Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
dergleichen.
Weder Sarah noch ich erschienen zu der großen Preisverleihung, von der ich den Fans berichtet hatte. Randy und John nahmen die Trophäe entgegen, mit denen die Leistung des kompletten Teams ausgezeichnet wurde.
Post Mortem
, schoss es mir durch den Kopf, als ich die beiden auf dem Bildschirm meines Fernsehers sah. Ein kleines Trostpflaster für Randys geschundene Seele.
Sarah hatte ich seit dieser letzten Pressekonferenz nicht mehr gesehen. Zwei komplette Monate ohne sie …
Ein Regentropfen trifft meinen Arm und reißt mich aus meinen Gedanken. Verwirrt lasse ich meinen Blick über die kleine Bucht schweifen. Der Pazifik wirkt bedrohlich wütend; wilde Wellen schlagen ans Ufer.
Verdammt noch mal, es ist nicht normal, so tief abzudriften, Ben Todd!
Binnen Sekunden befinde ich mich in einem enormen Regenguss, unter einem wolkenverhangenen Himmel, vor dem tiefgrauen Ozean. Die Wedel der Palme stehen waagerecht im peitschenden Wind.
Für einen Moment spiele ich mit dem Gedanken, einfach sitzen zu bleiben und mich begießen zu lassen – zu der trübseligen Stimmung, die mein gedanklicher Ausflug hinterlassen hat, würde das durchaus passen. Außerdem wäre es eine gerechte Strafe für den Bruch meines neu gefassten Vorsatzes. Doch dann prescht Jack plötzlich auf mich zu und schüttelt sich direkt zu meinen Füßen.
»Schluss damit, Ben!«, sage ich energisch, packe meine arme alte Gitarre am Hals und rappele mich auf.
Als wir vor meiner Wohnung ankommen, regnet es noch immer wie aus Eimern. Auf den wenigen Metern bis zum Hauseingang höre ich meine eigenen Schritte und beobachte mit gesenktem Kopf das Wasser der Pfützen, das unter meinen Schuhen aufspritzt.
›Plitsch-platsch, plitsch-platsch…‹
Mit einem Mal wird mir bewusst, wie ruhig und entspannt ich jetzt gehen kann. Dass niemand mehr vor der Haustür lungert und mich belästigt, dass ich wirklich nur noch meine eigenen Schritte höre. Niemand ist mehr hinter mir her, keiner schießt Fotos oder verlangt ein »kurzes Autogramm«. Endlich habe ich die Ruhe wiedergefunden, nach der ich mich so sehr sehnte.
›Plitsch-platsch, plitsch-platsch …‹
Doch jetzt, innerlich komplett leer, wünsche ich mir sehnlichst, noch einmal Sarahs Lachen neben mir zu hören.
So unbeschwert und fröhlich, wie sie an unserem ersten Drehtag klang. Würden die hochhackigen Schuhe an ihren Füßen wohl ähnliche Geräusche machen wie meine Chucks? Im Regen sind wir nie gemeinsam gelaufen. Und Josies Füßchen? Die würden fast doppelt so schnell zwischen unseren trappeln und meinen monotonen Rhythmus kräftig aufwirbeln. Ich vermisse Sarah so sehr. Und Josie. Und Alberta. Die Stunden, die wir gemeinsam in meinem Appartement verbracht haben, gehen mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Es waren zauberhafte Stunden, die mir zeigten, wonach ich mich am meisten sehne. Ich will Josies Geplapper, Albertas Temperament und immer, immer – ein Leben lang – will ich Sarah bei mir haben. Für sie würde ich Galaveranstaltungen, rote Teppiche und sogar die widerwärtigen Paparazzi in Kauf nehmen. Mit Kusshand.
Unter dem Vordach angekommen, vom Regen abgeschirmt, fließen meine Gedanken mit den Pfützen davon. »Schluss damit, Ben!«, sage ich mir zum endgültig letzten Mal und zücke meinen Schlüssel. Mit ihm ziehe ich auch einen Zeitungsausschnitt aus der Gesäßtasche meiner Jeans. Er segelt herab und bleibt auf meiner Schuhspitze liegen. Erst als ich ihn aufhebe, fällt mir wieder ein, dass ich ihn schon Wochen zuvor aus einer Zeitung ausgeschnitten hatte. Der kleine Artikel bewirbt das Casting eines neuen, interessant klingenden Theaterstücks. Ich trage ihn seit Wochen mit mir herum, habe ihm aber bislang keine weitere Beachtung geschenkt. Schlichtweg vergessen.
Und wäre ich heute Morgen nicht ausgerechnet über diese am Boden liegende Jeans gestolpert, dann hätte ich ihn vermutlich nicht mehr rechtzeitig gefunden. Doch nun halte ich den schmalen Papierstreifen in meinen Händen und starre auf das Datum, an dem das Casting stattfinden soll: Samstag, 02. April
Das ist morgen … mein Zeichen!
***
Ja, wäre (was auch immer) nicht geschehen, dann …
Hand aufs Herz, wie oft hast auch du schon etwas Derartiges gesagt oder gedacht?
Fakt ist, dass keiner meiner Schützlinge weiß, was geschehen wäre, wenn eine gewisse Begebenheit in seinem Leben, so belanglos sie auch erscheinen mag, nicht stattgefunden hätte. Denn keiner von ihnen könnte die Folgen
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