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Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)

Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)

Titel: Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hornung
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Herzen ritt er durch einen lichten Moorbirkenwald. Dahinter würde er einen ersten Blick auf sein Haus werfen können. Die meisten Fenster gingen nach Süden, und er fragte sich, ob Amilana wohl nach ihm Ausschau hielt. Lisia beschleunigte von sich aus noch einmal ihre Gangart, und Agnus ließ es geschehen.
    Die Straße machte einen weiten Bogen um die Südflanke des Erses Berges, ehe sie nach einer scharfen Kurve den Hügel auf seiner flacheren Westseite erklomm und sich auf das erste Tor zuschlängelte. Ein großes festes Holztor und ein Wall aus Steinen und Dornen begrenzten Agnus’ Anwesen. Beides stammte noch aus einer Zeit, da Kriege das Land erschütterten. Doch solange Agnus denken konnte, war das Tor noch nie verriegelt gewesen.
    Heute war es verschlossen!
    Agnus sah hinauf zu dem hölzernen Turm, und direkt in ein bärtiges, aber wohlbekanntes Gesicht.
    »Herr Agnus!«, rief der Mann erfreut. »Ihr seid schnell geritten. Wir haben noch nicht mit Euch gerechnet.« Er eilte die schmale Wendeltreppe hinunter und schob den schweren Riegel beiseite, dann öffnete er einen Torflügel.
    »Sei gegrüßt, Daris«, sagte Agnus freundlich. »Wieso bewachst du das Tor?«
    »Die Herrin Amilana befahl es«, antwortete der bärtige Mann. Agnus zog überrascht die Augenbrauen hoch. Die Lage musste sich rasant verschlechtert haben, wenn Amilana zu solch drastischen Mitteln griff. Daris trat zur Seite und murmelte: »Viele Menschen suchen dieser Tage hier Zuflucht vor den Gnomen. Vorwiegend Frauen und Kinder, oft nur die Kinder …« Er redete nicht weiter, denn Agnus sah sich mit ernstem, betroffenem Gesicht in seinem weitläufigen Vorhof um. Da, wo bei seiner Abreise höchstens die paar Pferde aus seinem Stall geweidet hatten, standen nun mehrere Dutzend Bretterbuden. Frauen kochten auf offenen Torffeuern unter freiem Himmel das Essen für viele hungrige Mäuler, und Kinder jeder Altersgruppe rannten zwischen ihnen kreuz und quer.
    »Habt ihr den äußeren Wall geprüft?« Agnus Stimme klang tonlos.
    »Das haben wir«, antwortete Daris. »Bevor es dunkel wird, kommen noch mehr Männer, um Wache zu halten.« Agnus legte ihm dankend die Hand auf die rechte Schulter und ging an ihm vorbei den Berg hinauf.

    Als er unter dem zweiten Torbogen, in den das Wappen seines Hauses geschnitzt war, hindurchlief, bot sich ihm das gleiche Bild. Es war, als hätten sich alle Kinder des Wildmoortals in seinem Garten verabredet. Doch es war nicht der Lärm, der Agnus beunruhigte, sondern die müden Gesichter der Frauen, die die Kinder versorgten, und in deren Augen er Hoffnung leuchten sah, wenn sie ihn erkannten. Die Nachricht, dass der Herr nach Hause gekommen war, breitete sich aus wie ein Lauffeuer, und bald schon folgte ihm eine laute, lachende Schar von Kindern.
    Aufgeschreckt durch den Lärm trat Amilana vor die Tür. Als sie Agnus sah, ließ sie das Tuch fallen, das sie gerade in der Hand hielt, raffte ihre Röcke und lief ihm entgegen. Mit wenigen großen Schritten war er bei ihr und nahm sie in die Arme. Sie legte den Kopf an seine Brust und, er streichelte sie, so sanft es nur ging.
    »Was habe ich dir bloß aufgebürdet«, murmelte er. Amilana lächelte, aber ehe sie antworten konnte, wurde Agnus bereits am Wams gepackt und kräftig gerüttelt. Sein jüngerer Sohn Aris klammerte sich an sein rechtes Bein, während der altere, Arrigos, an ihm hochsprang wie ein junger Hund. Agnus beugte sich zu ihnen hinunter und drückte beide fest an sich, da sah er zwischen ihren Köpfen hindurch ein kleines Bündel Mensch, das auf allen vieren auf ihn zugekrabbelt kam. Er löste sich aus der Umarmung seiner beiden Söhne und hob seine kleine Tochter hoch in die Luft. Vor Schreck fing sie an zu weinen und streckte ihre dicken Ärmchen ihrer Mutter entgegen.
    »Du hast recht, mein Engel, dich nicht von einem ungewaschenen, dahergelaufenen Mann auf den Arm nehmen zu lassen«, sagte Agnus und strich mit seinem Finger eine Träne von ihrer Wange. Aus der Sicherheit des mütterlichen Arms sah sie ihn mit großen, ernsten Augen an.
    »Darf ich Euer Pferd versorgen, Herr?«, fragte eine leise, krächzende Stimme.
    Agnus sah in das schmale Gesicht eines etwa dreizehnjährigen Jungen.
    »Wie heißt du?«, fragte er streng.
    »Linus, Herr. Daris' Sohn bin ich«, antwortete der Junge. Agnus reichte ihm Lisias Zügel.
    »Du musst sie trocken reiben, ihre Hufe auskratzen und ihr gutes Futter geben, denn sie ist erschöpft.«
    »Das mache ich bestimmt,

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