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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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der thüringische Liedermacher Torsten Hering – szenebekannt unter dem Künstlernamen »Torstein«. Dessen gestelzte Darbietung fand wenig Zuspruch. Im Anschluss sprachen die JN -Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt und Thüringen, Philipp Valenta und Christian Kaiser, sowie Marita Schäfer, die dortige Landesvorsitzende der Deutschen Partei, kurze Grußworte. Als sechster Redner wandte sich danach Frank Rohleder an die Gäste. Danach Podiumsdiskussion mit Udo Pastörs, Andreas Thierry vom Verlag »Volk in Bewegung« und Sascha Braumann für die »Freien Kräfte«. Nach kurzer Pause redete Matthias Fiedler aus Thüringen. Erst um 17 Uhr betrat schließlich mit Civil Disorder aus Magdeburg die erste Rockband die Bühne. Die Aufmerksamkeit stieg merklich. Doch die Band hatte mit der Technik zu kämpfen und spielte nur vier Lieder. Enttäuschung machte sich unter den Besuchern breit. Es folgten Redebeitrag Nummer neun und zehn. Danach, um kurz nach 19 Uhr, ein kurzes Intermezzo der Rechtsrock-Band Vae Victis aus Köthen. Doch auch sie spielten aufgrund der Polizeiauflagen nur wenige Lieder. Nach dem elften Redner, Andreas Thierry, musste der Auftritt von Hate Soldiers aus Sangerhausen um kurz vor 20 Uhr abgebrochen werden. Zu dieser Zeit befanden sich viele Besucher längst auf dem Heimweg, sichtlich genervt. Genervt davon, dass die angekündigte Band Kraftschlag nicht spielte, deren Auftritt die Polizeidirektion Merseburg bereits im Vorfeld verboten hatte. Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hatte mit Verweis auf die Geschichte der Band und den Inhalt der Lieder – Verherrlichung des Nationalsozialismus und Aufruf zu rassistischer Gewalt – ihr Auftreten untersagt. Nur wenigen fiel so am Ende des Abends auf, dass bei Hate Soldiers ein Neuer hinter dem Schlagzeuger trohnte. Der eigentlich vorgesehene Trommler saß derweil in Halle in Untersuchungshaft. Er ist einer der Angeklagten im Prozess um den Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Sangerhausen.
    Thomas Niehoff · Andrea Röpke
    »Der gelenkte Mob«
    Rechte Gewalt in Deutschland – Polizisten, die wegsehen sollen – Ermittlungen, schlampig geführt – »Zonen
der Angst« – Rechte Straftäter machen Karriere –
Mythos Kameradschaft: Gewalt gegen Kameraden
    Das mecklenburgische Bützow mit seinen knapp 8000 Einwohnern ist eine ganz normale Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern. 37 Ausländer verzeichnet die Statistik des Einwohnermeldeamtes, ihr Anteil an der Gesamteinwohnerzahl beträgt nicht einmal ein halbes Prozent. Doch selbst diese geringe Anzahl scheint einigen Bützowern schon zu viel.
    Wie in jedem Jahr richtete der kleine Ort auch Ende August 2007 seine traditionellen »Gänsemarkttage« aus. Ein Volksfest für die ganze Familie mit Schießbuden, Autoscooter und Bastelangeboten für die Kleinen. Alles war eigentlich wie immer. Doch als die Markthändler ihre Buden verschlossen hatten und die letzten Klänge der mobilen Disco gegen zwei Uhr nachts verstummten, blieb ein – das bestätigte das Schweriner Innenministerium im Nachhinein – »stadtbekannter, alkoholisierter, aggressionsbereiter, gefährlich rechtsextremistisch beeinflusster Mob« von 40 bis 50 Personen auf dem Marktplatz zurück. Gegen drei Uhr nachts patrouillierte die Polizei ein letztes Mal. Wie der Güstrower Polizeidirektor Hans-Detlef Henkel später sagen sollte, beendeten die Beamten den Einsatz nach dieser letzten Begehung und schickten auch die zusätzlich angeforderten Kräfte nach Hause. Denn es sei »noch nie so ruhig« gewesen. Eine fatale Entscheidung.
    Denn bereits kurze Zeit später, um 3 . 05 Uhr, ging ein erster Anruf bei der Polizei ein, in dem vor möglichen Ausschreitungen gewarnt wurde. Doch die Polizisten ignorierten den Hinweis. Kurz darauf zog die Menge dann tatsächlich grölend, mit ausländerfeindlichen Rufen durch die nächtliche Kleinstadt. Auf ihrem Zug hinterließen die Randalierer ein Bild der Verwüstung. Umgekippte Wagen, beschädigte Imbissbuden und in Brand gesetzte Sonnenschirme wiesen den Weg vom Markt hin zur Stehpizzeria in die Lange Straße. Das Lokal gehört Saqib Mahmood, einem ortsansässigen Deutsch-Pakistani. Er wohnt mit seiner deutschen Frau und der vierjährigen Tochter direkt über seinem Geschäft. Die Angreifer hämmerten gegen die Tür, schlugen dann das Türfenster ein, brachen die Jalousie des Schaufensters auf und schlugen auch hier Scheiben ein. Von dem Krawall aufgeschreckte Nachbarn, die aus dem Fenster schauten,

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