Neobooks - Die Zitadelle der Träume
einen leichten Kälteschauer, aber seine Augen blitzten belustigt. »Falsche Antwort! Ich hoffe, Ihr habt Eure Angelegenheiten hier erledigt. Freut Euch auf ein Treffen mit Euren Hauptkörperteilen, den Göttern.«
»Seid Ihr so ehrlos, einen unbewaffneten, alten Mann anzugreifen?«
»Ich bin so ehrenvoll, die Tempelwächter zu rächen und all die anderen Unschuldigen, die Ihr ermordet habt, um Euch zu bereichern. Ich rette die Menschen vor einem Übel, wie Ihr es seid. Los, geht schon!« Mit diesen Worten wies er mit dem Kopf zur Tür. Er verabscheute den Ketzerjäger genauso sehr wie Camora, aber er war in der Tat nicht dazu bereit, seine Ehre mit einem Mord zu beflecken.
Vater Ligurius schritt würdevoll an ihm vorbei. Seine Hände hatte er in den Ärmeln der Kutte vergraben. Ein flüchtiges Lächeln huschte über Dereas Gesicht. Wie durchschaubar manche Menschen doch waren.
Ligurius wirbelte auch schon mit erstaunlicher Schnelligkeit herum und stieß mit einem Dolch zu. Derea parierte den Stoß und rammte dem Alten gleich darauf sein eigenes Schwert in den Leib. Der Dolch polterte zu Boden, und der Inquisitor sackte stöhnend zusammen und klammerte sich an seinen Gegner. Sein Blick suchte die Augen seines Bezwingers. »Wenn Ihr die Menschen vor einem Übel retten wollt, dann tötet den Prinzen. Er ist nicht von dieser Welt.«
Seine Stimme wurde mit jedem Wort undeutlicher. »Er ist die Wiedergeburt des Bösen. Vernichtet ihn, bevor Erlösung unmöglich wird.«
Der Hauptmann wollte den widerlichen Alten von sich stoßen, aber der krallte seine Finger in seine Arme. »Glaubt einem Sterbenden, der nicht für sich spricht. Er ist im Bunde mit großen Mächten, mit bösen Mächten.«
Sein Körper erbebte schon im Todeskampf, seine Stimme glich immer mehr einem Röcheln. »Camora bringt den Schatten, … aber der Prinz … bringt die … unendliche … Dunkelheit.«
Er ließ Derea los und fiel auf den Boden, wo er gekrümmt liegen blieb. »Haltet ihn auf … Tötet ihn … Tötet …«
Das waren die letzten Worte des Inquisitors, und der Hauptmann starrte wie gebannt auf die Gestalt, unter der sich eine Blutlache ausbreitete.
Erst Gideons atemlose Stimme brachte ihn zurück in die Wirklichkeit. »Hat er gesagt, wo Rhonan ist?«
Derea sah ihn zunächst verwirrt an, dann schüttelte er den Kopf. »Er sagte, schon bei Camora, aber das war sicher gelogen, wie alles andere auch, was er von sich gab.«
Den letzten Satz hatte er mehr zu seiner eigenen Beruhigung angefügt. Er verscheuchte die dummen Gedanken und folgte dem Gelehrten zurück zu Caitlin.
Auch Marga und der General kamen in diesem Augenblick ins Zimmer gelaufen. Offensichtlich hatten auch sie keine größeren Schwierigkeiten mit ihren Gegnern gehabt. Raoul zog eine äußerst willige Hylia hinter sich her, die sofort erstaunt die Prinzessin musterte. In schlichten Kleidern, die Haare nicht sehr sorgfältig zu zwei Zöpfen geflochten und mit einem Schwert in der Hand, war kaum noch die Caitlin, die sie kannte, wiederzuerkennen.
»Wo ist der Prinz?«, fragte die gerade erneut drohend.
Juna, die schon reichlich mitgenommen aussah, lachte geringschätzig auf. »Auf diese Frage kriegst du immer dieselbe Antwort: Schon weg, Süße.«
Die Prinzessin setzte ihr die Schwertspitze an den Hals. »Das glaube ich dir nicht, Hexe.«
»Wir haben alle Räume abgesucht«, mischte Marga sich aufgeregt ein. »Er ist nicht hier.«
»Ein schneller Tod ist zu gut für sie. Stecht ihr ein Auge aus, wenn sie nicht gleich die Wahrheit sagt«, forderte der General ungeduldig, und die junge Frau änderte, ohne die Miene zu verziehen, umgehend die Zielrichtung ihres Schwertes.
Juna bewegte sich nicht, gab aber nüchtern zu bedenken: »Wie dumm ist das denn? Glaubst du, ich hänge mehr an meinen Augen als an meinem Leben?«
»Das werde ich gleich sehen«, zischte die Prinzessin. »Du nicht mehr.«
»Ich liebe Wortspiele. Fallen dir noch mehr ein?« Juna schien völlig unbeeindruckt von der Bedrohung. Ihr Mund verzog sich zu einem Grinsen, und Caitlins Schwert zuckte.
»Bei allen Göttern, bedenke, was du tust!«, rief Hylia dazwischen. »Prinz Rhonan ist im Kerker. Hinter einem Küchenregal ist ein Geheimgang.«
»Besorgt etwas, womit wir ihn ungesehen in den Wagen schaffen können«, brüllte Raoul und war schon aus der Tür.
Derea hielt die Prinzessin fest, als die ebenfalls sofort losstürmen wollte. »Ihr passt besser auf, dass diese Hexe keinen Unsinn
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