Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Regionen gesprochen werden, ganz gut nachahmen, wir müssen uns nur hin und wieder überlegen, was wir den Menschen erzählen, die uns begegnen.
Philip war nicht restlos überzeugt, aber durchaus bereit, Walters Plan auszuprobieren. Vor allem, weil er keinen besseren hatte.
Auf der Straße, redete er sich ein, waren viele Menschen unterwegs, und zwei Reisende waren da wahrscheinlich weniger verdächtig als zwei verschreckte Gestalten im Unterholz.
Am nächsten Tag suchten sie sich einen Weg zurück auf die Straße. Als sie sie am Nachmittag endlich gefunden hatten, ließ Walter sein Pferd in Trab fallen und Erós folgte ihm. Philip war nur damit beschäftigt, sich im Sattel zu halten. Am Abend spürte er jeden Muskel an seinen Beinen, und sein Hintern schmerzte.
Walter war der Meinung, dass sie in einer Grafschaft wie der von Riedenbach einen Gasthausbesuch durchaus wagen durften. Mit einem Akzent, den Philip nicht einordnen konnte, aber von dem Walter behauptete, er würde im Westen gesprochen werden, bestellte er etwas zu essen und zu trinken und ergatterte noch zwei Betten in einem der Schlafräume.
Philip war hundemüde. Er aß sein Brot und den Speck, trank das gewässerte Bier und legte sich dann auf den klumpigen Strohsack, wo er sofort einschlief.
Walter blieb noch einen Weile im Gastraum sitzen und lauschte den Gesprächen der anderen Gäste. Wie schon in Markt Krontal wurde viel über den bevorstehenden Krieg gesprochen. Obwohl die meisten Menschen nicht so recht an das Vorkommen von Elben glauben wollten, äußerte kaum einer seinen Unmut. Beinahe war es so, als hätten die Menschen Angst davor, ihre Meinung kundzutun.
Erst als schon viele ihre Betten aufgesucht hatten, entdeckte Walter in einer Nische einen Tisch, an dem einige düster aussehende Männer zusammensaßen. Sie redeten kaum miteinander, schienen aber genau darauf zu achten, was die anderen von sich gaben. Jetzt, da er sie entdeckt hatte, bemerkte er, dass einige der Gäste immer wieder verstohlen in die Ecke schauten. Walter trank aus und ging ins Bett.
Er erzählte Philip nichts über die Männer in dem Gasthof. Trotzdem suchten sie sich in der darauffolgenden Nacht eine kleine Lichtung und spannten das Tuch, das sie von Leron’das bekommen hatten, zwischen die Büsche, um möglichst unentdeckt zu bleiben. Tagsüber kamen sie auf der Straße gut voran, aber sie übernachteten noch weitere zwei Nächte im Freien, ehe sie sich dazu entschlossen, mal wieder eine Nacht in einem Gasthof zu verbringen.
Im Laufe des Tages hatten sie eine Wegkreuzung nach Süden passiert. Walter benutzte dieses Mal einen Akzent, der in der Gegend um die Stadt Herdera gesprochen wurde. Philip war sein stummer Gefährte, denn es war ihm kaum möglich, auch nur zwei Worte mit der richtigen Betonung auszusprechen.
Einer von den seltsamen Männern, die er schon einige Tage zuvor beobachten konnte, stellte sich neben ihn, als Walter mit dem Wirt plauderte. Philip konnte sehen, dass es Walter unangenehm war, und musste an sich halten, um nicht unruhig auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen.
»Wo kommst du her«, fragte der Mann unvermittelt. Walter musterte ihn unwirsch.
»Aus dem Süden«, antwortete er. »Und du?« Der Mann kniff die Augen zusammen.
»Man hat euch von Osten kommen sehen.«
Philip stockte der Atem, und er konnte auch an Walter Zeichen der Unsicherheit erkennen, doch seine Mimik hatte er gut unter Kontrolle.
»Was willst du von mir?«, fragte er aufgebracht. »Geh doch nach Hermünd am Herdera See und frag nach Erfans und Frigen. Jeder dort kennt uns.«
Damit ließ er den anderen stehen und setzte sich neben Philip. Beide verspürten den Drang, sofort aufzubrechen. Damit hätten sie sich jedoch erst recht verdächtig gemacht. Da Philip den Stummen spielte und Walter jedes Wort genau überdenken musste, suchten sie ihr Lager bald auf, kamen aber stillschweigend überein, dass einer von ihnen in dieser Nacht immer wachsam sein musste. Noch bevor der Tag heraufzog, packten sie ihre Sachen zusammen und ritten weiter.
Wieder kreisten Krähen über ihren Köpfen und als die Nacht hereinbrach, suchten sie keinen Lagerplatz, sondern ritten weiter und verließen erst mit dem heraufziehenden Tag die Straße, um unter Büschen und tiefhängenden Ästen, zusätzlich geschützt durch Leron’das Tuch, so lange unsichtbar zu bleiben, bis ihnen die Dunkelheit wieder erlaubte, ihr Versteck zu verlassen.
19. Das Wildmoortal
A ls Agnus vor sechs
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