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Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Titel: Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Anderson
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zu ihr gehen, um ihr und sich die blasierte Missbilligung des Hotelpersonals zu ersparen.
    Die Verlockung war stark. Ross war überfällig. Es war fast drei Wochen her, seit er sich zum letzten Mal mit Carol getroffen hatte. Er fühlte sich nicht dazu verpflichtet, Carol treu zu sein; sie war selbst eine verheiratete Frau. Lourdes dagegen … Immer, wenn er über Carol nachdachte, kam ihm auch Lourdes in den Sinn. Lourdes hatte er nie betrogen. Er erinnerte sich nicht, ob er jemals mit dem Gedanken gespielt hatte. Die Melancholie, die sich immer dann einstellte, wenn er an seine verlorene Frau dachte, kühlte seine sexuelle Unternehmungslust ab und verdüsterte in seiner Erinnerung die wenigen One-Night-Stands, die er sich in seinem Leben geleistet hatte. Es waren Enttäuschungen. Noch einer wäre auch nicht besser als die vorigen, sagte er sich, ich bin wohl nicht dafür gemacht. Außerdem bin ich verletzt. Die Schmerzen würden wiederkommen, wenn es zur Sache ging, falls es überhaupt soweit kam. Die riesigen Blutergüsse an seinem Körper würden die Frau bestimmt schon vorher verjagen.
    Und dann gab es ja noch das Mädchen, auf das er aufzupassen hatte.
    Okay. Dann eben nicht, entschied er, vergiss es. Schade. Schlechtes Timing. Ross bemühte sich, einen Anflug von Enttäuschung zu unterdrücken, und spürte zugleich, dass seine gute Stimmung nachließ. Vier doppelte Wodka, mindestens einer zu viel, summten in seinem Schädel. Er sah sich um. Die Bar war jetzt voll und die Musik lauter. Wo war das Mädchen gerade? Er entdeckte sie am Rand des Scheinwerferlichts, weil sie Glas und Zigarette über die Köpfe der anderen Tanzenden hielt. Sie bemerkte, dass er nach ihr suchte (sie ist sehr aufmerksam, dachte er erstaunt) und winkte, und andere winkten ihm auch. Er erkannte Shelley Duvall und, an ihrem Lockenkopf, die kleine Kellnerin aus dem Hotel. Wie leicht das Mädchen Freunde gewinnt, dachte er, und wie unbefangen sie mit Klassenunterschieden umgeht. Wenn sie in diesem Tempo weitermacht, kennt sie in ein paar Tagen die ganze Stadt. Die Stadt war klein, und einige Leute, die gerade hier in der Bar waren, würden sie morgen auf der Straße grüßen. Diese Aussicht beunruhigte Ross. Ihm wurde bewusst, dass er die Situation nicht unter Kontrolle hatte. Das Mädchen tat, was sie wollte, und zog dabei maximale Aufmerksamkeit auf sich. Wenn wirklich jemand hinter ihnen her war, wie Hauser gemeint hatte, würde man sie mühelos aufspüren, oder man wartete schon auf sie, draußen, in einem Hauseingang, einem anderen Van, oder hier drinnen, zwischen den Gästen. Ross studierte eine Weile die Männer in der Bar, aber keiner sah den Angreifern in der Tiefgarage ähnlich.
    Als er wieder nach dem Mädchen sah, tanzte sie mit ihrem hübschen Jungen. Kurz darauf kam sie herüber und drängte sich neben ihn an den Tresen. Ihr Gesicht war gerötet, und sie hatte winzige Schweißperlen auf Stirn und Oberlippe. In der Enge hatte Ross keine Möglichkeit, ihr Platz zu machen oder auszuweichen. Sie beugte sich zu ihm, wegen des Lärms, um in sein Ohr zu sprechen. Ihre Nähe war überwältigend. Er spürte ihre Energie, roch ihr Parfüm, jungen, gesunden Schweiß und nahm, ohne es zu wissen, auch privatere Aromen ihres großen erhitzten Körpers wahr. Ross bekam eine Erektion.
    »Hey, Walter, hören Sie mir überhaupt zu?«
    Er schauderte und bemühte sich, seine Wahrnehmung zu fokussieren.
    »Sind Sie betrunken?«
    »Nein, nein. Was haben Sie gesagt?«
    »Ich nehme ihn mit ins Hotel.«
    Was!? Ehe er antworten konnte, sprach sie weiter, als hätte er schon protestiert. »Kommen Sie Walter, meinen Sie wirklich, der tut mir was? Sehen Sie ihn sich an. Ich bin eine Gefahr für ihn!« Sie kicherte heiser.
    Ross suchte nach Worten. »Hören Sie, Carmen, ich meine, können Sie nicht warten, zwei, drei Tage, bis Sie zu Hause …«
    »O nein, kann ich nicht!«, rief sie. »Und wenn Sie was für meine Sicherheit tun wollen, dann besorgen Sie mir schnell ein paar Kondome. Im lavatorio gibt’s bestimmt einen Automaten.«
    »Wenn wir …« begann er von neuem, aber sie stürmte davon. Hilflos und ärgerlich sah er ihr nach. Wenn wir heute Nacht wieder überfallen werden, dachte er, dann wird der Junge umgebracht. Die Sorglosigkeit des Mädchens war ihm unbegreiflich, kam ihm halsbrecherisch vor. Hat sie kein Gefühl dafür, was ihr passieren kann, dachte er, und dann, wütend: Was würde ihr denn schon geschehen? Ein paar Wochen Gefangenschaft.

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