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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Hinrich-Schmalfeldt-Straße. Henning und Kurti verlangten ernsthaft eine Quittung für die Übergabe des Gefangenen.
    Der diensthabende Beamte lächelte süffisant, schrieb ein Protokoll und fragte die beiden, ob sie schon lange beim Security-Service arbeiten würden.
    Leon fand es merkwürdig, dass niemand mit ihm redete, aber er ahnte schon, dass dafür speziell geschultes Personal anrücken würde. Er fühlte sich auf der Wache viel sicherer, nachdem Kurti und Henning sich verabschiedet hatten.
    Er wurde in ein Büro geführt, in dem drei Schreibtische standen. Der eine war vollgemüllt mit Chipstüten, Akten, zusammengeknüllten Papieren und Pizzaschachteln. Leon entdeckte in dem Chaos zwei zusammengedrückte Red-Bull-Dosen und ein paar verstaubte Plastikrosen, die aussahen, als hätte sie jemand auf der Kirmes geschossen.
    Der zweite Schreibtisch war so ordentlich aufgeräumt, als sei an ihm noch niemals gearbeitet worden. Er wirkte mehr wie ein Ausstellungsstück in einem Möbelhaus.
    Der dritte Schreibtisch war Leon sympathisch. So ähnlich sah es bei ihm auch aus. Noch war Arbeitsbereitschaft vorhanden, aber alles war kurz davor, ins Chaos zu kippen.
    Ein bisschen Unordnung braucht der kreative Mensch, dachte er. Die ganz Ordentlichen sind selten kreativ, und die Kreativen selten ganz ordentlich. Mit diesem Satz hatte sein Deutschlehrer damals entschuldigt, dass er ein Aufsatzheft verbummelt hatte.
    Leon mochte ihn. Er machte kein großes Drama aus den Dingen. Er fragte sich, wie der gute Mann auf diese Situation reagiert hätte.
    Es roch im Raum nach Weihrauch, wie in einer verlassenen Kirche.
    Es kam Leon komisch vor, dass sie ihn ganz allein in diesem Dienstzimmer ließen. Hier standen Computer, hier gab es Ermittlungsakten. Fürchteten sie nicht, dass er etwas klauen oder sich Informationen aneignen könnte, die nicht für seine Augen bestimmt waren?
    Dann hörte er Schritte auf dem Flur, zwei Personen kamen näher. Ein Mann und eine Frau.
    Der Mann hatte einen schleppenden, schlurfenden Gang, die Frau war leichtfüßig, mit kleineren Schritten. Ihre dünnen Absätze klackten.
    Der Mann trat zuerst ein. Es war Kommissar Büscher.
    Er stellte sich mit einem kurzen Kopfnicken vor und grummelte seinen Namen. Es hätte genauso gut »Lüscher,« »Krüscher« oder »Flüscher« heißen können. Er bekam die Zähne kaum auseinander, aber Leon kannte ihn ja leider noch zu gut.
    Kommissarin Schiller hatte seit ihrer letzten Begegnung ein paar Kilo abgenommen. Leon tippte darauf, dass sie Sport trieb. Für ihn sah sie aus wie die typische Joggerin, die morgens schon um sechs durch die verregneten Straßen ihres Viertels rennt und sich danach ein Müsli macht, für das sie das Korn frisch schrotet.
    Büscher dagegen sah eher nach Schnitzel mit Pommes aus, dazu ein paar Bier.
    Der Kirchengeruch kam von Büschers Rasierwasser. Leon musste an Messdiener denken, die Weihrauchfässer schwenkten, damit der Weihrauchduft durch die Kirche zog.
    Büscher ging einmal um Leon herum und musterte ihn nachdenklich.
    Kommissarin Schiller setzte sich mit der halben Pobacke auf den ordentlichen Schreibtisch und legte ihren Autoschlüssel mit einem Fliegenpilzanhänger neben sich. Sie winkelte das rechte Bein an und zog ihren Schuh aus. Sie überprüfte ihn. Etwas stimmte damit nicht. Dann fiel ein kleiner Stein heraus. Zufrieden zog sie den Schuh wieder an.
    Schlechtgelaunt eröffnete Büscher das Gespräch.
    »Leon Schwarz. Wir haben alle einen verdammt miesen Tag hinter uns. Musst du ihn jetzt dadurch krönen, dass du in den Zoo einbrichst?« Er beugte sich vor und klopfte sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Bist du denn völlig plemplem? Was wolltest du denn da? Enten füttern?«
    Weil Leon nicht antwortete, bot er ihm noch ein paar dumme Erklärungsmöglichkeiten. »Krokodile klauen oder Eisbären? Ich verstehe es nicht. Bitte erkläre es mir!«
    Je näher Büscher ihm kam, umso aufdringlicher wurde der Weihrauchgeruch, und Leon fragte sich jetzt, ob Büscher diese Duftnote ganz bewusst einsetzte, um eine Art Beichtstuhlatmosphäre zu schaffen, die religiöse Menschen in eine geständnishafte Situation bringen sollte. Spielte er hier den Priester, dem man von seinen Sünden erzählen konnte, um sich zu erleichtern?
    So eine subtile Manipulation hätte Leon Büscher gar nicht zugetraut. Aber vielleicht gehörte auch das zu Büschers Methode. Er wollte gerne unterschätzt werden. Der Fisch sollte nicht ahnen, welche

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