Neonazis in Nadelstreifen
besucht?«, und setzte nach: »Aus ziemlich sicherer Quelle weiß ich, daß Du noch nie etwas mit unseren Idealen am Hut hattest. Ich kann mich beruhigt ›Neonazi‹ nennen, Du auch?!?«
Derzeit existieren rund 40 Labels, die die Musik der extremen Rechten verlegen, ungefähr 90 Versandunternehmen, die die Produkte nach Hause liefern, sowie mindestens 45 Szeneläden, in denen die Ware direkt gekauft werden kann. Eine Reihe dieser Unternehmen befindet sich in den Händen von NPD -Aktivisten. Patrick Weber, Inhaber des Germania-Versands, ist Vorsitzender des NPD -Kreisverbands Nordhausen / Kyffhäuserkreis; David Petereit, Inhaber des Versands und Labels Levensboom aus Neustrelitz, ist seit 2006 Mitarbeiter der NPD -Fraktion im Schweriner Landtag; und Martin Schaffrath betreibt in Pirna den Laden »The Store«. Früher war er bei der 2001 verbotenen Kameradschaft Skinheads Sächsische Schweiz ( SSS ) aktiv, heute ist er Funktionär der NPD -Jugend. Auch Siegfried Birl aus dem bayerischen Geiselhöring, der Besitzer des Wikinger-Versands, ist in der NPD .
Im sächsischen Riesa ist der Deutsche Stimme Versand ansässig. Mit einem über 100 Seiten starken Hochglanzkatalog wirbt der NPD -nahe Versand alljährlich für sein umfassendes Angebot – Bücher, DVD s, Karten, Fahnen, Panzermodelle, Bekleidung und Tonträger. Erhältlich sind die Artikel auch online oder im Verkaufsraum mit regulären Ladenöffnungszeiten. Zu der Firma gehört ebenfalls Pühses Liste, das Label von Jens Pühse, einst Mitglied der 1992 verbotenen Nationalistischen Front und seit 1998 Mitglied des NPD -Bundesvorstands. 50 Tonträger wurden seit 1997 auf dem Label verlegt, darunter auch die Compilation-Reihe »Balladen des nationalen Widerstands«.
Mit dem Label und dem Versand W & B Records soll Thorsten Heise aus dem thüringischen Fretterode zu einem der Großen im Geschäft mit der braunen Musik aufgestiegen sein. Szenekenner betonen immer wieder die besondere Rolle des NPD -Bundesvorstandsmitglieds in diesem Business. Heise kennt den schmalen Grat zwischen Vorwürfen und Anerkennung unter den Kameraden. Der ehemalige vorbestrafte Skinhead hat inzwischen einen gehobenen Lebensstil. In der Szene rechtfertigt er sich mit finanzieller Loyalität und spielt sein erworbenes Gutshaus mit großen Anwesen herunter: »Wie […] gesagt, lebe ich mit meiner Familie davon«, erzählte er Anfang 2006 der Kampagne »Schöner Leben mit ›Nazi‹-Läden«. Diese Kampagne militanter Neonazis hat sich zum Ziel gesetzt, das »Kaufverhalten zu beeinflussen«, also die Szene dazu zu animieren, bei jenen Versandunternehmen zu kaufen, welche die rechte Bewegung aktiv unterstützen. »Selbstverständlich«, so Heise weiter, »unterstützen wir laufend alle möglichen (und unmöglichen) nationalen Projekte, die vielen Verweise und Danksagungen auf vielen nationalen Seiten sprechen ihre eigene Sprache. Wir haben ja auch 2000 einen alten Bauernhof in Fretterode gekauft, den wir wöchentlich mehrmals für Kameradschaften und Bands zur Verfügung stellen (z.B. Bandübungsräume & Kameradschaftsabende).« Am 30 . Oktober 2007 durchsuchte das Bundeskriminalamt das weitläufige Anwesen in Fretterode. Der Verdacht: Heise soll die CD »Geheime Reichssache« der neonazistischen Untergrund-Band Kommando Freisler produziert haben. Auf der heißt es unter anderem: »In Buchenwald, in Buchenwald, da machen wir die Juden kalt. Fidiralala, fidiralala, fidiralalala. In Majdanek, in Majdanek, da machen wir aus Juden Speck. Fidiralala, fidiralala, fidiralalala.« Am Ende der Hausdurchsuchung trug die Polizei säckeweise CD s heraus sowie eine Maschinenpistole, ein zerlegtes Maschinengewehr und eine Pistole der Marke Browning.
Seit Anfang der 80 er Jahre ist der aus der Nähe von Göttingen stammende Heise in der rechten Szene aktiv. Einst war er das »Ziehkind« des österreichischen Neonazis Karl Polacek, der 1992 aus Deutschland ausgewiesen wurde. Beim Verbot der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei ( FAP ) war er deren niedersächsischer Landesvorsitzender. Danach gründete er die Kameradschaft Northeim mit, zu deren Anführer er aufstieg. Seit Mitte der 90 er Jahre organisierte Heise immer wieder Rechtsrock-Konzerte. 1999 gründete er schließlich seinen W & B -Versand, über den er bisher 30 CD s einschlägiger Bands veröffentlichte. Nebenbei ist er auch in die Produktion und den Vertrieb in Deutschland illegaler Tonträger verwickelt. Im Juli 2007 verurteilte ihn das
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