Neongrüne Angst (German Edition)
eskaliert sonst. Die können sich ohne uns viel besser amüsieren.«
Johanna nickte. Sie fand es eine großartige Idee.
Schon öffnete Pit das Fenster, und sie kletterten beide hinaus in den Garten.
Sein Motorrad hatte er nur wenige Schritte entfernt geparkt. Sie nahm hintendrauf Platz, schlang ihre Arme um ihn und drückte ihre Wange gegen seine Schultern.
Sie schloss die Augen. Der Fahrtwind spielte mit ihren Haaren.
57
Die Frau machte Büscher nervös. Sie erinnerte ihn an seine Ex. Er konnte kaum hingucken. Es war nicht so sehr ihr Aussehen, sondern mehr ihr Gehabe, ihre Handbewegungen und die Art, wie sie ihn ansah.
Er begann, unter ihren Blicken zu schrumpfen, so als sei er es gar nicht wert, dass man mit ihm überhaupt redete. Gleichzeitig überzeugte sie ihn nicht mit ihrer Aussage. Er fühlte sich manipuliert, als sollte er dazu gebracht werden, irgendetwas Bestimmtes zu tun. Diese Frau saß nicht absichtslos da.
Er fragte sich, ob er jetzt nur einen Film mit seiner Exfrau laufen hatte oder ob das Ganze hier wirklich so war. Sollte er verladen werden?
»Sie wollen also behaupten, dass Sie in einem Restaurant gehört haben … dass sich drei russischstämmige Mitbürger darüber unterhalten haben, wie sie den«, er zitierte, » Typen von der Achterbahn in die Knie zwingen könnten ? Und warum sind Sie nicht sofort zur Polizei gegangen?«
»Da lebten die ja noch, und die ganze Sache war noch nicht passiert. Ich bin erst jetzt darauf gekommen, als ich das gelesen habe.«
»Was war das für ein Restaurant?«
Sie druckste herum. »Die letzte Kneipe vor New York. Das ist im Hafen bei …«
»Ich weiß, wo die letzte Kneipe vor New York ist. Ich bin ja nicht aus Bayern.«
Warum fühle ich mich angegriffen bei allem, was sie sagt?, fragte er sich und wünschte sich Birte Schiller zurück. Mit ihren Zickigkeiten kam er besser klar. Aber Birte war unterwegs und besorgte Akten der Staatsanwaltschaft, die es angeblich über Milhailo gab, die aber aus unverständlichen Gründen unter Verschluss lagen. Wenn Büscher das Wort »Datenschutz« nur hörte, drohten seine Magengeschwüre zu platzen.
»Was haben die denn genau gesagt?«
»Daran kann ich mich im Einzelnen nicht mehr erinnern. Aber es war mir völlig klar, dass sie eine krumme Sache machen wollten mit der Achterbahn, und es fielen auch die Namen Milhailo, Pjotr und Jurij.«
»Sie waren also Zeuge, wie in einem Restaurant ein Verbrechen geplant wurde, und sind nicht zur Polizei gegangen?«
»Ach, Herr Kommissar, die Leute reden heutzutage so viel Mist und benehmen sich so komisch, wenn man da jedes Mal zur Polizei gehen wollte … Die Menschheit ist verrückt geworden, und man muss aufpassen, nicht selbst verrückt zu werden. Neulich zum Beispiel habe ich abends gesehen, wie sich plötzlich vor mir auf der anderen Straßenseite ein junger Mann eine Plastiktüte über den Kopf gezogen hat. Ich bin stehen geblieben und hab geguckt. Ich dachte, um Himmels willen, was macht der denn da? Dann ist er mit dem Kopf gegen die Wand gerannt. Er brach zusammen, stand dann auf, wackelte ein bisschen herum und …«
»Und dann? Was hat er dann gemacht?«, wollte Büscher wissen.
»Dann ist er noch mal mit dem Kopf gegen die Wand gerannt. Die Welt ist voller Verrückter, sag ich immer.«
»Wo war das genau?«
»In der Ludwigsburger Straße.«
Büscher notierte sich das und nahm sich vor, es gleich Birte Schiller mitzuteilen. Also hatte Pit Seidel sich die Verletzung selber beigebracht und war keineswegs mit einem Baseballschläger traktiert worden.
»Finden Sie es nicht selbst komisch«, fragte Büscher, dass drei ziemlich abgezockte russische Gangster öffentlich in einer Gaststätte ein Mordkomplott schmieden und sich ungeniert unterhalten, während Sie am Nebentisch sitzen und zuhören? War noch jemand dabei, oder waren Sie alleine?«
Diese Frage gefiel der Frau überhaupt nicht. Sie rutschte auf dem Stuhl hin und her und zupfte an ihrem Rocksaum herum.
»Ja, ich war allein. Dies ist das einundzwanzigste Jahrhundert, Herr Büscher. Da können Frauen auch alleine ausgehen und etwas trinken.«
»Na, meinetwegen. Trotzdem glaube ich nicht, dass die drei sich einfach so laut unterhalten haben.« Er landete einen Schuss ins Blaue. »Sie kennen die drei, stimmt’s?«
Sie sah auf ihre Knie und schluckte. Sie zog die Hände an den Körper, als müsse sie sich schützen.
»Ja, verdammt, Sie haben recht! Aber …« Sie sprach nicht weiter.
»Aber
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