Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)
schön!). Sie spricht drei Sprachen, sie tanzt wie der Teufel und kann richtig kämpfen.
Er holte tief Luft und dachte vorsichtig, okay, ja, ich mag sie. Sorgfältig hielt er die Regung unter Kontrolle und auf Abstand, wie um sie zu begutachten und sie dann abkühlen zu lassen.
Sie will nicht ohne Sie gehen, Monsieur Ross.
Noch eine Empfindung, eine, die er schon fast vergessen hatte: ein kleiner, angenehmer Schmerz hinter dem Brustbein, als würde dort etwas in ihm brechen, und dann breitete sich Wärme aus. Das Gefühl kam so überraschend, dass er nicht anders konnte, als es einen glücklichen Moment lang zuzulassen. Dann schob er es behutsam von sich. Es war kein mögliches Gefühl. Er würde es irgendwo in sich aufbewahren und darauf achten, jedes Mal einen Bogen darum zu machen, wenn er in die Nähe kam.
Ross schüttelte den Kopf, um auf andere Gedanken zu kommen, und über sich selbst. Entspann dich, sagte er sich, du bist in einer Ausnahmesituation. In ein paar Stunden, morgen, denkst du wieder normal. Die ganze verrückte Geschichte und ihre Figuren waren jetzt schon auf dem Weg in die Vergangenheit: die tote Zeit in der hässlichen Zelle, die Schlagstockmänner, die Ketten, der gelbliche Reno, die falsche Psychologin mit den schönen Haaren und den absonderlichen Interessen und die seltsamen Gespräche, die er mit den beiden gehabt hatte. Und das Mädchen natürlich auch.
Ross schob sich auf dem Bett nach hinten und lehnte sich an die Wand. Ein paar Stunden noch, dann waren alle und alles Episoden in seiner Erinnerung und würden von Tag zu Tag unwirklicher. Einiges würde er vergessen, anderes würde sich in seinem Gedächtnis immer mehr verdunkeln und verformen, und manches würde er nach einiger Zeit gar nicht mehr glauben können. Natürlich würde er nicht über das Erlebte sprechen. Mit wem auch? Mit Willy oder Carol? Nein. Mit Ex-Kollegen, die er manchmal auf einen Drink traf? (»Hey, hör dir das an, Mann, ich habe in der Schweiz drei Männer erschossen und bin danach eine Nacht lang auf Speed in einem gepanzerten Auto durch Frankreich gefahren, mit einem zwei Meter großen Mädchen auf dem Rücksitz.« »Yeah, cool, Walter.« Sie hatten alle ihre eigenen Geschichten.) Nein. Mit Whittaker und Hauser? Mit denen würde er sich nicht mehr freiwillig an einen Tisch setzen. Vielleicht mit dem Mädchen, solange noch Zeit dafür war. Die Fahrt zum Flughafen und sieben oder acht Stunden Flug über den Atlantik, dann würden sie sich verabschieden. Mit seinem Auftrag endeten ihre Gemeinsamkeiten, und sie würden in getrennten, weit voneinander entfernten Welten weiterleben. Es war unwahrscheinlich, dass sie sich noch einmal über den Weg liefen. Würde er irgendwann auch nicht mehr wissen, wie sie aussah? Würde er sich irgendwann nur noch einbilden, dass er sich an sie erinnerte? Schon möglich. Aber was sie für ihn getan hatte, das würde er nicht vergessen.
Ross dachte: Wie soll ich das wieder gutmachen? Er schloss die Augen und bemühte sich, so lange nichts Bestimmtes zu denken, bis er einen mentalen Stand-by-Modus erreicht hatte, in dem Zeit keine Rolle mehr spielte und Warten ohne Ungeduld möglich war.
18. Kapitel
R oss erhob sich ohne Eile erst, als sie die Tür offen war. Zwei Männer warteten auf ihn. Den jüngeren kannte er vom Sehen, den anderen sah er zum ersten Mal. Er sprach Englisch. Er hielt Ross ein dunkles Tuch hin und sagte: »Monsieur Ross, bitte tragen Sie diese Kapuze ab sofort, bis sie Ihnen abgenommen wird. Wenn Sie das nicht wollen, oder wenn Sie die Kapuze während der Fahrt abnehmen, dann müssen wir Sie fesseln und betäuben.« Ross nahm wortlos seine Tasche auf, beugte sich vor und hielt dem Mann den Kopf hin. Um ihn wurde es dunkel. Einer der Männer nahm seinen Ellenbogen und führte ihn, bis er auf den Rücksitz eines Autos bugsiert wurde. Der Wagen schwankte, als die Männer einstiegen und die Türen zuschlugen. Ross hörte die Zentralverriegelung, dann fuhren sie los.
Ross fragte durch den Stoff: »Wo ist das Mädchen?«
»Sie treffen sie am Flughafen. Sprechen Sie ab jetzt nicht mehr, Monsieur Ross.«
Zuerst bewegten sie sich im Schritttempo, und zweimal über kurze Steigungsstrecken. Dann dauerte es noch einmal mehrere Minuten, bis sie scheinbar eine größere Straße erreichten und beschleunigten. Von da an fuhr der Wagen ohne Unterbrechungen mit gleichbleibender Geschwindigkeit, als wäre er alleine unterwegs. Ross vermutete, dass ein Blaulicht ihren Weg
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