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Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Titel: Neobooks - Das Leben in meinem Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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dreißig Crew-Mitglieder starren mich ungläubig und verdutzt an, als ich ihnen eröffne, sie könnten für heute wieder nach Hause fahren
    »Gestern ist der Tarifvertrag der Drehbuchautoren ausgelaufen, ohne dass es zu einer Einigung mit den Produzenten kam.«
    »Aber Randy produziert doch auch!«, ruft Sam, einer unserer Lichttechniker.
    »Ja, aber im Herzen ist er Autor«, entgegne ich. Ein Raunen geht durch die Gruppe der Mitarbeiter und lässt mich meine Hände heben. »Hey! Er fühlt sich mit seinen Kollegen verbunden, und das kann ich gut verstehen. Natürlich fiel ihm diese Entscheidung nicht leicht, aber er
hat
sich entschieden und das Ergebnis lautet: Auf unbestimmte Zeit, bis es zu einer Einigung zwischen den Parteien kommt, bleiben die Türen dieses Studios geschlossen.«
    »Wird es zu einer Sendepause kommen?«, fragt Brad, der neue Kameramann, der seinen Job erst vor wenigen Wochen, nach Joshs Rausschmiss, angetreten hat.
    Ich zucke mit den Schultern. »Wir haben einiges in petto, also hoffentlich nicht. Aber so genau kann das niemand sagen. Es kommt drauf an, wie schnell der Streik Geschichte ist.«
    Wieder ein Raunen, noch mürrischer dieses Mal. Ich sehe Sarah an, die zu mir aufblickt und so geknickt wirkt, dass ich es nicht anders handhaben kann, als meinen Blick schnell wieder abzuwenden.
    »Ähm … wichtig ist, dass wir alle erreichbar bleiben. Innerhalb eines Tages muss das Set wieder aufgenommen werden können. Haltet euch in der Nähe auf, checkt eure E-Mails zumindest zweimal täglich und informiert euch regelmäßig über den Stand der Dinge … also, wir sehen uns.«
    Auf wackligen Beinen steige ich die Stufen hinab, denn der Weg zu meinem Auto führt mich an Sarah vorbei.
    »Wir sehen uns?«, flüstert sie mir zu. So leise, dass ich es fast nicht höre. Aber auch so traue ich meinen Ohren kaum. Seit einer gefühlten Ewigkeit haben wir kein privates Wort miteinander gewechselt. Langsam wende ich mich ihr zu. »Ähm, ja … sicher!«
    Sie lächelt zaghaft, bevor ihr Handy klingelt und sie drangeht.
    »Ja, Rick? … Sicher, ich komme zu dir ins Büro. Nein, wir drehen nicht. Ich … bin in zehn Minuten bei dir.«
    Damit lächelt sie mir ein weiteres Mal kurz zu – es wirkt beinahe schüchtern … oder entschuldigend? –, steigt in den Cayenne und fährt weg. Verdutzt bleibe ich zurück und frage mich für die nächsten Tage und Wochen, was dieses Lächeln zu bedeuten hatte und ob Sarah eine Reaktion von mir erwartet.
    Gott, ich bin so wütend auf sie … und auf mich, dass wir all das ruiniert haben – das Schöne und weiß Gott Seltene –, was uns von Natur aus gegeben war. Denn entgegen Sarahs Behauptungen hatte es durchaus ein
Uns
gegeben.
Wir
hatten perfekt funktioniert. Mühelos und harmonisch.
    Nichts in der Welt hatte sich natürlicher angefühlt, als Sarahs Nähe. Es war … ja, wie atmen … oder lachen. Es geschah einfach und fühlte sich gut an.
    Und nun? Nun konnten wir einander nicht einmal mehr in die Augen schauen. 
    Wenn ihre Entscheidung wirklich die Richtige war, warum fühlte sie sich dann mit jeder in Einsamkeit verstrichenen Sekunde immer verkehrter an?
    »Wir sehen uns?«, hatte sie gefragt. Hoffnungsvoll oder doch nur höflich … und warum überhaupt? Ich weiß es nicht – und ich zermartere mir das Hirn über diesen winzigen Satz.
    War es ein Zeichen? Ein Wink, den ich hätte aufgreifen sollen?
    Irgendwann, nach einer weiteren durchzechten Nacht mit Maggie, wird mir bewusst, dass ich schlichtweg verrückt bin. Es war nur eine simple Frage und ein kleines Lächeln. Beides vermutlich vollkommen belanglos. 
    Der Streik und die damit verbundene momentane Arbeitslosigkeit bekommen mir nicht gut. Und es ist kein Ende in Sicht. Die Parteien sind total festgefahren. Jeder Tag mehr scheint es nur noch schlimmer zu machen. Die Autoren verlangen nach wie vor bessere Beteiligungen an den Verwertungen ihrer Rechte, die Produzenten zeigen sich immer noch uneinsichtig, und Randy hängt zwischen den Stühlen, weil niemand verstehen will, dass er Partei für seine Autorenkollegen ergriffen hat.
    Vier Tage vor Weihnachten ruft er mich an. »Ich wünsche dir schöne Feiertage, mein Freund!« Er klingt erstaunlich ruhig. Ich glaube, der Streik bekommt auch ihm nicht gut.
    »Warum? Fährst du weg?«, frage ich.
    »Nein, aber du! Fahr zu deiner Schwester, und verbring ein paar schöne Tage mit ihr und den Kids. Sarah ist in England. Sie ist heute früh geflogen. Und John fährt mit

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