Neongrüne Angst (German Edition)
Zukunft wirst du dein Handy nur noch benutzen, um mit mir zu sprechen. Ist das klar? Du siehst ja, was dabei herauskommt, wenn deine Nummer frei für jedermann zur Verfügung steht. Ich bin sauer, Josy. Reiz mich nicht noch mehr. Ich bin wirklich sauer, und dafür wird heute Nacht jemand bezahlen.«
»Bitte, tu ihm nichts«, flehte sie. »Bitte, tu ihm nichts!«
»Warum nicht? Weil du ihn liebst?«
Johanna hatte einen Kloß im Hals, der ihr das Sprechen fast unmöglich machte. In ihrem Gehirn brummte ein Motor mit hoher Drehzahl. Sie dachte nicht darüber nach, wie es wirklich für sie war, sondern nur, welche Auswirkungen ihre Antwort haben könnte. Wenn sie zugab, Leon zu lieben, würde dieser Typ ihn dann verschonen oder sich gerade deswegen an ihm rächen?
Sie hatte Angst, mit einem einzigen Wort Leon seinem Schicksal auszuliefern.
»Sag mir, dass du nur mich liebst, Josy.«
»Aber ich kenne dich doch gar nicht. Ich weiß nicht, wie du aussiehst, nicht, wie du heißt. Wie kann ich dich da lieben?«
»Man erkennt die Menschen an ihren Taten. Und was habe ich nicht schon alles für dich getan … Hat je einer vorher getötet, um dir seine Liebe und Verehrung zu beweisen?«
»Aber ich will das nicht! Ich …«
»Okay. Ich hab’s kapiert, Josy. Du bist verwirrt. Du liebst mich nicht, sonst würdest du deinen Mantel nicht öffnen, wenn irgendein dahergelaufener Lümmel dich anruft.«
Er atmete schwer und knirschte mit den Zähnen, oder er rieb etwas aneinander. Es hörte sich an, als würden Fingernägel über Stein kratzen.
Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter.
»Du musst mich nicht lieben, Josy. Es reicht mir, wenn du Angst vor mir hast.«
29
Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit am Aquarienhaus. Breitbeinig, um möglichst viel Raum einzunehmen und ihm den Weg zu versperren, mit beiden Armen wedelnd, kam die Gestalt auf Leon zu.
Leon wollte in die entgegengesetzte Richtung fliehen, doch als er sich umdrehte, stand dort mit einer Stablampe in der Hand ein imposanter Mann in einer Phantasieuniform.
»Entweder will hier eins unserer schlauen Äffchen ausbrechen oder ein Idiot versucht, hier einzubrechen. Was meinst du, Kurti?«
»Ich denke, wir sperren ihn eine Weile zu der Python, und morgen kann sich dann der Haftrichter um ihn kümmern«, lachte Kurti, der eher wie ein Kurt aussah und das »i« am Ende seines Namens nicht verdient hatte.
Er stand jetzt höchstens drei Meter von Leon entfernt und verschränkte seine Hände, um die Fingergelenke knacken zu lassen. Dabei grinste er breit.
Leon fand das Geräusch der knackenden Gelenke bedrohlich. Es sollte ihm signalisieren, dass gleich seine Knochen gebrochen werden würden, fürchtete er.
Leon hob beide Arme hoch und zeigte seine Hände vor. »Ich bin unbewaffnet.« Dann formte er mit Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand ein V und sagte: »Peace, Bruder.«
Die Antwort war nicht ganz so freundlich, wie Leon erhofft hatte. Er wurde von hinten gepackt, seine Arme auf den Rücken gerissen, und Kurti platzierte seine Faust in Leons deckungsloses Gesicht.
Während sein Gehirn hin und her waberte und der Schmerz in seinem Schädel explodierte, fiel ihm sein Biologielehrer ein, der den Schülern beigebracht hatte, verschiedene Tiere würden es als kluge Verteidigungsposition ansehen, sich tot zu stellen. Nun, vielleicht nahmen die beiden ihm nicht ab, dass der Faustschlag ihn getötet hatte, aber zumindest gab er sich Mühe, wie ohnmächtig in den Armen des Security-Mannes zusammenzusacken. Trotzdem musste er noch einen zweiten Schlag gegen seine Rippen einstecken, der ihm die Luft aus den Lungen jagte.
»Lass gut sein, Kurti«, sagte der, der Leon von hinten festhielt.
Aber Kurti holte noch einmal aus. »Ich lass mich von dem doch nicht verarschen. Peace, Bruder! Wo gibt’s denn so was?«
Leon hing völlig in den Armen des Securitiy-Mannes, der ihn jetzt losließ. Leon krachte auf den Boden.
»Lass ihn. Der ist satt.«
Kurti stieß Leon zweimal mit der Fußspitze an. Es war kein Tritt, mehr eine aufmunternde Berührung. »Komm, steh auf! Mach dich gerade, damit ich dir noch eine reinsemmeln kann.«
Wie recht mein Biologielehrer doch hatte, dachte Leon und blieb liegen.
30
Es war, als würde Johanna neben sich stehen und sich selbst zusehen. Sie kam sich jämmerlich vor, so, wie sie ihn jetzt anflehte: »Bitte mach nichts Schlimmes. Bitte bring keine Leute mehr um. Hör auf mit dem Wahnsinn, und vor allen Dingen, tu Leon
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