Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
uns. Ayala will die Reiche nicht retten, sie will sie beherrschen. Genau wie wir! Soll sie sich vorerst ruhig in ihrem Schloss in Sicherheit wiegen! Wir werden uns um die Nebelfrauen kümmern, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Besiege du einstweilen unsere Feinde, ich bringe dir den Prinzen.«
»Sag Juna, dass ich ihn möglichst noch an einem Stück will!«, bat Camora blinzelnd, während er seine Hand an der Hose abwischte.
Maluch nickte mehrmals. »Jetzt, wo du es erwähnst, erscheint es auch mir sinnvoll, sie darauf aufmerksam zu machen. Ihr Talent ist einzigartig, aber sie vergisst sich manchmal so schnell.«
Der Hexenmeister wollte sich schon abwenden, wurde aber von Camora zurückgehalten. Der hatte heute so viele Vorwürfe über sich ergehen lassen müssen, dass er sich berechtigt sah, auch einmal Unwillen zu äußern. »Wie weit bist du eigentlich mit der Schattenarmee? Du entvölkerst seit Jahren meine Länder, raubst den Nachwuchs für meine Armee. Wann sehe ich endlich das Ergebnis?«
Maluch versteifte sich und war jetzt gerade wie sein Stock. »Es will mir scheinen, du verwechselst da etwas. Du darfst seit Jahren mit den Menschen spielen, die mir nicht wichtig sind. Ich werde dir gestatten, den Prinzen zu töten, ich werde dir gestatten, Großkönig zu sein, und ich werde dir Juna zur Frau geben, aber vergiss nie, wer du bist, und vergiss vor allem nicht, wer ich bin.«
Niemals konnte die volltönende Stimme aus diesem menschlichen Wrack kommen, aber der lebende Leichnam beherrschte plötzlich den Raum und ließ den Hünen Camora schrumpfen.
»Verzeiht, Meister!« Die Stimme klang belegt. »Ich bin lediglich besorgt. Meine Krieger werden müde. Nicht einmal die Plünderung der Städte hält sie noch längere Zeit bei Laune. Der Krieg währt schon zu lange.«
Der Hexenmeister neigte kurz das Haupt. »Ich habe dir versprochen, dass die Schicksalsgöttin das Ende der Freien Reiche sehen wird, und so wird es sein. Noch vor Ablauf des Jahres wirst du der unumstrittene Herrscher der Reiche sein, und ich werde der Herr des Schattens sein.«
Neun Tage waren sie schon im endlosen Weiß des Wintergebirges unterwegs. Den gestrigen Tag hatten sie im Schutze einiger Felsen im Zelt verbringen müssen. Ein Schneesturm hatte jedes Weiterkommen unmöglich gemacht. Allerdings kamen sie ohnehin nur noch langsam voran. Caitlin war längst nicht mehr in der Lage, längere Strecken zu laufen. Aus Fellen, Seilen und zwei Zeltstangen hatte der Prinz eine Art Schlitten gebaut, auf dem sie liegen konnte. Sie verließ ihn nur noch, wenn Rhonan sie hochzog und hinter sich herzerrte, damit sie sich bewegte.
Der sah sich wohl zum hundertsten Mal an diesem Tag um, denn sie benötigten dringend einen Ort, an dem sie sich erholen konnten, an dem sie ein Feuer machen konnten, das auch wärmte. In Ermangelung von Holz würde er Decken und mitgeführte Kleidung verbrennen müssen, aber Wärme benötigten sie unbedingt. Caitlin war völlig am Ende, und auch Gideon, der sein Bestes gab, würde keinen weiteren Tag durchhalten, daher kam eine Rast im Zelt nicht in Betracht.
Er hatte gestern schon die größten Schwierigkeiten gehabt, seine vor Kälte starren Begleiter am Leben zu halten. Den Verianer hatte er mit Schnee abreiben müssen, weil der leichte Erfrierungen im Gesicht und an Händen und Füßen hatte, und Caitlin hatte seit gestern Morgen nicht mehr gesprochen, wirkte teilnahmslos, fast leblos und starrte nur noch mit leerem Blick vor sich hin. Er hätte sich nie vorstellen können, dass er die Stimme der nervtötenden Priesterin einmal so schrecklich vermissen würde.
Verzagt sah er in den Himmel. Rosarote bis violette Schneewolken türmten sich, und Wind kam auf. Nicht mehr lange, und sie würden mitten im dicksten Schneesturm stecken. Neben ihm erschien Gideon und sackte auf die Knie. Der Gelehrte sah furchtbar aus. Die Lippen waren dick und aufgesprungen, die Haut über den eingefallenen Wangen schimmerte bläulich und war nahezu durchsichtig. Eiskristalle hingen in Brauen und Wimpern, und Schnodder und Speichel waren an der Haut festgefroren. Mit trübem Blick sah er hoch, aber es war zu erkennen, dass er weder die Umgebung noch seinen Begleiter wahrnahm.
Den Prinzen überfiel Panik, und wild schüttelte er den Gelehrten. »Gideon, nicht! Komm zu dir! Sieh mich an!«
Dessen Kopf kippte vor und zurück, als säße er nur lose auf den Schultern, und von den Augen war fast nur noch das Weiße zu sehen. Rhonan gab
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