Neongrüne Angst (German Edition)
Gefahr vom Köder ausging, bevor er ihn schluckte.
Diese Raffinesse brachte Leon gegen Büscher auf. Trotzdem entschied Leon sich, einfach bei der Wahrheit zu bleiben.
»Ich habe meine Freundin gesucht.«
Büscher nickte. »Schon klar. Wir reden über die kleine Fischer.«
»Ja, genau. Johanna.«
Büscher verneigte sich gespielt devot vor Leon und fügte entschuldigend hinzu: »Heutzutage weiß man das ja nie, da wechseln Jungs in deinem Alter die Freundinnen schneller als ihre Unterwäsche.«
»Nicht nur in seinem Alter«, grummelte Schiller, die durch Büschers Satz merkwürdig getroffen wirkte.
Als Büscher fortfuhr, waren die Worte wohl auch eher für Schiller bestimmt als für Leon, denn er schielte zu ihr rüber, als er sagte: »Und manch einer hält sich ja gleich eine ganze Herde.«
»Ich bin nicht so einer«, sagte Leon.
Scheinbar erfreut wandte Büscher sich jetzt wieder Leon zu und gab ihm übertrieben recht. »Nein, natürlich nicht. Du bist ein ganz normaler, guter Kerl. Du machst doch so was nicht. Du hast nur eine Freundin, und die suchst du nachts im Zoo. Wo denn auch sonst?«
Büscher drehte Leon den Rücken zu und ging zwei Schritte im Raum in Richtung des zugemüllten Schreibtisches. Er nahm eine der Rosen, und für einen Moment sah es aus, als würde er sie gleich Leon oder Birte Schiller überreichen, aber dann benutzte er die Plastikblume wie einen Taktstock oder eine Peitsche. Er ließ sie gegen einen Bürosessel klatschen. Mit dem Peitschenton veränderte sich seine Körperhaltung. Plötzlich war er nicht mehr so weich und teigig, sondern voller Energie und Spannkraft. Er sprang auf Leon zu, stützte sich mit den Händen auf Leons Sessellehne ab, so dass Leon keine Möglichkeit gehabt hätte aufzustehen.
»Verarsch mich nicht, Junge!«, brüllte er. »Was läuft hier? Deine Freundin hat einen Anfall auf der Achterbahn, dein Mitschüler Pit Seidel wird zusammengeschlagen, und zwei Betreiber der Achterbahn werden ermordet! Das ist kein Spaß mehr! Führt hier die Discomannschaft der Edith-Stein-Schule Krieg gegen die Russenmafia? Welche Scheiße geht hier ab?«
Er stieß sich von der Sessellehne ab, stand wieder gerade, richtete den Zeigefinger wie eine Waffe auf einen Punkt zwischen Leons Augen und fluchte: »Das ist kein Spiel mehr, Leon Schwarz! Ich will jetzt wissen, was hier los ist!«
»Ich bin kein Schüler der Edith-Stein-Schule mehr. Ich arbeite inzwischen beim »Delmenhorster Kreisblatt«. Ich wohne auch nicht mehr in der Prager Straße in Bremerhaven, sondern in Ganderkesee.«
Büscher klatschte in die Hände. »Na toll! Dann ist ja alles in Ordnung! Es geht um Rauschgift, stimmt’s, Herr Schwarz? Heroin, Crack oder irgend so ein Dreckszeug! Die Ladung sollte Johanna Fischer übergeben werden, und zwar in der Achterbahn. Großartige Situation. Habt ihr euch prima ausgedacht. Können nur Kids drauf kommen. Und dieses fahrende Achterbahnvolk ist genial geeignet als Drogenkurier. Keiner wundert sich, wenn die mit ihren Schaustellerbuden durch die Republik tingeln, keiner wundert sich, wenn die tausendfach Kundenkontakte haben, und es ist genauso selbstverständlich, dass sie Geld annehmen und sich unter Jugendlichen herumtreiben. In der Achterbahn war das Paket aber nicht, und dann hat deine Freundin einen Panikanfall bekommen, weil sie genau wusste, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden wird. Diese Banden lassen nicht mit sich spaßen, wenn Kohle wegkommt oder der Stoff. Richtig?«
Leon konnte kaum sprechen. Eine Lähmung breitete sich in seinem Mund aus. Er spürte seine Lippen kaum noch.
»Jetzt sind die Jungs gekommen und haben Ken und Boris Hauser ausgeknipst. Und nun habt ihr Angst, dass ihr als Nächste dran seid. Deinem Freund Pit Seidel haben sie ja schon die erste Abreibung verpasst. Das war nur eine Warnung. Als Nächstes wartet die Urne. Mit denen ist nicht zu spaßen, das hast du jetzt hoffentlich begriffen. Worauf habt ihr euch da nur eingelassen, Kinder? Die nächste Übergabe sollte im Zoo stattfinden, stimmt’s?«
Fast beleidigt wandte Büscher sich ab, ging zur Wand und lehnte sich dagegen, als müsse er über ein schwieriges Problem nachdenken.
Erst jetzt positionierte Kommissarin Schiller sich neu, so dass sie in Leons Blickfeld geriet.
Die Entfernung zu Büscher tat Leon gut. Er konnte jetzt wieder besser atmen, und die Lähmung wich aus seiner Gesichtsmuskulatur. Er versuchte, angesichts der haltlosen Anschuldigungen möglichst cool zu
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