ich liebte das kleine Temperamentsbündel vom ersten Augenblick an. Gebannt lauschte ich Albertas Geschichte und bemerkte fasziniert, wie ansteckend das schallende Lachen der pummeligen Frau war. Jedes
›Madonna‹
oder
›Mamma mia‹
und jedes gerollte
›R‹
sog ich tief in mich auf und spürte dabei, wie mir das Herz aufging. In wenigen Monaten würde sich Babygebrabbel mit den Melodien neapolitanischer Folklorelieder mischen und dieses Haus endlich beseelen. Und plötzlich sehnte ich diese Zeit herbei.
Kurzum: Alberta war perfekt! Erst am Schluss unseres Gesprächs – als Alberta bereits meine Zusage erhalten hatte – löschte sie die letzten Zweifel aus, indem sie sagte: »Misses Pace, inne die Filme mit diese kleine Junge inne die Wuste … wie ware gleich die Titel?
›Nomade‹
, ja? Sie ware fantastische. Abe ische geeulte, die ’albe Nackt!«
Dabei tätschelte sie meine Wange und wandte sich dann zum Gehen.
Sie wusste also genau, mit wem sie dieses Gespräch geführt hatte. Ich war begeistert. Daniel … weniger.
»Sarah, bitte, das ist deine Wahl?« So lautete die Reaktion meines Verlobten nach seiner ersten Zusammenkunft mit unserer neuen Nanny. Alberta war noch während seiner Abwesenheit eingezogen und hatte ihn bereits freudig an der Eingangstür empfangen. »Das ist sie!«, erwiderte ich in einem Ton, der so unumstößlich war, dass Daniel keinen weiteren Protest wagte. Begeistert war er jedoch nicht, und das spürte Alberta immer wieder. Zwischen ihr und Daniel war in all den Jahren keine Spur von Herzlichkeit aufgekommen. Josie hingegen liebt ihre
Nana
heiß und
Weitere Kostenlose Bücher