Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
behindern, hatte der General der Horden Mattalan auch weiterhin verboten, die Toten zu verbrennen. Zu Hunderten stapelten sie sich am Eingang zur Schlucht. Größere Tiere hielt der Kampflärm ab, aber Fliegen, Maden und anderes Geschmeiß ließen den Leichenhaufen gespenstisch lebendig wirken.
Der Gestank, die Hitze, der Anblick der toten Kameraden und die Erfolglosigkeit der Angriffe setzten den Hordenkriegern immer mehr zu. Sie rannten im wahrsten Sinne des Wortes gegen Wände an, aus denen sich plötzlich Steinlawinen lösten oder diese fürchterlichen Bergjäger mit ihren Äxten. Das Wort »Rückzug!« hallte wieder und wieder durch die Schlucht.
General Mattalan schlug mit der Faust auf den Tisch, so dass zwei Beine wegknickten und Becher und ein Krug mit Wasser auf die Erde kippten. Sein Adjutant beeilte sich, möglichst viel von dem mittlerweile kostbaren Nass zu retten, und kam sich dann mit dem Krug in der Hand ein wenig dämlich vor.
»Jetzt werfen uns diese Tiere also unsere eigenen toten Krieger entgegen. So etwas habe ich noch nicht erlebt.« Mattalans Stimme zitterte vor Zorn.
»Immer zwei zusammengebunden! Sogar Verwundete, die wir zurücklassen mussten, waren an Leichen gebunden. Einige Menschenbündel brannten! ... General, die Männer stehen kurz vor einer Meuterei. Das Wasser muss längst bewacht werden, Nahrungsmittel verderben in der Hitze, und unsere Verluste werden von Angriff zu Angriff größer. Doch es fehlt jeder Erfolg. Und diese letzte Ketzerei der Bergjäger, unseren Sturmangriff zu unterbinden, hat die Moral der Krieger auf den Tiefpunkt sinken lassen. Erste Fluchtversuche hat es bereits gegeben, und die Meinung, dass es Schlimmeres gibt als die Todesstrafe, setzt sich immer mehr durch. Die Lage ist ernst, General. Sehr ernst!«
Der starrte mit blitzenden Augen in die Berge. Irgendwo dort war der Feind, lauerte hinter Ansammlungen kahler Büsche oder hinter Felsvorsprüngen, die von unten nicht einmal erkennbar waren. Da er nicht annähernd wusste, wie groß die Armee war, die gut geschützt in den Bergen wartete, musste er sich wohl oder übel eingestehen, dass sein Unterfangen, den Pass zu durchqueren, aussichtslos war. Aus unerfindlichen Gründen war Camoras Plan fehlgeschlagen. Statt vor den Toren Mar’Elchs zu lagern, verlor er immer mehr Männer in dieser Schlucht. Und dem Feind war es tatsächlich auch noch gelungen, aus Kriegern Verweigerer zu machen. Diese Schlacht war nicht mehr zu gewinnen.
Es blieb nur noch eine Möglichkeit. Er musste versuchen, durch das Moor zu kommen. Am Wendenpass war das Gebiet seines Wissens nach nur noch hügelig. Dort würde ihm keine Armee länger standhalten können.
»Verbrennt die Toten! Wir ziehen ab.«
Morwena hatte gerade einen kleinen Imbiss zu sich genommen, als General Cahn ihr die Meldung überbrachte, dass sich die Horden aus der Schlucht Richtung Süden zurückzogen.
Morwena nickte erleichtert. »Endlich! Habt Ihr Meldung von Euren Männern im Moor?«
Der Führer der Bergjäger strahlte wie ein Kind, dem man ein Geschenk gemacht hatte. »Das Moor wartet auf die Horden.«
Er wollte sich schon wieder abwenden, wurde aber von Morwena aufgehalten. »General Cahn, sagt Euren Männern, dass sie in den letzten Tagen hervorragend gekämpft haben! Unseren Erfolg haben wir zuallererst Euch und ihnen zu verdanken.«
»Dies ist unser Zuhause, meine Königin! Wenn wir Gäste haben wollen, laden wir sie ein. Ungebetener Besuch wird hier nicht glücklich.«
»Ihr seid sicher, dass Ihr mit den Horden allein fertig werdet?«
»Nein, nicht allein! Unsere Freundin, die Mutter Natur, wird uns helfen. Wir haben nicht umsonst so ledrige Haut. Sie schützt uns vor Hitze, vor Austrocknung, vor den fieberbringenden Blutsaugern und den todbringenden Wespen. Camoras Krieger verfügen nicht über diesen Schutz. Ihr General hat die falsche Entscheidung getroffen. Er hätte wieder nach Norden gehen sollen. Dem Moor kann er nicht entkommen.«
Morwena lief ein kalter Schauer über den Rücken. »Ich bin froh, Euch zu meinen Freunden zählen zu können.«
»Diese Ehre erscheint mir zu groß. Seht mich als Euren ergebenen Diener an, meine Königin!« Cahns Gesicht zeigte deutlich Stolz. Er freute sich schon darauf, seinen Männern berichten zu können, dass die große Morwena ihn einen Freund genannt hatte. Fast wog es auf, dass sein vierter Sohn unter den ersten Gefallenen im Pass gewesen war.
Königin Ayala topfte Pflanzen um, nicht weil es
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