Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
hätte sie es wahrscheinlich dennoch nicht vertieft. So jedoch redeten die beiden Frauen zum ersten Mal seit langer Zeit ausgiebig über den gebrochen wirkenden Mann, der seiner älteren Schwester in den vergangenen Monaten mehr als nur eine schlaflose Nacht bereitet hatte.
Tja, und wäre Amy nicht – aus nur halbwegs selbstlosen Gründen – so sehr an einem Happy End für Bens und Sarahs Liebesgeschichte interessiert gewesen, dann hätte sie ihre Freundin vermutlich nicht angestachelt, Ben doch noch einmal offensiv zum großen Kampf für die Liebe zu animieren.
Hätte Maggie an diesem Morgen in L.A. nicht die spontane Lust auf ein großes Stück Käsekuchen verspürt und wäre der Kuchen aus der Konditorei um die Ecke nicht genau an diesem Morgen missglückt und somit eine solch derbe Enttäuschung gewesen … und wäre Maggie nicht so beharrlich und teilweise sogar stur gewesen, wäre ihr in ihrem Frust wohl nicht eingefallen, dass sie den besten Käsekuchen ihres Lebens vor einigen Jahren von Carolin gegessen hatte, als die ihren Bruder in L.A. besucht hatte. Maggie hatte sich schon ewig vorgenommen, sich das Rezept geben zu lassen, und so kam es, dass sie nun spontan zum Telefonhörer griff und Carolins Nummer wählte.
Und da die gerade mitten im Gespräch mit Amy steckte, nutzte Caro die Chance, sich auch bei Bens bester Freundin nach seinem Zustand zu erkundigen. Sie erfuhr nichts Gutes, auch wenn es gut tat, sich mit Maggie auszutauschen. Schnell waren sich alle drei Frauen einig, dass man Ben helfen müsse. Nur wie?
Nun, wäre Maggie nicht von Natur aus auch einfallsreich gewesen, wäre ihr vermutlich nicht die Idee gekommen, den kreativsten Kopf, den sie kannte, nämlich Randy, an dieser Stelle mit an Bord zu holen.
Dann hätte sie das Gespräch mit Carolin wohl auch nicht unterbrochen, um ihn anzurufen. Und dann hätte sie ihn auch nicht erwischt, während er bei Alberta in der Küche stand und sich bei ihr nach Sarahs Befinden erkundigte.
Denn wäre Randy nicht so durch und durch intuitiv gewesen, hätte er das Zusammentreffen mit Madelaine und das Wissen, dass weder Josie noch Sarah an diesem Samstagmorgen zu Hause waren, nicht zum Anlass genommen, der italienischen Nanny, von der er schon so viel Gutes gehört hatte, einen spontanen Besuch abzustatten.
Und wäre dieses Zusammentreffen von Madelaine, Randy, Alberta, Carolin, Amy und Maggie an diesem Samstagmorgen Ende Mai nicht so unfassbar gebündelt und ja, irgendwie fast wie inszeniert abgelaufen, hätte sich vermutlich keiner der Beteiligten ernsthaft berufen gefühlt zu handeln …
[home]
Ben erzählt.
E s ist unerträglich heiß an diesem Premierentag Anfang Juli. Dunkle Wolken türmen sich über der Stadt. Die Luft, schwül und zum Schneiden dick vom schweren Smog, scheint die Gerüche der Straße zu konservieren. Autoabgase, Kaffee, Schweiß und Benzin.
Die Menschen sehnen eine ernsthafte Abkühlung herbei, und nach den kurzen Schauern der vergangenen Abende, die der Hitze nichts anhaben konnten, ist es heute vielleicht endlich so weit.
Das aufkommende Unwetter braut sich so mächtig zusammen, so bedrohlich und zugleich verheißungsvoll, dass ich keine Zweifel hege: Dieses Gewitter wird die Luft endlich reinigen.
Ich stehe vor meinem Spiegel mit den gelben Glühbirnen. So elegant, in Smoking und Lackschuhen, die Haare streng zurückgekämmt, erkenne ich mich selbst kaum wieder. Doch so muss er wohl aussehen,
›Der einsame Pianist‹,
als der ich in weniger als einer Stunde auf der Bühne dieses Theaters stehen werde, um mein Debüt in dem gleichnamigen Stück zu geben. Es ist ein großartiges Stück, das den Charme vergangener Tage in die heutige Zeit bringt. Ich habe es von der ersten Szene an geliebt.
Jack, der mich zur Feier des Tages begleiten durfte, sitzt nun zu meinen Füßen und schaut zu mir auf, als würde er sich fragen, was hier eigentlich vor sich geht. Ich lege ihm seine Leine an, begebe mich mit ihm in den angrenzenden Proberaum und binde ihn dort an dem Heizkörper fest.
»Du bist brav, mein Großer, verstanden?« Ich tätschele Jacks Kopf und beginne damit, meine Finger zu beugen und zu strecken, als plötzlich die Tür auffliegt.
»Und, bist du bereit, Ben?«, fragt Marc.
»Ja, wir können starten«, erwidere ich ruhig. Ich bin nicht aufgeregt. Es wundert mich selbst, aber so tief ich auch in mich hineinhöre, ich kann nicht einmal einen blassen Funken von Lampenfieber ausmachen. In mir ist nur Stille … und
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