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Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Titel: Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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ängstlicher Vorsicht heraus, war der ungewohnten Aufgabe schlicht nicht gewachsen und nur Kommandant, weil er der Lieblingssohn der Königin war. Mütter sahen über Schwächen ihrer Söhne gern hinweg, und Söhne erkannten dieselben deshalb oft nicht. Vielleicht sollte er den unsicheren Hauptmann nicht mit Plänen überfordern, sondern ihn mit vollendeten Tatsachen beglücken. Der würde sich sicher nicht beschweren, wenn es einen Erfolg zu feiern gäbe. Vielleicht wäre er dann sogar so weit, ihm, dem erfahrenen Feldherrn, endlich die Leitung der Schlacht anzuvertrauen. Er würde selbstverständlich so entgegenkommend sein, dem jungen Mann nach außen hin das Kommando zu überlassen. Der Adler-General nickte. Seine Befehle hatte er von Fürst Darius erhalten, und die galt es zu befolgen. Danach war es seine Pflicht, dem Jungen nicht nur mit Rat, sondern auch mit Tat beizustehen. Entschlossen rief er seine Hauptleute zu sich.
     
    Ten’Shur schlief, und die Horden schliefen auch. Es war weit nach Mitternacht, aber noch reichlich Zeit bis zum Morgengrauen: Zeit des Tiefschlafs, Zeit der Unaufmerksamkeit: die beste Zeit für einen Angriff!
    Außerdem war an den Toren gerade Wachwechsel gewesen. Die Adler sammelten sich am Südtor, aber die Wachen weigerten sich, das Tor zu öffnen. Adler-Hauptmann Waruss bellte: »Man hat euch den Befehl nicht weitergegeben? Da werden Köpfe rollen.«
    Der Kommandant der Wache schwitzte, blieb aber hart. »Uns wurde nichts gesagt, Hauptmann. Wir müssen nachfragen!« Umgehend betraute er einen seiner Männer mit dieser Aufgabe. Der Gardist demonstrierte Eifer und rannte los.
    Waruss sah ihm hinterher. »Das wird ja immer besser! Solch dunkle Nacht kriegen wir so schnell nicht wieder! Aber, wenn ihr fragen müsst, ... bitte!«
    Die Stadtgardisten blieben, wo sie waren, warfen sich aber gehetzte Blicke zu. Dass die Adler ohne Befehl des Stadtkommandanten hier aufritten, erschien ihnen kaum wahrscheinlich. Eine Behinderung konnte schwerwiegende Folgen nach sich ziehen, aber noch hatten sie ihre Befehle.
    General Darkoba höchstpersönlich erschien jetzt hoch zu Ross und schnaubte: »Wird das noch mal was, Hauptmann Waruss, oder möchtet Ihr unseren Angriff lieber in den Morgen verlegen, damit wir unsere Feinde nicht mehr so sehr überraschen?«
    Der wandte sich im Sattel um. »Nicht meine Schuld, General! Scheint ein Übermittlungsproblem gegeben zu haben. Die Wachen wurden nicht unterrichtet.«
    »Was?« Das Brüllen ließ die Gardisten schrumpfen. »Ich soll mitten in der Nacht aufgestanden sein, um Fehlermeldungen entgegenzunehmen, und unverrichteter Dinge wieder ins Bett kriechen? Wenn das Tor nicht sofort geöffnet wird, nehmt diese Männer in Haft!«
    Ohne weitere Verzögerung gab der Kommandant der Wachen das Zeichen, das Tor zu öffnen. Knarrend scharrten die großen Flügel über die Erde. Hauptmann Waruss konnte kaum ein Grinsen verbergen. In den fünfzehn Jahren, die er jetzt unter dem General diente, hatte es noch nie jemand gewagt, sich diesem entgegenzustellen.
    Laut gab er seine Anweisungen: »Bereitmachen! Fackeln entzünden! Pfeile in Pech tauchen! Zielt auf Geschütze und Zelte! ... Uuuuunnnd los!«
    Die Reiter gaben ihren Pferden die Hacken und lenkten – die Bogen gespannt – mit den Schenkeln. Drei Pfeile, und sie würden zu den Schwertern greifen. Wie üblich begleiteten sich die Adler mit ihrem hohen Geschrei, denn nun war es vorbei mit der Heimlichkeit.
    Sie waren längst in Schussweite des Südlagers, als dort das Signalfeuer emporloderte. Das wäre allerdings nicht mehr nötig gewesen, denn hell und unübersehbar surrten die Feuerpfeile durch die Dunkelheit und prasselten auf das Lager.
     
    »Das gibt es nicht!«, fluchte Derea und versuchte, in die Hose zu kommen. Er fiel der Länge nach hin, knallte regelrecht auf den Boden, weil er weiterhin mit beiden Händen das störrische Beinkleid festhielt.
    Lucio verzog allein bei diesem Anblick schmerzlich das Gesicht.
    Noch auf dem Boden, jetzt zumindest schon ein Bein in dem verhedderten Kleidungsstück, gab der Hauptmann keuchend Anweisungen: »Die Reiter sollen aufsatteln. Bogenschützen an alle Tore! Sie sollen den Rückzug sichern. Besetzt die Katapulte! ... Bei den Göttern, wo geht es denn hier rein?« Er stieß derbe Flüche aus.
    Lucio winkte einen Reiter mit den Befehlen aus dem Zimmer und fragte grinsend: »Brauchst du einen Kundschafter, um in deine Hose zu kommen?«
    Sein Kommandant grunzte wild.

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