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Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Titel: Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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einzugehen, denn in seinem Blick meinte sie, Tadel wegen ihrer heimtückischen Vorgehensweise ausgemacht zu haben. Vielleicht hatte sie sich das auch eingebildet, weil sie selbst Meuchelmorde verabscheute. Die Aufgabe, den Siegelerben in Sicherheit zu bringen, war nur zu wichtig, um wegen der Ehre ein Wagnis einzugehen. Hordenkrieger waren nicht zu unterschätzen.
    Gideon schüttelte den Kopf. »Man hat uns zu essen gegeben, bevor man uns die Knebel verpasste, weil der Meister nicht aufhören wollte, sie davon überzeugen zu wollen, dass sie der falschen Seite dienen. Für seinen Knebel war selbst ich letztlich dankbar.«
    Während sie versuchte, ein Grinsen zu verbergen, räusperte sich der Alte vernehmlich und krächzte: »Ich hab zumindest alles versucht, während du vor lauter Angst nur noch zittern konntest.« Sein Blick glitt zu Marga, während er weitersprach: »Hätten sie auf mich gehört, wären sie noch am Leben, was allerdings wohl nur nahe Angehörige begrüßt hätten. Eine mehr als unerquickliche Gesellschaft ... bis auf den Jungen. Aber sagt, Fürstin, wie soll es jetzt weitergehen? Wenn ich die Hordenreiter richtig verstanden habe, soll ein größerer Trupp hierher unterwegs sein, auf den wir morgen treffen sollten. Und es gibt hier nur den einen Weg – zumindest für Pferde.«
    Hauptmann Thalissen neigte leicht den Kopf und lächelte. »Nennt mich bitte nur Marga! Wir haben den Trupp gesehen und bereits danach geplant. Es gibt nämlich doch einen zweiten Weg: den durch die Sümpfe.«
    Die Männer warfen erst sich, dann ihr entsetzte Blicke zu.
    »Das kann nicht Euer Ernst sein«, protestierte Meister Cato. »Die Sümpfe taugen nur für Blutsauger und eklige Stechviecher. Vernunftbegabte Lebewesen trauen sich wegen der Kalla gar nicht hinein. Es ist keine fünfzig Jahre her, dass diese Riesenechsen Bauern abschlachteten, die winzige Teile des Sumpfes für Felder trockenlegen wollten. Die Armee, die daraufhin in die Sümpfe ging, um Vergeltung zu üben, kehrte nie zurück. Euer Großvater verlor seinerzeit hundert Mann. Seitdem hat niemand mehr einen Fuß in den Sumpf gesetzt. Dass diese aufrecht gehenden Echsen Menschen fressen, ist kein Gerücht.«
    Sie nickte und zuckte die Achseln. »Sie verteidigen lediglich ihr Gebiet. Selbst angegriffen haben sie noch nie. Nur selten ist ein Kalla außerhalb der Sümpfe gesichtet worden. Ich kann daher nur hoffen, dass es auch kein Gerücht ist, dass die Kalla nur auf Nahrung aus sind und nicht aufs Kämpfen oder Töten. Zehn Lohböcke warten auf uns, die wir ihnen – sozusagen als Wegzoll – anbieten können. Das sollte reichen ... hoffe ich.«
    Der Gelehrte wollte noch etwas sagen, aber in diesem Augenblick kam ein Mann, den sie mittlerweile als Ramon kennengelernt hatten, auf sie zu und hockte sich neben Marga. »Danid holt unsere Pferde, Korve kümmert sich um den Kleinen. Der ist wieder wach, hat ne Riesenbeule und nen Brummschädel. Hat sich für beides artig bedankt. Ich hab ihm aufgetragen, seine Kameraden heimzubringen.« Er grinste so breit, dass man hätte meinen können, sein Mund zöge sich vom einen Ohr zum anderen. »Hat begeistert zugestimmt, hat aber wohl gelogen. Wenn du mich fragst, träumt der bereits von Mama und Papa, so selig, wie er guckte. Zwei Kurven ... und der ist auf und davon.«
    Marga zuckte erneut die Achseln. »Meinen Segen hat das Bübchen. Wie kann man so ein Kind nur in die Horde pressen? Die Pferde werden ihren Weg zur Truppe schon allein finden.« Sie wandte sich wieder ihren neuen Begleitern zu. »Nicht weit von hier ist eine verlassene Hütte. Sie ist winzig, wird für den Rest der Nacht aber reichen. Können wir los?«
    Gideon schälte sich sofort aus den Fellen und schraubte seine lange, schlaksige Gestalt in die Höhe. Marga schätzte ihn auf etwas älter als ihre dreißig Sommer.
    Auch der Alte wuchtete sich unterstützt von seinem Schüler hoch, und Marga dachte unwillkürlich an gefüllte Schweinsblasen auf Beinen. Den runden, nahezu kahlen Schädel zierte ein spärlicher, weißer Haarkranz, die dicken Backen wirkten wie aufgeblasen. Der runde Bauch wogte beim Aufstehen. Er reichte seinem Begleiter gerade bis zu den Schultern und sah aus wie mindestens achtzig.
    Marga zog unwillkürlich die Nase kraus, so dass sich die Sommersprossen darauf sammelten: Ihr Vater, der immer wieder von der schwierigen Aufgabe der Siegelerben sprach, würde nicht begeistert sein!
     
    Zur gleichen Zeit in Mar’Elch, Reichsstadt

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