Neobooks - Die Zitadelle der Träume
nicht, die Schriften zu übersetzen.«
Caitlin und Hylia sahen sich an. Damit hatten sie jetzt nicht gerechnet.
»Was jetzt? Sind wir umsonst …«
Caitlin unterbrach ihre Freundin: »Dann müssen wir die Schriften eben mitnehmen. Gideon kann sie übersetzen.«
Meister Cato sah von einer zur anderen. »Gideon? … Ihr kennt Gideon?«
Die Prinzessin nickte. »Er ist …«
Die Tür knarrte, und die Frauen drehten sich erschrocken um.
»Ja, wen haben wir denn hier?«, fragte Martha mit hämischer Stimme. »Ich habe der Königin gleich geraten, euch in Ketten legen zu lassen.«
Sie lachte meckernd auf. »Sieh mich bloß nicht so zornig an, Caitlin! Und versuche nur nicht, mich mit Zaubern zu beeindrucken. Ich kenne mich aus und habe mich schon gegen ganz andere Dinge gewehrt.«
»Wie du meinst«, erwiderte die, machte zwei lange Schritte und streckte die alte Priesterin mit einem gezielten Kinnhaken nieder.
»Ich hatte Rhonan als Lehrer und hab sogar ihn schon einmal fast umgehauen, da werde ich mit so einem alten Knochensack wie dir spielend fertig. Fessle sie, Hylia! Sicher ist sicher.«
Ohne sich um die entgeisterten Mienen der Anwesenden zu kümmern, wandte sie sich wieder an Meister Cato. »Gebt Ihr uns die Schriften heraus? Wir können schließlich nicht alles mitnehmen, was hier so rumliegt. Dafür bräuchten wir einen Karren.«
Der starrte immer noch verblüfft die Prinzessin an, warf dann einen kurzen Blick auf Hylia, die schon ein Laken zerriss und damit ihre alte Kameradin fesselte und knebelte, und nickte dann zögerlich. »Wie geht es Gideon, und wie steht es um die Prophezeiung? Diese Schriften dürfen nicht in falsche Hände fallen.«
Caitlin unterdrückte ihre Ungeduld und erzählte dem Gelehrten unumwunden, dass die Siegelgemeinschaft komplett war. Sie zeigte ihm ihr Armband, erzählte, dass Gideon sie und Rhonan verbunden hatte und sie nun schwanger war. Sie beendete ihren Kurzbericht mit ihrer Befürchtung, ihr Mann könne in der Quelle sterben, und sah ihn flehend an. »Wenn Ihr das Geheimnis der Quelle nicht lüften konntet, gebt mir die Schriften. Gideon wird sie übersetzen, und dann können wir zusammen entscheiden, was zu tun ist.«
Der Alte rieb sich die Nase und nickte endlich erneut. Diesmal sehr energisch. »Selbst für die wichtigsten Schriften bräuchtet Ihr eine Truhe.«
Er sah, wie Caitlin die Hände rang, und machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Ihr benötigt die Pergamente nicht. Ich habe die Übersetzungen und bin froh, sie an die Richtigen weitergeben zu können. Außer Euch darf hier niemand davon erfahren.«
Bei diesen Worten erhob er sich bereits, griff einen Löffel, wieselte durchs Zimmer und hebelte mit dem Löffelstiel einen Stein aus der Mauer. Er zog ein paar Blätter heraus und reichte sie Caitlin. »Tagebuchseiten von Myria, Eurer Ahnfrau! Das sind nur die wichtigsten. Lest sie, und Ihr werdet verstehen.«
Das Treffen war wie jedes andere auch. Dala stritt sich die ganze Zeit mit Palema, weil die mit ihren Truppen den Tempel der Seelen eingeäschert hatte, ohne zuvor die heiligen Schriften in Sicherheit gebracht zu haben. Dala, mit ihrer Leidenschaft für jedes geschriebene Wort, wird immer verrückter. Sie kann doch nicht ernsthaft von Palema verlangen, vor jedem Feldzug erst die Pergamente ihrer Opfer in Sicherheit zu bringen. Mir hat die Zerstörung dieses seltsamen Ordens jedenfalls viel Spaß gemacht, aber das habe ich besser nicht erwähnt. Dala hätte wieder nur den Kopf geschüttelt, und Salia hätte gezetert und um meine Seele gebetet. Die dumme Gans hatte schon wieder eines ihrer Häuser für Arme gegründet und freute sich wie ein kleines Kind, weil die Krüppel und Aussätzigen jetzt endlich immer etwas zu essen bekämen. Mit ihrem Getue um diese wertlosen Taugenichtse geht sie mir immer mehr auf die Nerven. Palema hat völlig recht, wenn sie vorschlägt, sich in Zukunft besser ohne diese ewig strahlende Ziege zu treffen. Mir schlägt ihre tugendhafte Gesellschaft jedenfalls immer mehr auf den Magen.
Heute war Palema völlig verändert und wollte sich nicht einmal mit Dala streiten. Sie hat bei ihrem letzten Feldzug tatsächlich einen König getroffen, der ihr nahezu ebenbürtig war. Sie benahm sich albern wie ein junges Mädchen, wollte uns nicht sagen, wer er war, aber sie kündigte an, beim nächsten Treffen verbunden zu sein. Wenn man ihr Glauben schenken darf, dann ist dieser Mann kaum zu überbieten, was Stärke,
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