Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
in der Nähe waren, denn, so hatte Josephine ihm erklärt, auf die machte es einen heruntergekommenen Eindruck, wenn einer barfuß lief. Jetzt hatte er sie in den Rucksack gestopft, denn er wollte im Matsch so wenige Spuren wie möglich hinterlassen.
Um Mitternacht erreichte Leron’das den kleinen Wald. Schauerliche Schreie drangen aus ihm heraus. Als er näher kam, sah er einen Esel, der mit seiner Nase am Boden etwas anschubste und dabei verzweifelt brüllte. Als Leron’das sich ihm näherte, stellte sich ihm der Esel angriffslustig und mit aufgerichteten Ohren entgegen. Er ließ ihn nicht an den leblosen Körper heran.
»Ich bin ein Freund, ich will euch helfen«, erklärte Leron’das dem Esel und berührte sanft seinen Kopf. Aber der Esel riss die Schnauze hoch und versuchte Leron’das zu beißen. Blitzschnell packte ihn dieser am Halfter und sah ihm in die Augen, dann flüsterte er ihm die gleichen Worte ins Ohr, mit denen er auch sein Pferd beruhigt hätte. Der Esel legte die Ohren zurück und machte einen Schritt zur Seite. Leron’das beugte sich zu dem zusammengekrümmten Körper hinunter. Er war eiskalt.
15. Die Falle
D rei Tage nach seinem abenteuerlichen Ausbruch aus der Burg kam Walter erschöpft und hungrig in Markt Krontal an. Er hatte es nicht gewagt, unterwegs irgendwo einzukehren, und es auch sonst so gut wie möglich vermieden, aufzufallen. Hauptsächlich war er in den frühen Morgen- und in den späten Abendstunden geritten und hatte Ortschaften weitestgehend gemieden. Tagsüber, wenn zu viele Menschen die Straße belebten, hatte er sich abseits gehalten und in Büschen und Wäldern zur Ruhe gelegt. Dass er jetzt am helllichten Tag über die Hauptstraße von Markt Krontal ritt, bereitete ihm Unbehagen, aber er redete sich ein, dass er hier weit genug von Waldoria entfernt war. Außerdem musste er jemanden finden, der ihm sagen konnte, wo genau Saulegg lag.
Er sah dem munteren Treiben in dem Städtchen zu und merkte, wie sehr er die Gesellschaft von Menschen vermisst hatte. Nach und nach wich das Unbehagen, und er spürte, wie seine Lebensgeister erwachten. Die Menschen plauderten ungezwungen miteinander, und niemand schenkte ihm besondere Aufmerksamkeit. Sein Magen aber knurrte mittlerweile so laut, dass sogar sein Pferd die Ohren verdrehte. Da entdeckte er den Gasthof. Die Tür stand offen, und Stimmen drangen nach draußen. Wenn er hier haltmachte, ein Bier trank und etwas zu essen bestellte, würde er nicht mehr auffallen als jeder andere Gast.
Zu dieser fortgeschrittenen Stunde war der Gastraum gut besucht, und der Wirt mit seinem roten Gesicht sah richtig zufrieden aus. Händler und Bauern saßen nebeneinander auf langen, grob gezimmerten Bänken, und offensichtlich hatte jeder etwas zu erzählen, denn die Lautstärke war ohrenbetäubend. Walter grinste zufrieden. Hier war er genau in seinem Element. Er ergatterte einen Platz auf einer der langen Bänke und versuchte in der Menge abzutauchen. Lose beteiligte er sich an den Gesprächen, versuchte aber nicht wie sonst mit seinen Geschichten und Witzen die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Das Hauptgesprächsthema war der Einberufungsbefehl des Königs, der in den letzten Tagen bekannt gegeben worden war. Siedend heiß fiel Walter ein, dass er den Einberufungsbefehl völlig vergessen hatte und sich nun auch nicht mehr rechtzeitig melden konnte. Daher beschloss er, sich als Reisender aus dem Westen auszugeben.
Es war nicht seine Art, sich wegen versäumter Dinge Sorgen zu machen, aber der Gedanke, dass er möglicherweise nie wieder nach Hause zurückkehren konnte, machte ihm doch zu schaffen. Er ärgerte sich über sich selbst, weil er sich nie ordentlich um seine Angelegenheiten kümmerte.
Am letztmöglichen Tag wollte er sich frühestens am späten Nachmittag bei der Garde des Königs melden. Aber dann war Theophil gestorben, und die Dinge hatten sich überschlagen. Bei Nacht und Nebel über einen geheimen Vorratsweg aus der Burg geschmuggelt zu werden war nicht gerade ein alltägliches Unternehmen, da konnte man schon mal eine Kleinigkeit vergessen. Einmal mehr verfluchte er seine Neugier und seinen Leichtsinn, die ihn in diese missliche Lage gebracht hatten. Weil er sich immer überall einmischen musste und weil er Beinhart beeindrucken wollte, indem er ihm die Taschen seines Verwandten vor die Füße legte … Walter knurrte grimmig. Seine Mutter hatte recht, er würde nie erwachsen werden.
»Ist dein Bier sauer?«, fragte der
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