Neobooks - Die Zitadelle der Träume
später kamen die beiden jungen Frauen herein und knicksten formvollendet.
Ayala eilte mit ausgestreckten Armen auf sie zu und strahlte übers ganze Gesicht. »Welch glücklicher Tag! Caitlin, Hylia, lasst euch umarmen. Also hatte ich doch recht, als ich verbot, den Trauergesang für euch anzustimmen. Nie habe ich die Hoffnung aufgegeben, dass ihr noch am Leben sein könntet. Warum habt ihr keinen Kontakt zu mir aufgenommen?«
»Ich hab’s versucht«, schniefte Caitlin, »aber es gelang mir nicht. Ich war zu weit weg. Hätte ich nur mehr gelernt.« Sie küsste ihre Mutter flüchtig auf die hingehaltene Wange.
Hylia küsste die Hand der Königin und erklärte: »Nach meinem letzten Bericht aus Kairan bin ich nicht mehr dazugekommen. Ihr wisst bestimmt schon, dass Ligurius getötet wurde, als der Erbe da’Kandars befreit wurde. Juna und ich wurden gefangen genommen und auf der Flucht vor den Horden durchs halbe Land geschleift. Gewaltmärsche bin ich nicht gewöhnt. Mir fehlte hin und wieder sogar die Kraft zu essen. Juna ist dann die Flucht gelungen. Die Suche nach ihr haben wir dann genutzt, uns nach Kambala durchzuschlagen. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was wir hinter uns haben.«
Ayala strich beiden über die Wange. »Meine armen Mädchen. Kommt, setzt Euch!«
Sie läutete mit dem Glöckchen an ihrem Gürtel, und sofort trat Lexa ein. »Bringe uns Erfrischungen und lass Bäder vorbereiten!«
Caitlin und Hylia hatten in einer Nische mit Feigenbäumchen und Weinreben Platz genommen, und Ayala setzte sich zu ihnen.
»Ihr seht vollkommen erschöpft aus«, gab sie im Ton höchsten Bedauerns von sich. »Gerade du, Caitlin, bist kaum noch wiederzuerkennen. Ich mache mir die größten Vorwürfe, weil ich dich überhaupt habe gehen lassen. Wo warst du nur die ganze Zeit?«
Ihre Tochter behielt die Leidensmiene bei. »Unsere Kutsche wurde kurz vor Latohor überfallen. Ich erhielt einen fürchterlichen Schlag auf den Kopf, und man verschleppte mich bis nach Kairan, wo ich dann gefangen gehalten wurde. Da war ein grässlicher alter General, der überall Spione hatte. Später war er zusammen mit Fürstin Marga Thalissen und Prinz Derea Far’Lass.«
Sie sah beim letzten Namen erwartungsvoll ihre Mutter an.
Die runzelte auch prompt die Stirn, wollte aber nur wissen: »Was hatten die denn in Kairan verloren?«
»Sie wollten zusammen mit diesem General den da’Kandar-Prinzen befreien.«
»Was ihnen auch geglückt ist«, ergänzte Hylia. »Ich war nur froh, dass sie mich nicht auch töteten wie all die Ketzerjäger in Vater Ligurius’ Haus. Aber die Flucht aus dem Norden brachte uns beide an den Rand des körperlichen Zusammenbruchs.«
Priesterinnen brachten jetzt Wein, Braten, Käse, Brot und Früchte, stellten alles zurecht und huschten wieder aus dem Raum.
Während die Priesterinnen aßen und tranken, erzählten sie abwechselnd von ihrer Reise bis nach Borka, wo ihnen dann endlich die Flucht gelungen war.
Ayala hörte zu, stellte keine Fragen, gab nur immer wieder bedauernde Geräusche von sich und schüttelte immer wieder den Kopf.
Erst am Ende des Berichts wollte sie wissen: »Warum, im Namen der Göttin, haben sie euch gefangen gehalten? Ihr seid doch keine Feinde. Wir waren schließlich willens, die Freien Reiche zu unterstützen.«
Caitlin warf Hylia einen Blick zu, der sagen sollte. Siehst du, ich wusste, dass sie das fragt, und die Priesterin zuckte die Achseln. »Gefangen waren wir ja gar nicht. Das behauptet nur Caitlin ständig. Es war nicht recht von ihnen, uns aus Kairan herauszubringen, aber da wussten sie ja noch nicht, wer ich war und dass ich Portalsteine benutzen kann. Während der Befreiung des Prinzen und der überstürzten Flucht blieb wenig Gelegenheit zur Unterhaltung. Danach blieb ihnen doch gar nichts weiter übrig, als uns mitzunehmen. Was hätten wir auch ohne sie anfangen können, inmitten von Hordenkriegern? Sie waren sehr höflich und besorgt um uns, aber Caitlin war natürlich mit nichts zufrieden, jammerte permanent und behauptete, sie sei Opfer einer Entführung. Fast jeden Tag drohte sie irgendeinem damit, ihn vierteilen lassen zu wollen. Sie …«
»Pah!« Caitlin sprang auf, strich ihr schlichtes grünes Kleid glatt und bat: »Seht mich nur an, Mutter! In diesem Fetzen stecke ich seit vier Tagen. Und das ist noch eins der besten Kleider, die mir zur Verfügung standen. Tagelang konnte ich nicht baden und musste oft auf dem Boden schlafen und mit den Fingern
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